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Jahresbericht der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter 2019 wurde im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe diskutiert – Die BRD kommt gesetzlichen Anforderungen nicht genügend nach

Logo der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter
Nationale Stelle zur Verhütung von Folter
Foto: Nationale Stelle zur Verhütung von Folter

Berlin (kobinet) Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter ist eine zentrale, seit 12 Jahren in Deutschland bestehende Einrichtung für die Wahrung menschenwürdiger Unterbringung und Behandlung im Freiheitsentzug. Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe des Bundestags hat sich in seiner Sitzung am 21. April 2021 mit dem Jahresbericht 2019 der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter beschäftigt. In dem Jahresbericht hält die Nationale Stelle die wesentlichen Besuchsergebnisse und Empfehlungen für eine menschenwürdige Umsetzung von Freiheitsentzügen fest. Ein Schwerpunkt lag im Berichtsjahr auf psychiatrischen Einrichtungen. Die Nationale Stelle kann Besuche sowohl angekündigt als auch unangekündigt durchführen. Sie hat ihre Besuche in der Regel kurzfristig angekündigt.



Welche Aufgaben und Funktionen und welchen Aufbau hat die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter?

Nationale Präventionsmechanismen sollen den Schutz vor Folter und Misshandlung stärken (Art. 3 OP-CAT). Die Einrichtung der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter geht auf das Fakultativprotokoll (OP-CAT: Optional Protocol to the Convention Against Torture) zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe von 1984 zurück. 2009 trat das Fakultativprotokoll in Deutschland in Kraft und die Nationale Stelle hat die Aufgabe, regelmäßig Orte der Freiheitsentziehung aufzusuchen.

„Orte der Freiheitsentziehung“ sind nach dem Fakultativprotokoll Orte „die der Hoheitsgewalt und Kontrolle des Staates unterstehen“. Dabei handelt es sich nach Artikel 4 Abs. 1 OP-CAT um Orte, „an denen Personen entweder aufgrund der Entscheidung einer Behörde, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem bzw. stillschweigendem Einverständnis die Freiheit entzogen ist oder entzogen werden kann“. (Jahresbericht 2019, S. 14)

Freiheitsentziehung bedeutet in diesem Zusammenhang „jede Form des Festhaltens oder der Haft, sowie die durch eine Justiz-, Verwaltungs- oder sonstige Behörde angeordnete Unterbringung einer Person in einer öffentlichen oder privaten Gewahrsamseinrichtung, die diese nicht nach Belieben verlassen darf.“ (Art. 4 Abs. 2 OP-CAT)

Zudem wurde durch das Fakultativprotokoll ein UN-Unterausschuss zur Verhütung von Folter eingerichtet (Art. 2 OP-CAT). Die Nationalen Präventionsmechanismen, in Deutschland die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter, ergänzen die Arbeit des UN-Unterausschusses, durch präventive Besuche von Orten der Freiheitsentziehung.

Die Nationale Stelle besteht aus:

1. Einer Bundesstelle: Die für alle Orte der Freiheitsentziehung im Kompetenzbereich des Bundes (Hafteinrichtungen der Bundeswehr, der Bundespolizei (einschließlich Begleitung von Rückführungsflügen) und des Zolls und Transitzonen internationaler Flughäfen) zuständig ist.

2. Einer Länderkommission: Die für alle Orte der Freiheitsentziehung im Kompetenzbereich der Länder zuständig ist. Das heißt vor allem Justizvollzugsanstalten, Dienststellen der Polizei und Einrichtungen der Psychiatrie, aber auch Abschiebehafteinrichtungen und freiheitsentziehende Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie Alten- und Pflegeheime (Jahresbericht 2019, S.15).

Die Nationale Stelle legt der Bundesregierung, dem Deutschen Bundestag, den Landesregierungen und den Länderparlamenten jährlich Tätigkeitsberichte vor.

Welche Rechte hat die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter?

