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Gute Chancen für Wiebke Richter für den Bundestag

Wiebke Richter bei ihrer Online-Rede zur Kandidatur
Wiebke Richter
Foto: Wiebke Richter

Regensburg / Augsburg (kobinet) Vor gut einer Woche hat Stephanie Aeffner es in Baden-Württemberg geschafft, auf einen sehr guten Listenplatz der Grünen für die Bundestagswahl gewählt zu werden. Nun hat auch Wiebke Richter aus Regensburg nach ihrer Wahl am 17. April auf Platz 23 der bayerischen Landesliste der Grünen für die Bundestagswahl gute Chancen, in den Bundestag gewählt zu werden. Bahnt sich hier neue Frauenpower behinderter Frauen für den Bundestag an?

Behinderte Menschen im Bundestag, die sich auch engagiert in die Behindertenpolitik einmischen, das war bisher Mangelware. Die Zeiten als Ilja Seifert noch für die LINKEN immer wieder das Wort für die Rechte behinderter Menschen erhoben hat, sind schon länger vorbei. Das könnte sich im nächsten Bundestag ändern, zumindest haben Stephanie Aeffner und nun auch Wiebke Richter gute Chancen darauf, als Rollstuhlnutzerinnen im zukünftigen Bundestag vertreten zu sein.

Nach dem Wahlkrimi bei der Wahlversammlung der bayerischen Grünen am Wochenende konnte Wiebke Richter zum Ende des ersten Sitzungstages noch punkten und den guten Platz 23 auf der bayerischen Liste für die Bundestagswahl erreichen. Zuvor hatte es der Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Behindertenpolitik, Michael Gerr, mit einer Kandidatur auf Platz 16 und 18 versucht, war aber an den anderen Kandidat*innen gescheitert.

Wiebke Richter erklärte nach ihrer Wahl gegenüber den kobinet-nachrichten: „Ich freue mich riesig über meinen Platz 23 auf der bayerischen Landesliste für die Bundestagswahl und danke den vielen Menschen in meinem Rücken für den wunderbaren Support. Nur gemeinsam sind wir stark! Jetzt geht’s auf in den Wahlkampf für ein grünes Spitzenergebnis! Ich kämpfe für eine vielfältige Gesellschaft und die uneingeschränkte Teilhabe von Menschen mit Behinderung in allen Bereichen. Im Bundestag werden die Rahmenbedingungen für ein selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen in unserem Land geschaffen. Mich direkt dort dafür einsetzen zu dürfen, ist eine Riesenchance und ich werde all meine politischen, beruflichen und privaten Erfahrungen einbringen.“

Im folgenden dokumentieren wir die Bewerbungsrede von Wiebke Richter:

Liebe Freund*innen!

Wenn wir in die Parlamente blicken, gewinnen wir den Eindruck, dass wir mit der Inklusion noch ganz am Anfang stehen. Nach den Kommunalwahlen rollen inzwischen ein paar Politiker*innen durch Gemeinde- und Kreisräte, Abgeordnete mit Behinderung sind insgesamt aber noch immer sehr dünn gesät. Und wir reden hier nicht nur von der Rollifahrerin, noch schlechter sieht es für Politiker*innen mit Seh- oder Hörbehinderung aus oder mit Lernschwierigkeiten.

Wir GRÜNE sind diejenigen, die das ändern werden! Wir haben uns als erste deutsche Partei mit einem Vielfaltsstatut auf den Weg zur Inklusion gemacht. Wir werden zeigen, dass es möglich ist, die Gesellschaft in ihrer Zusammensetzung auch in den Parlamenten abzubilden! Denn jetzt gilt es, unser Vielfaltsstatut mit Leben zu füllen!

Mein Name ist Wiebke Richter, ich bin 52 Jahre alt und lebenslange Rollstuhlfahrerin. Von Beruf bin ich Psychologin und Familientherapeutin und arbeite in einer Beratungsstelle. Als Regensburger Stadträtin kümmere ich mich neben Kultur und Bildung vor allem um Sozial- und Gesundheitspolitik und setze mich ganz besonders für die Belange von Frauen mit Behinderung ein, die in vielen Bereichen mehrdimensional benachteiligt sind.

Denn ich bin bei den Grünen, weil ich mit euch zusammen etwas bewegen kann! Inklusion ist ein Querschnittsthema, sie betrifft sämtliche Bereiche des Lebens. Wenn wir allen Menschen eine umfassende, gleichberechtigte Teilhabe ermöglichen wollen, müssen wir Barrieren abbauen und Chancengleichheit aufbauen. Und da geht es nicht nur um die Rampe ins Geschäft und den Aufzug im öffentlichen Gebäude – das ist nur der erste Schritt.

Wohnen ist ein Menschenrecht, doch gibt es noch immer viel zu wenig barrierefreie Wohnungen mit einem inklusiven Wohnumfeld, besonders in ländlichen Gebieten. Lasst uns also auch beim Wohnungsbau Inklusion grundsätzlich mitdenken!

Auch Mobilität ist eine Grundvoraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe, doch Busse und Bahnen sind noch lange nicht flächendeckend für alle nutzbar. Wenn wir von unserem Herzensthema Verkehrswende sprechen, müssen wir deshalb auch immer barrierefreie Mobilität denken.

Gleichberechtigte Teilhabe bedeutet auch, dass die digitale Kommunikation und alle Informationssysteme – ob öffentlich oder privat – barrierefrei zugänglich sein müssen. Gebärdensprache und leichte Sprache werden von vielen Menschen genutzt. Eine Übersetzung der Homepage in diese Sprachen ist genauso eine Selbstverständlichkeit wie Übersetzungen in Englisch, Russisch und Arabisch. Damit wir nicht einen erheblichen Teil der Gesellschaft von vornherein von der Digitalisierung ausschließen.

Wir schaffen einen inklusiven Arbeitsmarkt, der allen Menschen echte Chancen bietet, und ihnen ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht. Werkstätten für behinderte Menschen müssen inklusiv werden und ihre Beschäftigen in vollem Umfang Arbeitnehmer*innenrechte erhalten. Und wir müssen mehr Betriebe an inklusive Arbeitsplätze heranführen.

Eine Voraussetzung für den inklusiven Arbeitsmarkt ist ein inklusives Schulsystem, für das wir auf Bundesebene die Grundlage schaffen müssen. Das ist der wichtigste Schlüssel zur gesellschaftlichen Inklusion, denn nur wenn alle unsere Kinder miteinander aufwachsen und Vielfalt von Anfang an lernen, werden sie auch später ganz selbstverständlich miteinander arbeiten und leben. Das wird übrigens seit vielen Jahren sogar von den Vereinten Nationen angemahnt – welch eine Schande! Dieses Thema begleitet mich persönlich schon seit meiner eigenen Schulzeit, und die ist lange her. Deshalb müssen wir jetzt endlich vorankommen!!

Liebe Freund*innen, all dies und noch viel mehr ist unsere Aufgabe, denn die Weichen dafür stellt der Bundestag und wir haben jetzt die Chance auf Mehrheiten. Lasst uns gemeinsam eine vielfältige Gesellschaft gestalten, die niemanden ausschließt und Inklusion immer mitdenkt! Dafür werde ich meine beruflichen, politischen und privaten Erfahrungen und all meine Kraft und Expertise einbringen – mit eurer Unterstützung!