Kassel (kobinet) "Jens Spahn lässt beatmete Menschen im Regen stehen", dies traf heute während eines kurzen Regenschauers bei der Demonstration gegen die Pläne der Bundesregierung, die Selbstbestimmung beatmeter Menschen zu beschneiden, im wahrsten Sinne des Wortes zu. Nachdem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn immer noch keine Entwarnung gegeben hat, dass intensivbeatmete Menschen auch zukünftig ihre Unterstützung selbstbestimmt in der eigenen Wohnung bekommen, protestierten heute in Kassel Betroffene, ihre Angehörigen und Unterstützer*innen gegen die Pläne des Bundesgesundheitsministeriums.
Die Botschaft der Betroffenen, die bei der heutigen Kundgebung am Rande des Kasseler Friedrichsplatzes ihre Situation und Ängste schilderten, war klar. Sie wollen nicht nur weiterhin am gesellschaftlichen Leben teilhaben und in ihrer eigenen Wohnung leben und unterstützt werden. Sie werden auch hart für dieses entscheidende Stück Selbstbestimmung kämpfen. Denn ein Leben in einer Einrichtung ist für sie, so wie für die meisten Menschen in Deutschland, nicht aktzeptabel und angemessen. „Da gebe ich lieber meine Beatmung auf und riskiere meine Gesundheit und mein Leben, bevor ich meine Selbstbestimmung aufgebe und in eine Wohngruppe ziehe“, brachte es eine Betroffene beatmete Frau vor den gut 150 Demonstrant*innen auf den Punkt. Viele Passant*innen blieben stehen und hörten sich zum Teil mit Kopfschütteln an, was da vom Bundesgesundheitsministerium geplant ist.
Auch aus kommunaler Sicht sind die Pläne des Bundesgesundheitsministeriums völlig unverständlich, wie Ulrike Gote, die Dezernentin für Jugend, Frauen, Gesundheit und Bildung der Stadt Kassel in ihrer Rede während der Kundgebung deutlich machte. Die Pläne des Bundesgesundheitsministeriums für das sogenannte Gesetz zur Stärkung von Rehabilitation und intensiv-pflegerischer Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (Reha- und Intensivpflege-Stärkungsgesetz – RISG) sorgten gerade nicht dafür, dass die ambulante Unterstützung von beatmeten Menschen gestärkt würden. Sie seien vielmehr ein massiver Rückschritt und widersprächen eindeutig der UN-Behindertenrechtskonvention, betonte die Dezernentin in ihrer Rede.
Aufgerufen zu der Demonstration haben u.a. die Vereine als-mobil, Intensivkinder und intensivLeben. Eine Reihe von Vertreter*innen von Pflegediensten machten deutlich, dass dort, wo es Betrug gäbe, dieser auch verfolgt werden müsse. Es könne aber nicht sein, dass damit die ambulante Unrerstützung beatmeter Menschen pauschal eingestellt werde. Es gelte vielmehr, die ambulante Unterstützung zu stärken und behinderten Menschen dadurch ein selbstbestimmtes Leben in ihrer eigenen Umgebung zu ermöglichen. Ein Teilnehmer der Kundgebung bemerkte treffend, dass wenn man alle Bereiche, in denen es Betrügereien gibt, pauschal abschaffen wolle, müssten die Betriebe der großen Autohersteller längst geschlossen sein und wir würden wieder mit Pferdekutschen unterwegs sein.