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Sommercamp-Olympiade der Kuscheltiere erfolgreich beendet

Ausgezeichnete Athlet*innen der Sommercamp-Olympiade der Kuscheltiere
Athlet*innen der Sommercamp-Olympiade der Kuscheltiere
Foto: Susanne Göbel

Kassel (kobinet) Auch wenn bei den bisher 110 durchgeführten Aktivitäten und Veranstaltungen des Sommercamps für ein selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen viele ernste und für behinderte Menschen wichtige Themen behandelt und diskutiert wurden, kommt der Spaß bei dem kreativ und online durchgeführten Sommercamp nicht zu kurz. Bei der per Zoomkonferenz durchgeführten happy hour wurden gestern beispielsweise die Athlet*innen, die an der Sommercamp-Olympiade der Kuscheltiere teilgenommen haben, vorgestellt und ausgezeichnet.

Nachdem die Schriftstellerin und langjährige kobinet-Korrespondentin von der Berlinale Anke Glasmacher im Anschluss an eine Lesung aus ihren Texten beim Sommercamp am 23. Juli die Sommercamp-Olympiade der Kuscheltiere eröffnet hat, haben sich viele Kuscheltiere der Sommercamp-Teilnehmer*innen ins Training gestürzt. Letztendlich sind 13 Kuscheltiere in verschiedenen Disziplinen angetreten. Dabei zeigten sich nicht nur die enormen Fähigkeiten dieser Gesellen, die meist regungslos auf Sofas und Schränken sitzen oder vermeintlich faul in Betten liegen, sondern taten sich zum Teil völlig neue Disziplinen auf, die das Olympische Kommittee zukünftig ernsthaft prüfen sollte. Salto-Fliegen, Kekse-Essen, Gewichtheben mit literarischem Hintergrund, Glücksbringer und Krankenhausbeschützer oder der Museums-Marathon waren nur einige dieser Disziplinen, bei denen die kuscheligen Athlet*innen antraten.

Beeindruckend war, dass all diejenigen, die angetreten sind, in ihren Disziplinen gewonnen haben. Es gab aber darüber hinaus eine Auszeichnung für einige besonders engagierte Kuscheltiere. Und hier hatte der siebenjährige Gero die Qual der Wahl. Insgesamt wurden am Ende sechs besonders athletische Kuscheltiere ausgezeichnet, die die kobinet-nachrichten kurz vorstellen:

Eulalia

Die Eule Eulalia ist sehr klug, sehr weise und sehr geduldig. Sie ist das geduldigste Kuscheltier der Welt. Auch wenn sie sich hier in ihrer Freizeit in der Natur präsentiert, thront sie normalerweise hoch oben im obersten Regalbrett des Büros der ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatungsstelle. Sie kann dort sehr gut zuhören, hat oft sehr weise und kluge Worte parat und berät daher außerordentlich gut, weil sie von oben den besten Überblick hat. Sie wurde von Ellens liebem Kollegen gehäkelt.

Eulalia trat im Würfelwettbewerb an.

Sie braucht etwas Assistenz, was ihr selbstverständlich gewährt wird.

Eulalie wurde u.a. ausgezeichnet, weil sie so toll zuhören kann und das eine ganz besonders Eigenschaft ist

Miss Woelke und Mister Pinguinen

Das Schaf Miss Woelki lebt und trainiert im bayerischen Grafing. Ursprünglich kommt Miss Weolki aus Görlitz. Miss Woelki hat sich bereits in Vorkämpfen zusammen mit Mister Pinguinen qualifiziert und trägt seine Medaillen mit Stolz.

Miss Woelki startete im Hochsprung

Mister Pinguinen

Der Pinguin Mister Pinguinen lebt und trainiert ebenfalls im bayerischen Grafing. Er ist ein sehr guter Schwimmer und kam am Karnevalsonntag 2012 auf Djamila in Brühl hinab. Mister Pinguinen hat sich bereits in Vorkämpfen zusammen mit Miss Woelki qualifiziert und trägt seine Medaillen mit Stolz.

Mister Pinguinen startete im Schwimmwettbewerb 400 m Freistil.

Miss Woelki und Mister Pinguinen wurden u.a. ausgezeichnet, weil sie so lustig aussehen und Mister Pinguinen an Geros Geburtstag zu Djamila kam.

Krümelmonster

Das Krümelmonster ist Ottmar 1989 in den USA zugelaufen, kam mit ihm nach Deutschland, weil es hier leckerere Kekse gibt. Es zog bei Ottmars Mutter ein, saß dort bis 2015 auf der Sofalehne und futterte sich durch vielerlei Kekssorten. Danach zog es zu Ottmar nach Kassel, wo es ihm nun die Kekse streitig macht und täglich hart trainiert, wie auf dem Bild bei seinen Frühstücksübungen mit den Riesenkeksen zu sehen ist. So präsentierte es sich in Bestform für die Sommercamp-Olympiade der Kuscheltiere. Einen möglichen Gewinn investiert es in den Kauf regional produzierter Kekse.

