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Inklusion und Geschlechtergerechtigkeit an Hochschulen zusammen denken

Kleisthaus
Kleisthaus-Portal
Foto: BMAS

Berlin (kobinet) 150 hochrangige Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft und Gesellschaft forderten vor kurzem beim Kongress des Fachkollegs "Inklusion an Hochschulen – gendergerecht" in Berlin eine gendergerechte Inklusion an Hochschulen. Die Veranstaltung wurde vom Hildegardis-Vereins organisiert.

„Der Abbau von Barrieren und das Ausgleichen von Nachteilen ist nur ein erster Schritt – wir brauchen darüber hinaus eine Lern- und Lehrkultur an unseren Hochschulen, die gelebte Teilhabe ermöglicht.“ Mit dieser Forderung eröffnete die Vorsitzende des Hildegardis-Vereins Prof. Dr. Charlotte Kreuter-Kirchhof am vergangenen Freitag in Berlin den Fachkongress „Hochschule ohne Hindernisse – Aufgaben, Beispiele, Chancen“. Im Kleisthaus, dem Amtssitz des Bundesbehindertenbeauftragten, nahmen rund 150 Persönlichkeiten an der Abschlussveranstaltung des dreijährigen Fachkollegs „Inklusion an Hochschulen – gendergerecht“ teil. Die außerordentliche Resonanz auf die ursprünglich für ein Fachpublikum von 80 Personen geplante Veranstaltung zeige nachdrücklich den großen Bedarf für den fachlichen Austausch und die Weiterentwicklung dieses Themas, so Kreuter-Kirchhof. Sie erinnerte daran, dass laut der best2-Studie des Deutschen Studentenwerks 11 Prozent der rund 2,8 Millionen Studierenden in Deutschland eine studienrelevante Beeinträchtigung haben.

Das Fachkolleg Inklusion schärfe das Bewusstsein für Gendergerechtigkeit und Inklusion – bei Studierenden, Lehrenden und Angestellten. „Wir sind der Ansicht, dass Inklusion und Gleichstellung zusammengedacht werden müssen und als umfassende ‚Vielfaltsstrategie‘ für alle in der Hochschule Tätigen zur täglichen Praxis gehören sollten“, erklärte die Vereinsvorsitzende. „Nachteilsausgleiche müssen allen Lehrenden vertraut sein. Auch Begegnungsräume für Studierende jenseits klassischer Studienleistungen tragen nachdrücklich zur Inklusion bei.“ Deshalb engagiere sich der Hildegardis-Verein seit mehr als zehn Jahren auf dem Gebiet.

Als Hausherr sagte der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Jürgen Dusel: „Aus meiner Zeit an der Hochschule weiß ich: Nachteilsausgleiche durchzusetzen, technische Hilfsmittel zu organisieren und die vielen anderen praktischen Herausforderungen des Studienalltags zu bewältigen, kostet viel Kraft und Zeit. Insbesondere dann, wenn die Akzeptanz und das Verständnis nicht bei allen Mitstudierenden, Lehrkräften oder bei der Hochschulverwaltung selbstverständlich sind. Deshalb begrüße ich das Fachkolleg ‚Inklusion an Hochschulen – gendergerecht‘ des Hildegardis-Vereins, in dem Inklusion nicht nur ein Schlagwort ist, sondern gelebt wird. Das Fachkolleg Inklusion befördert ein akademisches Lehr- und Lernumfeld auf allen Ebenen, das Vielfalt schätzt und die Stärken der Menschen in den Vordergrund stellt,“ so Jürgen Dusel in seiner Begrüßungsansprache.

An der Tagung nahm unter anderem die Bundestagsabgeordnete Katja Dörner (Grüne) teil, die mit Leitungspersonen der bundesweit fünf Modell-Hochschulen des Projekts über Beispiele gelungener Inklusion und über Hindernisse diskutierte, die gelöst werden müssen. Moderiert von der Slam-Poetin Ninia LaGrande sprachen im Anschluss der Inklusionsaktivist Raul Krauthausen und die erste gehörlose Professorin Deutschlands, Prof. Sabine Fries, mit weiteren Akademikerinnen mit Behinderung über ihre Erfahrungen beim Studium. Dr. Christiane Schindler von der Informations- und Beratungsstelle Studium und Behinderung (IBS) des Deutschen Studentenwerks ergänzte Handlungsempfehlungen, die sich aus der best2-Studie ergeben. Ministerialrätin Christina Hadulla-Kuhlmann nahm für das Bundesministerium für Bildung und Forschung teil, das das Projekt fördert.

Die Leiterin der Disability Studies an der Universität Oregon in Eugene, Prof. Elizabeth Wheeler, berichtete in ihrem Vortrag, dass es auch im US-amerikanischen Hochschulwesen im Bereich Inklusion noch viel zu tun gäbe. Es gäbe aber auch innovative Konzepte. Sie würdigte in dem Zusammenhang den Biografiezirkel-Ansatz des Projekts „Fachkolleg Inklusion“. Die dort gepflegte persönliche Kommunikation im geschützten Raum sei eine gute Herangehensweise auch für die University of Oregon. Aus der Überzeugung, dass Menschen mit Behinderung die besten Expert*innen für ihr eigenes Leben sind, plane sie eine ähnliche Maßnahme, so Wheeler. Sie habe Mittel beantragt, um eine Gesprächs-Plattform für Studierende mit Angststörungen zu schaffen, die eine gemeinschaftliche Analyse und ein gemeinschaftliches Handeln entwickeln soll. „Wenn eine Gruppe von Studierenden mit Angstzuständen sich regelmäßig treffen würde, um über ihre gemeinsamen Erfahrungen zu sprechen, könnten sie eine gemeinsame Antwort entwickeln, die zu systemweiten Lösungen führt,“ erklärte die US-Wissenschaftlerin. Dafür sei das Projekt des Hildegardis-Vereins ein exemplarisches Modell, heißt es in der Presseinformation des Hildegardis-Verein zur Veranstaltung.