Die Rechte der Stelle sind durch das Fakultativprotokoll festgelegt. Nach Artikel 19 OP-CAT c) hat die Nationale Stelle die Befugnis, Vorschläge und Bemerkungen zu bestehenden Gesetzen oder Gesetzentwürfen zu unterbreiten. Um ihrer Präventivfunktion nachzukommen, ist sie bestrebt, bereits im Gesetzgebungsverfahren Stellung zu nehmen. (Jahresbericht 2019, S.37)

Nach dem Fakultativprotokoll gewähren der Bund und die Länder eine Reihe von weiteren Rechten (Art. 20 OP-CAT):

-Zugang zu allen Orten der Freiheitsentziehung, ihren Einrichtungen und Anlagen

-Zugang zu allen Informationen, die Personen betreffen, denen die Freiheit entzogen ist oder entzogen werden kann. Das Recht der Nationalen Stelle auf Zugang zu allen Informationen, damit auch zu medizinischen und pflegerischen Unterlagen, ist in Art. 20 b) OP-CAT ausgestaltet.

– Zugang zu allen festgehaltenen Personen oder sonstigen Dritten, die sachdienliche Auskünfte geben können und das Recht, vertrauliche Gespräche mit ihnen zu führen

Nach Artikel 21 Abs. 1 OP-CAT dürfen Personen, die der Nationalen Stelle Auskünfte erteilen, keinerlei Nachteilen oder Bestrafungen durch Behörden oder Amtsträger ausgesetzt werden.

Was steht im Bericht der Nationalen Stelle des Jahres 2019?

Die Nationale Stelle besuchte im Jahr 2019 insgesamt 17 psychiatrische Kliniken: elf forensische Psychiatrien, zwei Einrichtungen der Allgemeinpsychiatrie und vier Kinder- und Jugendpsychiatrien. Der Bericht äußert sich deutlich kritisch, insbesondere über die Praxis von Zwangsmaßnahmen:

Absonderungen

Die nationale Stelle hat bei ihren Besuchen „teils sehr lange Absonderungen“ vorgefunden (Siehe hierzu auch: Öffentliche Anhörung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestages am 5. Juni 2019, Punkt 3.2). So seien Patient*innen über mehrere Monate ohne Zugang zur Gemeinschaft in einem Raum untergebracht worden, der nur mit einem Bett ausgestattet und nicht selten ohne Fenster war (Jahresbericht 2019, S.39f).

„Das ist etwas, das wir mit großen Bedenken sehen und das von den Aufsichtsbehörden überprüft und kontrolliert werden müsste“, betonte Dopp (Vorsitzender der Länderkommission der Nationalen Stelle). So seien „Krisenräume“ in denen sich Patient*innen über längere Zeit aufhalten müssen, mit nur einer Matratze und ohne die Möglichkeit sich hinzusetzen, mit der Menschenwürde nicht zu vereinbaren. Auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2018 ist die Isolierung nicht in jedem Fall als milderes Mittel anzusehen, „weil [sie] im Einzelfall in ihrer Intensität einer 5-Punkt- oder 7-Punkt-Fixierung gleichkommen kann. Bei unzureichender Überwachung besteht auch während der Durchführung einer Isolierung die Gefahr des Eintritts erheblicher Gesundheitsschäden für den Betroffenen.“ (2 BvR 309/15, Rn. 80)

Fixierungen

Auch das Vorgehen bei Fixierungen hat die Nationale Stelle wiederholt bemängelt (Siehe hierzu auch: Öffentliche Anhörung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestages am 5. Juni 2019, Punkt 3.1) . Fixierungen von Patient*innen dürfen zwar seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2018 nur nach richterlicher Genehmigung erfolgen, aber immer wieder stieß die Stelle „… auf eine Verfahrensweise (…) bei der Richter Vorratsbeschlüsse für das nächste dreiviertel Jahr gemacht haben. In einer forensischen Psychiatrie fiel auf, dass die wiederholte Fixierung einer Person für einen Zeitraum von neun Monaten durch einen einzigen richterlichen Beschluss genehmigt wurde. Aus präventiven Gesichtspunkten hält die Nationale Stelle solche „Vorratsbeschlüsse“ für bedenklich“ (Jahresbericht, S. 37 f).

