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Alle raus zum 5. Mai!

Roland Frickenhaus
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Foto: Roland Frickenhaus

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UNBEKANNT (KOBINET) In wenigen Tagen dürfen wir wieder. Ist ja auch schon ein Jahr her, dass wir das letzte Mal durften. Wieder wird es, neben Luftballons, Bratwurst und Sambagruppe, ein buntes Treiben geben. Botschaft: ist doch gar nicht so besonders, anders zu sein. Alles schick, alles gut. Wir rocken mal eben die Fußgängerzone und zeigen, dass wir auch was von Spaßhaben und Amüsement verstehen: Teilhabe groovt!

Ja, und ehe man sich versieht, ist, vor lauter Aktion-Mensch finanzierter Bespaßung, aus dem Blick, dass es um Protest geht und nicht um ein Event. Wir haben zu protestieren, statt zu feiern!

Ja, und ehe man sich versieht, ist, vor lauter Aktion-Mensch finanzierter Bespaßung, aus dem Blick, dass es um Protest geht und nicht um ein Event. Wir haben zu protestieren, statt zu feiern!

Wessen Bedarf schon nach ICF-basierter Methode ermittelt und wer die sich daraus ableitenden Leistungen bereits vergütet bekommt, kann ja schon mal Richtung Bratwurststand oder Schminktisch rollen, das dürfte, 1 1/2 Jahre nach Rechtsanspruch, ein so kleines Grüppchen sein, für das es sich noch nicht mal lohnt, den Grill anzuschmeißen.

Wer Teile seines Vermögens eingesetzt hat, um ergänzend unabhängig teilhabeberatend tätig werden zu dürfen, sollte auch überlegen, ob das nicht eher was zum Protestieren als zum Feiern ist: Einen Eigenanteil abliefern, ehe man dem Staat helfen darf, dessen Aufgaben zu erfüllen, das groovt nicht wirklich.

Mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) hat der Gesetzgeber besonders tief und unverfroren in die Trickkiste gegriffen: Im Licht der UN-BRK die Ausgabendynamik zu bremsen, weil die Euthanasie nicht mehr „wirkt“, macht sprachlos.

Die Verwaltung, die künftig nur noch auf Antrag und nicht mehr bei Kenntnisnahme tätig werden darf, meint, durch die Anhebung von Freigrenzen und anderen Neuerungen, Seh- und nicht Sehbehinderten Sand in die Augen streuen zu können. Brot und Spiele für‘s Volk, das hat Tradition und kennen wir aus dem Geschichtsunterricht.

Wer tatsächlich glaubt, dass sich die Teilhabemöglichkeiten signifikant verbessern werden, der kann ja Party machen. Wer eine Ahnung hat, was „Wirkungskontrolle“, „Mehrkostenvorbehalt“ und „Angemessenheit“ bedeuten und welche Wirkung sie in den Köpfen von Sozialplanern- und Finanzverwaltung zu entfalten im Stande sind, sollte da etwas verhaltener sein.

Und wessen Phantasie ausreicht, sich vorzustellen, warum es den Artikel 25 im BTHG gibt, bei dem dürfte ohnehin nicht wirklich Partystimmung aufkommen. Schon vergessen, dass die Frage des Zugangs zu den segensreichen Leistungen noch einer abschließenden Klärung bedarf? 

Ja, und dann sind nach wie vor Preise durch die „Bildung von Gruppen von Hilfeempfängern mit vergleichbarem Hilfebedarf“ zu kalkulieren. Und geshoppt werden darf sowieso nur bei Dienstleistern, die mit ihren Preisen im unteren Drittel zu finden sind. Und um die Hilfebedarfe überhaupt erfassen zu können, müssen die Sozialhilfeträger Mitarbeiter in erheblichen Größenordnungen einstellen, dass nicht mehr viel zu verteilen sein wird, weil schon das Zu- und Verteilen teurer geworden ist.