Das Krümelmonster trat natürlich in der Disziplin Kekse-Essen an.

Das Krümelmonster wurde u.a. ausgezeichnet, weil es einfach nur verdammt COOL aussieht

Rossi der Krankenhausbeschützer

Das Nilpferd Rossi der Krankenhausbeschützer ist der Krankenhausglücksbringer, den Denise bei ihrem ersten Krankenhausaufenthalt in Hamburg von den Krankenschwestern geschenkt bekommen hat. Seither ist Rossi dabei, wenn Denise ins Krankenhaus kommt und liegt auch immer schön brav bei ihr im Bett.

Rossi trat als Glücksbringer und Krankenhausbeschützer an.

Rossi wurde u.a. ausgezeichnet, weil Gero gerade selber gelernt hat, wie wichtig solche Krankenhausbeschützer als Weggefährten sind

Hasi

Der Plüschhase Hasi ist 40 Jahre und damit genau so alt wie Nicola. Hasi begleitet Nicola schon ihr ganzes Leben lang und kann viele Kunststücke, die er bei der happy hour des Sommercamps auch vorführte. Hasi hatte einmal einen Unfall, wo er ein Auge verloren hatte, das aber mit einem chirurgischen Eingriff wieder angenäht werden konnte. Hasi kann mit seinen großen langen Ohren ganz tolle Saltos in der Luft schlagen und kann damit auch fliegen. Bei der happy hour brachte er sich auch im Strohhalmtrinken ein.

Hasi trat beim Salto-Fliegen an.

Hasi wurde u.a. ausgezeichnet, weil er mit seinen Ohren fliegen und Saltos drehen kann.

Wer mehr über die 13 angetretenen Athlet*innen erfahren möchte, findet detaillierte Informationen dazu im Liveblog zum Sommercamp, wo sie am 4. August in alphabetischer Reihenfolge vorgestellt wurden.

Link zum Liveblog zum Sommercamp

Da die Sommercamp-Olympiade der Kuscheltiere entscheidend durch einen literarischen Erfahrungsbericht von Anke Glasmacher über die 3. Wintersportolympiade für Stofftiere und Puppen im Jahr 2005 in Berlin inspiriert wurden, veröffentlichen wir im folgenden den Text, den Anke Glasmacher am 6. März 2005 dazu veröffentlicht hat.

WOSP 2005: 3. Wintersportolympiade für Stofftiere und Puppenam

6. März 2005 im Jahnsportpark, Berlin – Prenzlauer Berg

Ein Erfahrungsbericht von Anke Glasmacher

Zugegeben. Ich war schon mit einigen Erwartungen hingereist. War heute morgen bereits um 7.13 Uhr aufgewacht und ziemlich nervös. Klar, es ging ja auch um Einiges. Das erste Mal durfte ich mit meinen Athleten an einer Olympiade teilnehmen. Und das eigentlich ohne rechte Vorbereitung. Ich wusste nämlich nichts über verschiedene Gewichtsklassen, Altersbegrenzungen, die technische Ausrüstung. Doch optimistisch bis weit hinaus zur echten Ahnungslosigkeit, wie wir Rheinländer ja bisweilen sein können, dachte ich, da gehe ich hin, das klappt schon.

Dieses Jahr standen zwei Wettbewerbe auf dem Programm: Skifliegen von der 400cm Schanze und erstmals Katapultfallschirmspringen in den Gewichtsklassen Schwer- bis Fliegengewicht. Und ich sagte mir, da trete ich doch gleich in beiden Disziplinen an. Als Athleten hatte ich mir Fridolin und Eduard ausgesucht, beides langjährige Frösche in meiner Mitte, die schon die klassischen Disziplinen An die Wand Werfen und Wachküssen überstanden hatten.

Pünktlich eine halbe Stunde zu früh fand ich mich mit M. am Starthäuschen ein. M. wollte mit ihrem Koala-Bären starten. „Mhm“, dachte ich mir, „Koalas sind selten, fressen nix und haben bei diesem Wetter sowieso keine echte Chance.“ Die gefühlte Kälte muss zu diesem Zeitpunkt bereits bei -10 Grad gelegen haben.

11.45 Uhr konnten wir unsere Athleten in die Startlisten eintragen und bekamen die Startnummern. Los ging es mit dem Einmarsch der Athleten und des ZAREN (Zottelbär mit zweifelhaftem Personal und Vertreter des Hauptsponsors). Schließlich wurde in einer ergreifenden Zeremonie das olympische Feuer entzündet. Meine erste Olympiade!