„So konnte immer wieder fixiert werden, ohne dass der Anlass dafür nachzuvollziehen gewesen wäre.“ (Ausschuss Menschenrechte)

Auch das Bundesverfassungsgericht stellt klar heraus „dass die gerichtliche Genehmigung einer Fixierung einem strikten Verhältnismäßigkeitsmaßstab auch und gerade hinsichtlich der Dauer der Maßnahme genügen und sich auf das absolut Notwendige beschränken [muss]“ (2 BvR 2638/18, Rn. 30) Vorratsbeschlüsse entsprechen in keiner Weise der Intention des Verfassungsgerichts, so Dopp.

Der Bericht fordert weitergehend, dass auf Fixierungen in Polizeistationen, die in einigen Bundesländern noch angewandt werden dürfen, zu verzichten ist. Dies wurde bereits 2015 von der Nationalen Stelle eingefordert und auch das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT, S. 2), fordert Deutschland dazu auf Fixierungen im Polizeibereich vollumfänglich zu unterbinden.

Richtervorbehalt

Zudem gab es in Einrichtungen unterschiedliche Ansichten darüber, bei welcher Fixierungsform der Richtervorbehalt gilt. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2018 bezieht sich ausdrücklich auf 5-Punkt und 7-Punkt-Fixierungen. Die höchstrichterlich festgelegten Anforderungen an Fixierungsmaßnahmen sind nach der Nationalen Stelle auch bei allen anderen Fixierungsformen unerlässlich. So wird auch bei einer 3-Punkt-Fixierung dem betroffenen Menschen die Freiheit entzogen, sich innerhalb einer Station oder innerhalb des Zimmers zu bewegen. Jegliche Fixierungsformen sind nicht als mildere Mittel zu verstehen und auch für sie sind richterliche Überprüfungen erforderlich. (Jahresbericht 2019, S. 37)

Welche Konsequenzen hat die Arbeit der Nationalen Stelle?

Die Wirksamkeit der Tätigkeit der Nationalen Stelle ist noch immer begrenzt und die Umsetzung ihrer Empfehlungen ist nach wie vor unzureichend. So hebt der Bericht hervor, dass: „(d)ie Vorgehensweise(n) einiger der obersten Aufsichtsbehörden (…) sich auch in diesem Jahr als problematisch erwiesen.“ (Jahresbericht 2019, S. 7) So kamen die Behörden nicht ihrer Verpflichtung durch Artikel 22 OP-CAT nach. Dieser besagt, dass die Empfehlungen der Nationalen Stelle zu prüfen sind und ein Dialog über mögliche Umsetzungsmaßnahmen zu gewährleisten ist.

Als große Schwierigkeit benennt der Bericht außerdem die Tatsache, dass es der Nationalen Stelle immer noch nicht möglich ist, in ihren Berichten auch die Namen von Einrichtungen privater Trägerschaft zu veröffentlichen. Ihr Präventionsauftrag und der Druck Empfehlungen umzusetzen, erlischt so weitestgehend. Dies wurde auch vom UN-Ausschuss gegen Folter in seinen Abschließenden Bemerkungen zum sechsten Staatenbericht Deutschlands (Rn. 16) deutlich hervorgehoben. Die Nationale Stelle fordert hier eine Gesetzesänderung, um die Wirksamkeit ihrer Empfehlungen zu gewährleisten (Jahresbericht 2019, S. 7).

In den Mitgliedsstaaten der EU variiert die Finanzierung der nationalen Präventionsmechanismen erheblich. Französische Präventionsmechanismen verfügten im Jahr 2018 zum Beispiel über insgesamt 61 hauptamtliche und externe Kontrolleur*innen und ein Jahresbudget von etwa 5.000.000 Euro. Der deutsche Mechanismus besteht gerade mal aus zehn ehrenamtlich tätigen Mitgliedern und einer Geschäftsstelle mit sechs hauptamtlichen Stellen. (Jahresbericht 2019, S.15) Dabei regelt der Artikel 18 c) OP-CAT klar, dass sie entsprechenden Stellen mit ausreichend Mitteln durch den Vertragsstaat auszustatten sind.

