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Beatmung geht auch mit VW

Uwe Frevert
Uwe Frevert
Foto: privat

Kassel (kobinet) Uwe Frevert vom Verein Selbstbestimmt Leben in Nordhessen (SliN) beschäftigt sich schon seit gut 40 Jahren mit Fragen der Beatmung und einer entsprechenden Umgehensweisen der Betroffenen mit der Beatmung. Die aktuelle Diskussion, dass die Autoindustrie wegen der Corona-Krise nun Beatmungsgeräte produzieren könnte, hat ihn an einen Film aus den USA erinnert und zu folgendem Kommentar für die kobinet-nachrichten inspiriert.

Kommentar von Uwe Frevert

Am Freitag ist in den Nachrichten die Idee angesprochen worden, dass die deutsche Autoindustrie wegen Corona notwendige Beatmungsgeräte bauen könnte. (https://www.manager-magazin.de/unternehmen/autoindustrie/coronavirus-kranke-autobauer-vw-psa-pruefen-produktion-beatmungsgeraete-teile-a-1305615.html) Dabei ist mir das Beispiel von Gill Whitworth im Film „Aufstand der Betreuten“ aus dem Jahr 1984 eingefallen: https://www.youtube.com/watch?v=V17xR6eAdZY. In der 10. Minute des Films wird der Bau und die Funktion eines Beatmungsgerätes vorgestellt, das kostengünstig und einfach in der ganzen Welt hergestellt werden kann. An diesem Beispiel könnte aktuell auch Jens Spahn erkennen, dass die Lösung unserer Probleme mit Beatmungsgeräten nicht allein mit unserer stationären Unterbringung in Spezialbeatmungsstationen gelöst werden sollte, wie es das Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz (IPReG) vorsieht.

Im Rahmen des IPReG muss es für uns weiterhin möglich sein, dass wir uneingeschränkt die Finanzierung wie Beatmungspflegedienste auch ohne Beschränkungen und ohne scheinheilige Fürsorge durch das System der Krankenkassen und den Handlangern durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) bekommen. Die Pläne des Gesundheitsministeriums sind daher unakzeptabel . Am Beispiel mit Gill Whitworth wird verständlich, dass ein selbstbestimmtes Leben mit Atembehinderung nur dann wirklich möglich ist, wenn die Verantwortung durch die behinderte Person selbst in vollem Umfang wahrgenommen werden kann. Aber genau diese volle Verantwortungsübernahme sieht das IPReG nicht vor. Jeder Beatmungspflegedienst und jede Krankenkasse soll, nach dem Willen von Jens Spahn, bestimmen können, welches Personal, welches Hilfsmittel und zu welchem finanziellen Betrag von der behinderten Person eingesetzt werden darf. Das ist scheinheilige Fürsorge und hat nichts mit selbstbestimmtem Leben zu tun.

Lesermeinungen

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Michael Günter
23.03.2020 19:27

Hmm,
ich bin mir noch nicht so ganz sicher, wie ich diesen Beitrag einschätzen soll.
Klar lässt sich für Billiggeld irgendwas zusammenschustern, McGyver hat jahrelang vorgemacht und natürlich ist Spahns Gesetzentwurf nicht unbedingt optimal…
Aber angesichts der derzeitigen Situation,in der wir demnächst tausende dieser Geräte brauchen, muss auch auf gewisse Standrards geachtetn werden – tausende solcher Notbehelfe möchte ich jedenfalls nicht in Kliniken sehen – mir ist nämlich schonmal ein Scheibenwischermotor abgebrannt und das will sicherlich keiner in einer überforderten Klinik haben…
Ich finde den Beitrag angesichts der gesamtgesellschaftlichen Situation deshalb gerade zynisch und auch die Sprache im Artikel kann ich nicht gutheißen – sorry – die MA des MDK gehen sicherlich vielen von uns bei Zeiten mal auf den Sack – aber die Prüfen gerade nichtmehr, sondern sitzen zuhause bis man sie braucht um in den Kliniken als letzter Notnagel zu dienen, weil sie eine pflegerische Ausbildung haben!
Angesichts der Situation finde ich – dem Sprachgebrauch meiner pubertierenden Tochter folgend – dass die Rede von „Handlagern“ beim MDK in diesem Zusammenhang „upfucked“….