In Unkenntnis des Ablaufes (s.o.) hatte ich Fridolin für die erste Disziplin „Skiflug“ ein eigenes, innovatives Fluggerät gebastelt. Darauf wurde ich gleich am Start angehalten. Nach einer kurzen Diskussion wurde Fridolin auf dem Tablett aber zugelassen (erinnert sei an dieser Stelle an den Wegbereiter des modernen Skifliegens (V-Stil), der ebenfalls aufgrund des ungewohnten Stils Abzüge in der B-Note erhielt. Neues braucht eben seine Zeit…). Dann flog Fridolin los. Und kaum war Fridolin gelandet, sah ich mich auch schon mit ersten Dopinggerüchten konfrontiert. Es ging zur Blutabnahme, die Untersuchung zog sich für meine Begriffe ewig hin, natürlich kam auch sofort die Presse hinzu. Aber dann das erlösende Ergebnis: Fridolins Dopingprobe war natürlich (!) negativ, positiv für mich. Dennoch gewann Fridolin mit seinem neuen Sprungstil nicht das Vertrauen der Jury. Die Wertung besagte (nach meiner Erinnerung): Plüschofrostkonstante*: 6; Charmefaktor: 6; Weite: 20.

Und ich musste mich den bohrenden Fragen der Boulevard-Presse stellen, wie alt ich denn sei (ich bin nur die Trainerin und ich bin 35! Mein Frosch ist der Athlet und der ist erst 5!) und wie ich denn auf die Idee gekommen sei, an der WOSP teilzunehmen. Da war ich dann doch recht fassungslos ob dieser in der Frage mitschwingenden Diskriminierung der Alten in dieser Gesellschaft. Ich hätte etwas mehr Respekt und Anerkennung erwartet. Schließlich sind auch wir Alten noch leistungsfähig und leistungsbereit! Am Ende war Rang 7 ein enttäuschendes Ergebnis für mich und Fridolin.

Bei der Preisverleihung kam es zum Eklat. der ZAR, jene zweifelhafte Figur (s.o.) belegte Platz 2 mit seinem kopflosen Athleten (Hase). Es kamen Diskussionen auf, ob kopflose Athleten denn überhaupt prämiert werden dürften, da man ihnen ja auch keine Medaille umhängen könne. Kurz entschlossen griff der ZAR zu einem anderen Athleten (Ente), riss ihm vor den anwesenden Zuschauern (Kindern!) den Kopf ab und versuchte, seinem eigenen Athleten diesen geklauten Kopf aufzusetzen. Aufschreie in den Zuschauerreihen, Kinder fingen an zu weinen. Die Jury kam zu einer Beratung zusammen und beschloss, den ZAREN vom Wettbewerb nachträglich auszuschließen. Es wurden Protestnoten ausgetauscht.

Der Beginn der zweiten Disziplin, das Katapultfallschirmspringen, begann so turbulent wie die Preisverleihung endete. Prompt wurde ich auf dem Weg zum Start mit Eduard disqualifiziert wegen angeblichen Doppelstarts. Natürlich legte ich lautstarken Protest ein, als ausgerechnet der ZAR – Vertreter des Hauptsponsors –, in der 1. Disziplin wegen grob unsportlichen Verhaltens gegenüber seinem Athleten disqualifiziert und nachgewiesen gedopt, ohne Beanstandung des Kampfgerichts erneut antreten konnte. Aber meine Rufe verhallten ungehört im Olympiapark.

So musste M. mit ihrem Koala als erste starten. Der Fallschirm ihres lange trainierten und offenkundig gut vorbereiteten Athleten öffnete sich vorbildlich – und das Koala landete mitten in den Zuschauern. Das gab schon mal Punktabzüge. Nach einigen weiteren spektakulären Unfällen (versehentlich losgelassener Affe mit Frühstart, Körperteilverlust noch während der ersten Flugphase, bis zum bitteren Schluss ungeöffneter Fallschirm) endete auch diese Disziplin mit strahlenden Siegerinnen und Siegern. M. (noch älter…) ging – ähnlich wie ich – leider leer aus.

Fazit: Eine ambitionierte Veranstaltung, perfekt organisiert. Man merkte den Veranstaltern (Club Real, www.clubreal.de) an, dass sie bereits die 3. Olympiade ausgerichtet haben und mittlerweile zu den international führenden Veranstaltern im Stofftierbereich zählen. Wir können uns freuen auf den nächsten Wettbewerb. Aus Sicht einer älteren Teilnehmerin sei schlussendlich noch angemerkt, dass ich mir beim nächsten Mal eine Startkategorie Ü 35 erhoffe, damit die ältere Generation gegen die Jungen eine echte Chance erhält. Aber dabei gewesen zu sein, war auch schön!