Nachdem auf Grund von steigenden Miet- und Personalkosten die Besuche der nationalen Stelle 2018 reduziert werden mussten, erhält die Stelle ab 2019 durch einen Beschluss der Justizministerkonferenz jährlich 640.000 Euro (100.000 Euro Aufstockung im Vergleich zum Vorjahr). Dieses Budget erlaubt es aber nicht, dem gesetzlichen Auftrag nachzukommen, mehr als 13.000 Orte der Freiheitsentziehung regelmäßig zu besuchen. (Jahresbericht 2019, S. 16 f)

In seinen Abschließenden Bemerkungen zum sechsten Staatenbericht Deutschlands sprach der Ausschuss unter anderem Empfehlungen bezüglich der Nationalen Stelle aus. Er betonte in diesem Rahmen, dass die Nationale Stelle mit angemessenen personellen, finanziellen, technischen und logistischen Mitteln auszustatten ist (Rn. 14).

Was fordert die Nationale Stelle für psychiatrische Einrichtungen in Deutschland?

Die Nationale Stelle legt folgende Standards für psychiatrische Einrichtungen fest (Jahresbericht 2019, S. 39-42). Gekürzt:

1. „Bewegung im freien: Allen Personen, denen die Freiheit entzogen ist, soll täglich mindestens eine Stunde die Möglichkeit zur Bewegung im Freien gegeben werden.“

In zwei hessischen Einrichtungen einer forensischen Psychiatrie und einer Kinder- und Jugendpsychiatrie, haben Patient*innen, die keinen Ausgang nutzen dürfen, nur die Möglichkeit, sich in einem nach allen Seiten hin gemauerten oder vergitterten Bereich im Freien aufzuhalten. Diese Außenbereiche sind auch nach oben vergittert gewesen. Der Vergleich zu einem Käfig liegt nah. Außerdem waren dort weder Sitzgelegenheiten noch Beschäftigungsmöglichkeiten vorhanden. Vergitterte Außenbereiche wie in diesen Einrichtungen stellen keinen angemessenen Ort zur Bewegung im Freien dar.

2. „Dokumentation von Zwangsmaßnahmen: Die Dokumentation von Zwangsmaßnahmen soll umfassend, nachvollziehbar und vollständig sein. (…) Dies beinhaltet auch die Dokumentation darüber, welche milderen Mittel vorab eingeleitet wurden und weshalb sie gescheitert sind.“

3.“ Fixierung: Fixierungen sind lediglich als ultima ratio und unter klaren und engen Voraussetzungen anzuordnen sowie auf den kürzest möglichen Zeitraum zu beschränken. Fixierte Personen müssen ständig und persönlich durch therapeutisches oder pflegerisches Personal überwacht werden, welches sich in der unmittelbaren Nähe befindet (Eins-zu-eins-Betreuung). Für eine nicht nur kurzfristige Fixierung ist zudem eine richterliche Entscheidung erforderlich. Die Maßnahme soll mit der betroffenen Person nachbesprochen werden. Außerdem ist sie nach Beendigung der Maßnahme auf die Möglichkeit hinzuweisen, die Zulässigkeit der durchgeführten Fixierung gerichtlich überprüfen zu lassen.“

4. „Informationen über die Rechte: Patientinnen und Patienten müssen schriftlich über ihre Rechte in der psychiatrischen Einrichtung informiert werden. (…)“

5. „Kameraüberwachung: Personen, die in psychiatrischen Einrichtungen untergebracht sind, sollen nicht anlassunabhängig und ununterbrochen kameraüberwacht werden. In keinem Fall kann und darf die Kameraüberwachung die Präsenz der Mitarbeitenden ersetzen. (…) Zudem muss die betroffene Person auf die Kameraüberwachung hingewiesen werden. Die bloße Sichtbarkeit der Überwachungskamera ist nicht ausreichend. Für die betroffene Person soll erkennbar sein, ob die Überwachungskamera eingeschaltet ist.“