Mit dem BTHG kommt die größte Mogelpackung der letzten Jahre daher, sonst nichts! Und alle machen mit. Menschen mit Behinderungen brauchen kein neues SGB IX, sondern Aussagen und Regelungen zur Umsetzung der UN-BRK, insbesondere des Artikel 19.

Die „Trennung der Leistungen“ ist ja nun auch nicht gerade das, was dringend benötigt und den Teilhabeturbo anschmeißen wird. Das BTHG schließt eine Lücke, die vorher gar nicht bestand und statt Kompliziertes einfach zu machen, ist Einfaches komplizierter gemacht worden. Und das alles nur, um dem Bund eine Möglichkeit der Mitfinanzierung zu schaffen.

Kostenneutral sollen Leistungen vergütet werden, die, erstmalig in Deutschland, aus einer wissenschaftlich anerkannten Methode zur Bedarfs- bzw. Leistungsfeststellung hergeleitet werden. Wozu eigentlich, wenn es kostenneutral und ohne Kostenaufwuchs/ Leistungsausweitung zu geschehen hat?

Ja, und dass im privaten Wohnungsbau Barrierefreiheit nach wie vor so gut wie keine Rolle spielt, sagt selbst Hörbehinderten etwas.

Nein, Bratwurst und Bierstand sind nicht!

Was ist eigentlich „Wohnen in einer besonderen Wohnform“? Wie passt das zu Selbstbestimmung und dem vielzitierten Wunsch- und Wahlrecht? Wo bleiben eigentlich diejenigen unter den Anspruchsberechtigten, die am abhängigsten von wohlwollender und einfühlsamer Hilfe sind, die nicht sprechen können, die ihre Gefühle nicht steuern können, und die tagtäglich auf mehr als eine unterstützende Person angewiesen sind? In ihrem Sinne dürfte wohl eher das Protestieren und Kämpfen um den Erhalt bzw. die Verbesserung ihrer Teilhabe sein, als Sackhüpfen und Eierlaufen.

Wer protestiert eigentlich vor den Toren derer, deren Worte und Taten überdurchschnittlich wenig Deckungsgleichheit aufweisen und die zudem ein Erbe verwalten, das aus vielen Liegenschaften und Tagesgeldkonten besteht? Protest ist angesagt, und das in jedem Fall.

Vielleicht muss man sogar zuerst bei denen auf der Matte stehen, die sich aus lauter Freude, am Tisch der Mächtigen sitzen zu dürfen, auffallend wenig um die Distanz zwischen Reden und Handeln scheren und für die Nächstenliebe ein Geschäftsmodell geworden ist. Hätte der Mann, auf den sich alle kirchlichen Einrichtungen berufen, auch so gemacht, wenn sein Vater Betriebswirt gewesen wäre.

Gelbe Westen statt diese regenbogenfarbenen Transparente, von denen Begriffe wie „Inklusion“ und „Teilhabe“ herabtropfen, dass es einem graust.

Es reicht! Setzt die UN-BRK um, oder lasst es bleiben! Verschont uns vor Phrasen, Worthülsen und portionierten Nettigkeiten. Das BTHG habt Ihr gemacht und Ihr gewollt. Es regelt Eure Interessen und soll Euch helfen, die nach dem „Euthanasieknick“ wieder ansteigenden öffentlichen Aufwendungen für die Behinderten in den (Würge-) Griff zu bekommen.

Die (deutsche) Geschichte ist Beleg dafür, dass Menschen mit Behinderungen immer nur in dem Maße teilhaben können, wie der Staat dies will. Genau das ist der Grund, warum es den „Protesttag“ braucht. Und das ist, leider, auch der Grund, warum, welch Zufall, „Aktion Mensch“ lieber vom „Aktionstag“ spricht.

So gesehen gibt es noch viel zu tun. Ja, wir müssen am 05. Mai alle raus und protestieren! Die Botschaft: Wir sind da, wir sind viele, wir haben die Nase voll, wir fordern eine echte Umsetzung der UN-BRK! Mehr nicht. 

Aber auch nicht weniger.


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