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Foto: Dr. Sabine Wendt
MARBURG/LAHN (KOBINET) Dr. jur Sabine Wendt ist Rechtsanwältin und Expertin für Rechtsfragen von Werkstattbeschäftigten. kobinet-Redakteur Ottmar Miles-Paul sprach mit ihr über die Auswirkungen des derzeitigen Gesetzentwurfs zum Bundesteilhabegesetz auf behinderte Menschen, die in Werkstätten für behinderte Menschen arbeiten.
kobinbet-nachrichten: Frau Wendt, als ehemalige Rechtsreferentin für Werkstattfragen bei der Bundesvereinigung Lebenshilfe haben Sie sich mehr als 30 Jahre mit dem Werkstättenrecht beschäftigt. Was bringen die derzeitigen Pläne für das Bundesteilhabegesetz für Werkstattbeschäftigte?
Dr. Sabine Wendt: Der Gesetzentwurf für das Bundesteilhabegesetz ist ein Schlag ins Gesicht für all diejenigen, die es mit der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland ernst meinen. Es bleibt im Wesentlichen alles beim Alten: Statt Arbeitnehmerrechten und Mindestlohn bleibt das arbeitnehmerähnliche Rechtsverhältnis erhalten, und wird sogar auf „andere Anbieter“ als anerkannte Werkstätten für behinderte Menschen ausgedehnt. Die Bundesregierung verhöhnt die Werkstattbeschäftigen, wenn sie den Hungerlohn von 181 Euro monatlich „auskömmlich“ nennt. Es bleibt dabei, dass die Werkstattbeschäftigten den Kopf für eine Misswirtschaft der Werkstatt hinhalten müssen, da sie nur dann bezahlt werden, wenn nach Abzug aller Unkosten etwas für sie aus dem Arbeitsergebnis übrig bleibt.
International steht das deutsche Werkstattsystem als menschenrechtswidrig in der Kritik: Der Fachausschuss zur Überwachung der UN-Behindertenrechtskonvention hat 2015 Deutschland empfohlen, Schritte zur Abschaffung der Werkstätten für behinderte Menschen einzuleiten. Die Monitoringstelle des Deutschen Instituts für Menschenrechte verlangt in einer aktuellen Stellungnahme „Inklusiver Arbeitsmarkt statt Sonderstrukturen, warum wir über die Zukunft der Werkstätten sprechen müssen“ eine Diskussion über eine Brückenfunktion der Werkstätten für behinderte Menschen für einen Arbeitsmarkt ohne Segregation.
kobinet-nachrichten: Warum gibt es diese Diskussion nicht?
Dr. Sabine Wendt: Schuld ist die starke Lobby derjenigen, die an dem Erhalt des bisherigen Systems verdienen: Das sind zunächst die vielen tausend Beschäftigten der freien Wohlfahrtspflege in Werkstätten für behinderte Menschen, die auch in der Gewerkschaft Ver.di verhindern, dass der Beschluss des Gewerkschaftstags 2015 zum Mindestlohn in Werkstätten für behinderte Menschen vorangetrieben wird, den kennt kaum jemand. Auch die Wirtschaft verdient an dem Niedriglohnsystem der Werkstätten für behinderte Menschen bestens und kann sich damit von der Beschäftigung Schwerbehinderter freikaufen. Bei den zuständigen Reha-Trägern und im Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt es ebenfalls ein Interesse am Systemerhalt: ein billiger Sonderarbeitsmarkt für schwerbehinderte Menschen verhindert, dass über Leiharbeit und Werkverträge als Grundlage für prekäre Arbeitsverhältnisse auch für arbeitnehmerähnliche Beschäftigte nachgedacht werden muss. Dieses Zwei-Klassen-Arbeitsrecht ist menschenrechtswidrig, wie die Monitoring-Stelle zu Recht feststellt.
kobinet-nachrichten: Wie kann die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in diesem Bereich voran gebracht werden?
Dr. Sabine Wendt: Auf politischer Ebene ist es nur die LINKE, die ohne wenn und aber die Einhaltung fordert, und durch eine große Anfrage im letzten Jahr auch den Arbeitnehmerstatus und den Mindestlohn für Werkstattbechäftigte gefordert hat. Die Grünen drücken sich da vor einer offenen Positionierung, von den Regierungsparteien ganz zu schweigen. Ich hoffe auf mehr Interesse bei Ver.di, wenn es gelingt, die Zahl der organisierten behinderten Werkstattbeschäftigten zu stärken. Die Gewerkschaften sind schließlich diejenige gesellschaftliche Kraft, die sich an erster Stelle gegen Diskriminierung in der Arbeitswelt zur Wehr setzen muss.
Schon heute ließe sich viel erreichen, wenn langjährig auf Außenarbeitsplätzen Beschäftigte einfach mal die Feststellung ihrer Arbeitnehmereigenschaft mit gewerkschaftlichem Rechtsschutz gerichtlich durchsetzen würden. Man denke nur an die wachsende Zahl der psychisch Kranken in Werkstätten für behinderte Menschen, die es bisher widerspruchslos hinnehmen, dass sie mit dem Eintritt in die Werkstatt ihren bisherigen Arbeitnehmerstatus verlieren.
kobinet-nachrichten: Ist nicht wenigestens das Budget für Arbeit im Bundesteilhabegesetz ein Fortschritt?
Dr. Sabine Wendt: So lange das arbeitnehmerähnliche Rechtsverhältnis fortbesteht, ist das für Arbeitgeber die erste Wahl, und entwertet das Budget für Arbeit, das einen Arbeitnehmerstatus verlangt. Das zeigt sich in allen Bundesländern, in denen es schon seit Jahren besteht: Die Außenarbeitsplätze expandieren auch dort, ein Überwechseln in das Budget für Arbeit findet so gut wie nicht statt. Sonst entgeht den Werkstätten für behinderte Menschen als auch der Wirtschaft der damit erzielte Verdienst. Die Betroffenen wehren sich nicht einmal dagegen, dass die Werkstätten ihnen nicht den von dem Arbeitgeber an sie gezahlten Lohn vollumfänglich auszahlen, sondern begnügen sich mit dem Rest aus dem Arbeitsergebnis, dem ihre Löhne zugeschlagen werden. Das wäre eine Aufgabe der Werkstatträte, das mal zu ändern. An der Unterstützten Beschäftigung, die mit nur ca. 5.000 Teilnehmern vor sich hin dümpelt, zeigt sich ebenso wie bei dem Budget für Arbeit, dass nur Neueinsteiger dieses Instrument nutzen. Wer im System Werkstatt drin ist, kommt nur schwer wieder raus, weil die Verantwortlichen daran kein wirkliches Intersse haben. Das habe ich bei meiner langjährigen Beschäftigung mit diesem Thema immer wieder erfahren. Es ist wie überall im Leben, nur wenn die selbst Betroffenen sich wehren, ändert sich etwas.