6. „Respektvoller Umgang: Der Umgang mit Patientinnen und Patienten soll respektvoll ausgestaltet sein. Hierzu gehört grundsätzlich auch, dass die Patientinnen und Patienten mit „Sie“ angesprochen werden und sich das Personal durch Anklopfen an der Zimmertür vor dem Eintreten bemerkbar macht.“

7. „Vertraulichkeit von Gesprächen: In psychiatrischen Einrichtungen sollen Möglichkeiten geschaffen werden, die gewährleisten, dass persönliche und telefonische Gespräche vertraulich geführt werden können.“

Gemäß ihrer durch innerstaatliches Recht umgesetzten Verpflichtungen, sollen die jeweiligen Ministerien aussagekräftige Stellungnahmen zu jeder einzelnen Empfehlung der Nationalen Stelle abgeben. Allerdings kamen die zuständigen obersten Aufsichtsbehörden dem teilweise nicht nach. Das Hessische Ministerium für Soziales und Integration zum Beispiel, hatte trotz mehrfacher Mahnung bis zum Ende des Berichtsjahres weder eine Stellungnahme zu einem Besuch im Jahr 2018 noch zu Besuchen im Jahr 2019 vorgelegt. (Jahresbericht 2019, S. 37)

Kommentar

Auf den Seiten 39- 42 des Berichts spricht die Nationale Stelle Empfehlungen für psychiatrische Einrichtungen aus und hält gute Beispiele fest. Alle Empfehlungen richten sich allerdings auf Sicherungsmaßnahmen und stellen Zwangsmaßnahmen nicht grundlegend in Frage. Unter den gegeben gesetzlichen Bestimmungen in Deutschland ist das nun mal die Realität.

Zugegebenermaßen, fiel es mir sehr schwer den Bericht der Nationalen Stelle durchzulesen. Nicht weil er inhaltlich schwer verständlich geschrieben ist. Im Gegenteil die Berichterstattung ist mehr als eingänglich. Vielmehr war und bin ich erschrocken, welche Missstände der Bericht aufdeckt. Wenn von Beispielen zu lesen ist, in denen Menschen mittels Vorratsbeschlüssen langfristig abgesondert werden können oder Krisenräume gerade mal mit einer Matratze und einer offenen im Raum stehenden Toilette ausgestattet und nicht selten ohne Fenster sind, dreht sich mein Magen mehr als um. Auch kann ich mich nur verärgert wundern, warum über die Frage, welche Fixierungsform eines Richtervorbehalts bedarf, überhaupt diskutiert werden muss. Oder warum psychiatrischen Einrichtungen, die Pflicht zu einer Stunde an der frischen Luft für Menschen in Unterbringung überhaupt erst erläutert werden muss…oder erst eingefordert werden muss, in „Krisenräumen“ Sitzmöglichkeiten zu gewährleisten.

Zudem fällt es mir schwer zu akzeptieren, mit wie wenig Mitteln die Nationale Stelle ausgestattet ist und somit keine flächendeckende Kontrolle von 13.000 Orten der Freiheitsentziehung möglich ist. Dies gerade auch im Lichte der Menschenrechte und im Besonderen der Menschenrechte für Menschen mit Behinderungen, beziehungsweise in Kenntnis der klaren Forderungen des UN-Fachausschuss zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderungen auf Verzicht von Zwangsmaßnahmen und der Erkenntnis, dass gesetzliche Sicherungsmaßnahmen von Zwangsmaßnahmen bisher nicht zu einer Reduzierung dieser beführt haben (Ending coercion in mental health: the need for a human rights-based approach, S. 8 (C. 2.9.)).

Der Jahresbericht 2019 zeigt die Diskrepanz von gesetzlichen Bestimmungen und der tagtäglichen Praxis. Ich empfinde das als höchst besorgniserregend…