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Betreuungsrecht: Selbstbestimmung und Wunsch- und Wahlrecht muss Maßstab werden

Porträt von Thomas Künneke
Thomas Künneke
Foto: Franziska Vu ISL

Berlin (kobinet) Anlässlich der ersten Lesung zum Betreuungsrecht im Bundestag fordert die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL), dass die Rechte auf Selbstbestimmung und das Wunsch- und Wahlrecht den Maßstab einer Neuordnung des Betreuungsrechts bestimmen müssen. Rechtliche Betreuungen sind nur einzurichten, wenn keine anderen Unterstützungsleistungen im Sozialrecht möglich sind. Für diese Prüfung sind Clearingstellen einzurichten. Die erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts Drucksache 19/24445 findet heute, am 26. November 2020, voraussichtlich von 21:05 bis 21:45 im Plenum des Deutschen Bundestages statt und wird im Parlamentsfernsehen auf www.bundestag.de übertragen.

„Betreuer*innen und Richter*innen treffen aufgrund der nicht vorhandenen eindeutigen Ausrichtung des Gesetzes und der fehlenden Ressourcen oftmals Entscheidungen, die zu Lasten der so wichtigen unterstützenden Entscheidungsfindung gehen!“, begründet Thomas Künneke von der ISL, der sowohl die Stellungnahme zum Gesetzentwurf verfasst hat, als auch im Aktion Mensch-Projekt „Unterstützte Entscheidungsfindung – leicht und gut gemacht“ aktiv ist. Dieser Umstand steht ganz klar dem Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), der Rechts- und Geschäftsfähigkeit der Menschen, entgegen.

Des Weiteren fordert die ISL, dass der gesamte Prozess des Betreuungsverfahrens barrierefrei ausgestaltet wird – das heißt, die Kommunikation, alle Informationen und Erklärungen müssen für die betreute Person in einer für ihre Bedürfnisse angemessenen Sprache barrierefrei erfolgen. Die Praxis zeige nämlich leider, dass viele betreute Menschen gar nicht über die Auswirkungen ihrer rechtlichen Betreuung aufgeklärt sind.

Die ISL plädiert, wie auch viele andere Verbände, für eine zeitlich begrenzte Betreuung auf zwei Jahre, wonach anschließend eine Verlängerung geprüft werden kann. Denn, durch viel zu lange und oftmals unnötige Betreuungszeiten von beispielweise sieben Jahren, würden vorhandene Entscheidungskompetenzen bei den Betroffenen zunichtegemacht. Mit kürzeren Betreuungszeiten kann dies abgewendet werden. „Es ist an der Zeit, dass Methoden und Modelle zu einer unterstützten Entscheidungsfindung weitergedacht sowie eine Qualifizierung von allen Beteiligten im Betreuungsverfahren und der Politik stattfindet – nur so kann es gelingen, die betroffenen Menschen zu stärken und ihnen Selbstbestimmung zu ermöglichen“, heißt es in der Presseinformation der ISL.

Die Stellungnahme zum Gesetzentwurf der ISL kann hier heruntergeladen werden: Stellungnahme der Interessensvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. (ISL) zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts (isl-ev.de)