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Erhöhung der Ausgleichsabgabe vom Tisch

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Foto: Irina Tischer

Berlin (kobinet) Bei der Welttagsveranstaltung des Deutschen Behindertenrates war es die Topmeldung, als Bundesarbeitsminister Hubertus Heil die Verdoppelung der Ausgleichsabgabe für Betriebe ankündigte, die keinen einzigen behinderten Menschen beschäftigen. Was am 3. Dezember 2020 als Tiger losgesprungen ist, ist mittlerweile wieder als schnurrende Katze auf der Couch gelandet, denn die Erhöhung der Ausgleichsabgabe ist vom Tisch. Weder im Regierungsentwurf für ein Teilhabestärkungsgesetz noch bei den Änderungsanträgen der Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD, die heute im Bundestag beraten und voraussichtlich verabschiedet werden, ist davon etwas zu sehen. Vielmehr soll weiteres Geld aus der Ausgleichsabgabe für die Aufklärung und Beratung von Arbeitgeber*innen verwandt werden. Geld, das fehlt, wenn behinderte Menschen auf Hilfen am Arbeitsplatz angewiesen sind.

Kommentar von kobinet-Redakteur Ottmar Miles-Paul

„Eine Erhöhung der Ausgleichsabgabe allein macht die Arbeitswelt noch nicht inklusiv oder offener für Menschen mit Qualifikationen. Es wäre aber ein sicher schmerzhaftes Signal gewesen, wenn künftig ein nicht-besetzter Arbeitsplatz mit 720 Euro im Monat zu Buche schlüge. Die Koalition aber stimmte diesem Vorschlag von Hubertus Heil nicht zu. Für den CDU-Sprecher Peter Weiss ist ‚die Erhöhung vom Tisch‘. Der Gesetzentwurf sieht vielmehr eine neue zentrale Anlaufstelle für Unternehmen vor“, berichtet der Deutschlandfunk in einem ausführlichen Bericht in Sachen Ausgleichsabgabe und Beschäftigung.

Link zum Bericht des Deutschlandfunks

Ähnlich wie beim Gesetzentwurf für ein sogenanntes Barrierefreiheitsstärkungsgesetz steht auch hier die CDU/CSU also eindeutig auf der Seite der Arbeitgeber*innen, statt bei den behinderten Menschen, die auf Arbeit angewiesen sind. Viele fragen sich, wie weit die Union in Umfragen noch fallen muss, bis sie den Weg zurück zu den Anliegen der vielen Menschen findet, die sie vielleicht wählen würden. Und die SPD erscheint behindertenpolitisch zum Ende der großen Koalition immer kraftloser in Sachen Behindertenpolitik und versteift sich in die Rechtfertigung von Minierfolgen und gibt sich mit Entschließungsanträgen zufrieden, die für diese Legislaturperiode kaum noch Relevanz haben.

Die Bundestagsdebatte zum Teilhabestärkungsgesetz ist für heute, 22. April, von 12:10 bis 12:50 Uhr terminiert und kann auf www.bundestag.de im Livestream verfolgt werden. 40 Minuten, die sich im Vorfeld der anstehenden Bundestagswahl zur Meinungsbildung über die derzeitigen Positionen zur Behindertenpolitik lohnen könnten. Da es oft zu zeitlichen Verschiebungen kommt, lohnt sich ein Blick auf die aktuelle Tagesordnung des Bundestagsplenums unter: https://www.bundestag.de/tagesordnung

Wer dann noch Energie hat, kann sich um 14:00 Uhr anschauen, wie das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz ohne Debatte in erster Lesung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales verwiesen wird. Doch wer sich den Frust mit dem Desinteresse des Parlaments am Thema Barrierefreiheit ersparen will, der kann das auch lassen.