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Österreichs Impfstrategie kritisiert

Foto zeigt Martin Ladstätter
Martin Ladstätter
Foto: BIZEPS

Wien (kobinet) Österreichs Gesundheitsminister Rudolf Anschober und sein Ministerium werden heute kritisiert, weil sie noch immer nicht erklären können, wie schwerbehinderte Menschen und deren persönliche AssistentInnen zeitnah zu Impfungen gegen Corona kommen. „Wiederholt sich das Versagen im Gesundheitsministerium schon wieder?“, fragt Martin Ladstätter, Obmann des Behindertenberatungszentrum BIZEPS.

Ladstätter verweist in diesem Zusammenhang auf Vorfälle in der Vergangenheit: Zuerst gab es keine Zusammenarbeit mit Behindertenorganisationen und stümperhafte Verordnungen, die in keiner Weise auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen eingingen. Dies hat sich allerdings im Laufe der Zeit gebessert.

Wer nun glaubt, dass im Ministerium daraus gelernt wurde, irrt gewaltig. Schon längere Zeit war klar, dass gegen Jahresende die Phase der Impfzulassungen kommen wird. „Die österreichische Impfstrategie des Gesundheitsministeriums ist allerdings wieder eine Zumutung für Menschen mit Behinderungen“, hält Ladstätter fest und führt aus: „Das Ministerium denkt scheinbar, dass Menschen mit Behinderungen und hohem Risiko nur in Pflegeheimen leben.“ Anders sei es nicht erklärbar, dass die Impfstrategie so kopflos und ohne Einbindung von Menschen mit Behinderungen erstellt wurde.

Wichtig ist der Hinweis: Natürlich gehören nicht alle Menschen mit Behinderungen automatisch zur Risikogruppe. Eine mehrere Wochen alte Anfrage von BIZEPS, wie Gesundheitsminister Rudolf Anschober bzw. das Ministerium plant, schwerbehinderte Menschen zu impfen, wenn sie zur Personengruppe mit hohem Risiko gehören und nicht in Heimen leben, blieb bisher unbeantwortet.

Auch Gregor Demblin, Gründer von myAbility, drängt auf eine Priorisierung der Impfung von Menschen mit Behinderung zu Hause. Zahlreiche berufstätige KundInnen von myAbility wären hochgefährdet und könnten sich schwer isolieren. „Menschen mit Behinderung, die berufstätig sind und bei ihren Familien leben, sind noch mehr gefährdet als BewohnerInnen von Pflegeheimen. Denn sie haben notgedrungen Kontakt mit ihrer Familie, mit persönlichen Assistentinnen oder der Heimpflege. Wenn wir diese Menschen schützen wollen, müssen wir ihnen so schnell wie möglich Zugang zur Impfung ermöglichen“, sagt Demblin.

Während sich das Jahr dem Ende zuneigt und damit zu rechnen ist, dass bald medienwirksam die ersten Impfungen in Pflegeheimen durchgeführt werden, zeichnet sich schon jetzt ab: Minister Anschober und sein Gesundheitsministerium agieren völlig überfordert in der Frage, wie schwerbehinderte Menschen daheim endlich eine schützende Impfung bekommen.