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DANKE

Protest vor dem Kanzleramt am 4.Mai 2016
Protest vor dem Kanzleramt am 4.Mai 2016
Foto: Irina Tischer

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Protest vor dem Kanzleramt am 4.Mai 2016
Foto: Irina Tischer

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Protest vor dem Kanzleramt am 4.Mai 2016
Foto: Irina Tischer

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Protest vor dem Kanzleramt am 4.Mai 2016
Foto: Irina Tischer

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Protest vor dem Kanzleramt am 4.Mai 2016
Foto: Irina Tischer

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Protest vor dem Kanzleramt am 4.Mai 2016
Foto: Irina Tischer

KASSEL (KOBINET) Mahnwachen bei 34 Grad, eine Vielzahl kreativer Aktionen und großer Mut vieler behinderter Menschen, die von den geplanten Regelungen des Bundesteilhabegesetzes betroffen sind oder sich für andere einsetzen, die getroffen werden können, das kennzeichnete die Diskussionen der letzten Wochen zum Bundesteilhabegesetz. Auch wenn der Kampf für ein gutes Bundesteilhabegesetz noch lange nicht vorbei ist, sagt kobinet-Redakteur Ottmar Miles-Paul vor der morgigen Kabinettsentscheidung zum Bundesteilhabegesetz in seinem Kommentar schon einmal DANKE.

Wenn wir heute viele S-Bahnen, Straßenbahnen und Busse nutzen können, die weitgehend barrierefrei sind oder wenn wir heute viele Gebäude haben, die über Rampen und Aufzüge verfügen, von denen alle profitieren, dann wird das leicht als Selbstverständlich genommen. Kaum jemand, der heute beispielsweise einen Rollator nutzt oder mit dem Kinderwagen unterwegs ist, denkt dabei an diejenigen, die hart und mühsam über viele Jahre hinweg für Barrierefreiheit gekämpft haben. Das ist wahrscheinlich auch gut so, denn es sollte eigentlich normal sein. Und so wird es wohl auch denjenigen gehen, die später einmal Leistungen in Anspruch nehmen werden, für die behinderte Menschen derzeit hart kämpfen, denn auch diese sollten selbstverständlich sein. Deshalb gebührt all denjenigen heute schon einmal großer Dank, die in diesen Tagen trotz Wind und Wetter, trotz so mancher Stigmatisierung als Selbstdarsteller oder sonstiger Begriffe, die gerne für diejenigen gefunden werden, die unbequem sind und nicht im Mainstream des Bejubelns von Gesetzesänderungen schwimmen, die alles andere als bejubelnswert sind, für ihre und die Rechte anderer Menschen kämpfen.

Und dieser Dank kann nicht laut genug ausfallen, denn so richtig unbequem zu sein, ist in der heutigen Zeit der ausgefeilten und trickreichen Kommunikation und in einer Zeit, in der es nicht gerade in ist, zu protestieren, nicht so einfach. Doch wenn sich behinderte Menschen und ihre UnterstützerInnen bei 34 Grad zu Mahnwachen zusammen finden, wenn sie sich mühsam in eine hochkomplexe Gesetzessprache reinfummeln und dazu öffentlich Stellung nehmen und wenn sie Gefahr laufen, für nicht angemeldete Aktionen Strafen zu kassieren, dann gebührt denjenigen großer Dank.

Wer morgen behindert wird und erleben muss, dass ihm gesagt wird, dass er die Unterstützung, die er aufgrund seiner nun eingetretenen Behinderung dringend braucht, erst einmal selbst bezahlen muss, bis er nicht mehr mehr als 50.000 Euro gespart hat. Wer auf diese Weise erlebt, dass die mühsam gesparte Alterssicherung bzw. Absicherung seiner Familie so Stück für Stück baden geht und dann noch hört, dass es ein großer sozialpolitischer Erfolg ist, dass er nun immerhin so viel Geld sparen darf, der wird bedauern, dass es nicht mehr Menschen waren, die in diesen Tagen protestieren.

Wer morgen beispielsweise eine psychische Beeinträchtigung bekommt und erleben muss, dass ihm gesagt wird, dass er die Hilfe, die er dringend braucht, nicht bekommt, weil er nur in zwei von neun Bereichen behindert ist und damit keine Hilfe bekommt. Wer dann erlebt, wie er zusehends in die Isolation abgleitet und aufgrund der fehlenden Hilfe letztendlich in der Psychiatrie landet, auch der wird bedauern, dass es nicht mehr Menschen waren, die in diesen Tagen protestieren. Die Argumentation, dass mit dieser Regelung ein neues Bild von Behinderung und die ICF umgesetzt werden soll, wird ihm wahrscheinlich nur schwer einleuchten, so wie vielen anderen dieses Verständnis der Bundesregierung auch nicht einleuchtet. Ermessensspielraum hin oder her.

Wer morgen körperlich behindert wird und erleben muss, dass ihm in der Teilhabekonferenz geraten wird, aus seiner Wohnung auszuziehen und doch besser in eine Wohngruppe zu ziehen, weil das kosteneffizienter ist und die gemeinschaftliche Leistungserbingung doch große Vorteile bietet. Wenn er dann erlebt, wie abhängig er von einer schnell gewährten Hilfe ist und schließlich Ja sagt, um überhaupt weiter klar zu kommen, der wird wahrscheinlich schnell bedauern, dass er sein Leben nun dem Alltag und Dienstplan in der Wohngruppe anpassen muss, statt mit persönlicher Assistenz leben zu können. Auch der wird bedauern, dass es nicht mehr Menschen waren, die gegen diese vermeintlich tolle gemeinschaftliche Leistungserbringung protestiert haben.

Und überhaupt fragen sich viele derjenigen, die sich für ein Bundesteilhabegesetz einsetzen, dass eigentlich die UN-Behindertenrechtskonvention und damit die Menschenrechte behinderter Menschen umsetzen sollte, wie es dazu kommen konnte, dass sie nun plötzlich gegen drohende Verschlechterungen kämpfen müssen, anstatt dass für diejenigen, die heute noch in Sonderwelten leben müssen, die Türen zu einem gleichberechtigten Leben mitten in der Gesellschaft weit geöffnet werden, was da eigentlich passiert ist. Und natürlich, warum dagegen nicht mehr Menschen protestieren. Und es gäbe noch viel mehr Fragen. Deshalb ist es heute angebracht, all denjenigen erst einmal zu danken, die die Mühen, zu protestieren, auf sich nehmen, um für sich und viele anderen zu verhindern, dass sie später im Paragraphendschungel, in Ermessensspielräumen, in Effizienzsteigerungen oder in Einsparpotentialen untergehen und dabei zum Einzelfall werden. DANKE und macht bitte weiter, denn auch der Kabinettsbeschluss für das Bundesteilhabegesetz wird nur Nuancen von Verbesserungen bringen, die ein schlechtes Gesetz nicht gut machen. Ein Dank gebührt natürlich auch all denjenigen, die ernsthaft und engagiert vor und hinter den Kulissen für ein Bundesteilhabegesetz streiten, das diesen Namen verdient, ohne Dinge schön zu reden und zentrale Positionen aufzugeben.