Berlin (kobinet) Die Nachricht über den Tod von Matthias Vernaldi hat große Trauer bei vielen Einzelpersonen und Organisationen der Behindertenbewegung ausgelöst. Die ersten Kommentare zum Tod von Matthias Vernaldi auf Facebook zeigen, wie vielfältig die Verbindungen zu ihm waren und was er alles angestoßen hat. Die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland, für die Matthias Vernaldi vor allem in Gesundheitsfragen immer wieder aktiv war, dankte ihm für sein langjähriges und unermüdliches Engagement trotz zunehmend schwindender Kräfte.
„Matthias Vernaldi war ein großer Kämpfer für Menschen mit Behinderung. In Berlin und Deutschlandweit. Ich erinnere mich an unzählige Gespräche und Diskussionen. Wir waren nicht immer einer Meinung. Und dafür schätze ich ihn. Er fehlt jetzt schon“, schrieb beispielsweise Raul Krauthausen auf Facebook. Jürgen Hobrecht schrieb gestern auf Facebook: „Ich trauere um meinen Freund Matthias Vernaldi, der heute Morgen in Berlin verstorben ist. Kaum einer hat so konsequent und anhaltend über Jahrzehnte für die Rechte von Menschen mit Behinderung gekämpft wie er, dabei niemals verbissen, immer geistreich, phantasievoll und auch witzig. Er hat es verstanden, sein Leben in vollen Zügen zu genießen, als Liebhaber von gutem Wein und Essen und vor allem der Lust und der Liebe. Mein Mitgefühl gilt seinen Angehörigen und seinem Team von Assistenten. Es war mir Ehre und Freude, mit dir zu kämpfen, zu zechen, zu streiten und zu phantasieren. Als studierter Theologe glaubtest Du, das der Tod nicht das Ende allen Seins ist. Wo immer Du auch bist: Lass es krachen! Adieu Matteo.“
„Ich kenne Matthias seit über 50 Jahren. Wir haben viele Höhen und Tiefen durchlebt. Viele Träume geschmiedet. Manche sind wahr geworden. Du wirst uns fehlen mit deiner Weisheit. Ruhe in Frieden“, so hat der Inklusionsbotschafter Roland Walter seine Gedanken zum Tod von Matthias Vernaldi in Worte gefasst. Constantin Grosch äusserte sich zum Tod von Matthias Vernaldi auf Facebook wie folgt: „Wir haben als Menschen mit Behinderungen heute nur deshalb die Möglichkeiten so kreativ und konstruktiv für unsere Rechte und unser (Über-)Leben zu kämpfen, weil es zahllose Wegbereiter und Vorkämpfer in eigener Sache gab und gibt. Es macht demütig sich die Situation zu vergegenwärtigen, aus denen sie Zuversicht, Selbstbewusstsein und Wissen geschaffen haben. Einer dieser Täter – im besten Sinne – ist heute von uns gegangen. Lieber Matthias Vernaldi, ich habe dich nur am Rande von gemeinsamen Demonstrationen und Aktionen erlebt, aber umso aufmerksamer deine Beiträge in neuen und alten Medien gelesen. In kurz: Danke. Ohne Dich, ohne Euch, wäre ich nicht.“
Obwohl Matthias Vernaldi seit einer Weile gesundheitlich angeschlagen war, hatte er sich noch in den Protest gegen das geplante Intensivpflegegesetz von Jens Spahn eingemischt. In einem kobinet-Bericht vom 15. August wird er wie folgt mit seiner klaren Meinung über Jens Spahn und dessen Pläne zitiert: „Nach dem Gesetzentwurf wäre ich schon vor Jahren auf der Station gelandet und somit gar nicht mehr in der Lage dazu gewesen. Ich habe in solch einem hohen Amt noch nie einen so arroganten selbstbezogenen Menschen erlebt. Er tut alles, um im Gespräch zu sein und um Beifall zu erhalten. Schon deshalb müssen wir massiv dagegenhalten. Alles, was ihn unsympathisch dastehen lässt (er verweigert behinderten Menschen Selbstbestimmung und Würde), versucht er zu vermeiden bzw. im Nachhinein umzubiegen“, begründet er seinen Protest.
Für die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) war Matthias Vernaldi immer jemand, der auf der Matte stand, wenn es um gesundheitspolitische Fragen und Themen rund um Persönliche Assistenz ging. Er hat an vielen Anhörungen mitgewirkt, Papiere entworfen und war einfach da, wenn man ihn brauchte, hieß es vonseiten der ISL. Jenny Bießmann, die auch im Vorstand der ISL aktiv ist, brachte es mit folgendem Satz auf den Punkt: Die Behindertenbewegung hat einen großen Kämpfer verloren!“
Das ist – nicht nur – für die Berliner behindertenpolitische Szene ein kaum ersetzbarer Verlust
R: I. P.