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Foto: Gunther Neumann
KASSEL (KOBINET) Rheinsberg – Ein Bilderbuch mit Polio-Fachtagung, nannte kobinet-Autor Gunther Neumann seinen Bericht von einer Fachtagung des Bundesverbands Poliomyelitis e.V., die vom 16. bis 18. Juni im barrierefreien Hotel HausRheinsberg stattfand. Referate und Workshops beschäftigten sich mit der ganzen Bandbreite der Problemstellungen und Schwierigkeiten, die zum Beispiel das Post-Polio-Syndrom (PPS) für die Betroffenen darstellt. Am Ende war der Autor unsicher, wofür er die Kurtaxe für seinen Besuch in Rheinsberg entrichtet hatte.
Von Gunther Neumann
Grundtenor der in den Workshops behandelten Fragestellungen war häufig, wie man als PPS-betroffene Person zum Beispiel die gekaufte oder gemietete – und ursprünglich auf Nichtbehinderte ausgelegte – Wohnung so umgestaltet, „dass man darin zurechtkommt“. Selten wurden radikale Brüche mit dem bisherigen Leben diskutiert, was verständlich ist, denn die Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Kongresses waren überwiegend im Rentenalter bzw. gingen darauf zu. Man ist nicht geneigt, das, was man bis dahin geschaffen hat, einfach aufzugeben.
So wurde es auch von einer Referentin als großer Schritt angesehen, dass „notfalls das Ehebett raus muss“. Der Verfasser dieser Zeilen gibt zu bedenken, dass sich in ein Ehebett durchaus ein höhenverstellbares Bett mit Elektro-Lattenrost einbauen lässt, was den Auszug des Ehepartners bzw. der Ehepartnerin aus dem gemeinsamen Schlafzimmer unnötig macht.
Aus Kassel waren zwei Mitglieder des Polio-Bundesverbands als Referenten geladen: Carola Hiedl, Vorstandsmitglied des Vereins zur Förderung der Autonomie Behinderter, fab e.V., in Kassel und bis zu ihrer Berentung Psychologin in einer Reha-Klinik in Bad Zwesten, sowie Uwe Frevert, im fab e.V. als Berater zuständig für den Fachbereich Persönliches Budget/ Persönliche Assistenz und zugleich Vorstandsmitglied der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland – ISL. Zusammen referierten sie über das Thema „Pflegebedürftig und selbstbestimmt – geht das zusammen?“
Uwe Frevert blickte zurück auf die eigene Geschichte: Mit knapp zwei Jahren an Polio erkrankt, den Eltern wurden trotz schon existierenden Bundessozialhilfegesetzes kaum Hilfen eröffnet, weshalb zehn Jahre Aufenthalt im Polio-Krankenhaus München folgten. Später, in der Pfennigparade, einer großen Behinderteneinrichtung in München, gründete er mit Freunden und dem blinden Heimleiter August Rüggeberg den ersten ambulanten Hilfsdienst in Deutschland.
Uwe Frevert erläuterte den Begriff der Assistenz, der keine rechtlich abgesicherte, fest geschriebene Bedeutung hat, sondern von den Mitarbeitern der ISL e.V. in die öffentliche Debatte eingebracht wurde. Er erklärte auch, dass das betreute Wohnten, das einige aus dem Auditorium als mögliche zukünftige Wohnform ins Spiel brachten, ein pädagogisches Angebot z. B. für psychisch Erkrankte oder Menschen mit kognitiver Behinderung ist. Bei Körperbehinderten nach Polio ist es eher selten sinnvoll. Er warnte davor, dass ein falsch verstandenes Streben nach Selbständigkeit eine Überbeanspruchung der eigenen körperlichen Ressourcen zur Folge haben kann.
Carola Hiedl blickte zurück auf die ersten beiden Male, in denen sie Uwe Frevert begegnete, nämlich zum ersten Mal, als er in den Achtzigerjahren den Internationalen Post-Polio-Syndrom-Kongress in München initiierte und leitete, und zum zweiten Mal, als sie sich von ihm im fab e.V. hinsichtlich der Möglichkeiten des persönlichen Budgets beraten ließ. Als Kind erkrankte sie mit drei Jahren an Polio und konnte in der Folge nur einen Arm eingeschränkt bewegen. Es folgte die Gipsschale, die Skoliose verhindern sollte, und nachts die Eiserne Lunge.
Für die Schwachen, so Carola Hiedl, gäbe es nie Garantien, die immer gewährt werden und den Bedürftigen dauerhaft Sicherheit bieten. Das Eis der Zivilisation bleibe dünn. Verschiedene Kostenträger ermöglichten es Carola Hiedl, ein Internat zu besuchen, Fahrschule und Ausbildung zu absolvieren und schließlich einen gut bezahlten Beruf zu ergreifen. Das durch PPS zunehmende Schwächer-Werden drängte allerdings auch sie an die Grenzen ihrer finanziellen Möglichkeiten.
Diesen Umstand griff Uwe Frevert bei seiner detaillierten Schilderung der Voraussetzungen eines Persönlichen Budgets mit mehreren Kostenträgern auf: Keine Finanzquelle, so Frevert, sei so stark wie die Sozialhilfe. Ohne sie sei bedarfsgerechte Pflege nicht zu finanzieren. Deshalb sei es sinnvoll, den Schritt zur Beantragung der Sozialhilfe frühzeitig ins Auge zu fassen. Carola Hiedl unterstützte Uwe Freverts These: Assistenz sei nun einmal teuer, und irgendwann sei die Sozialhilfe unvermeidbar. Dies, fügte Uwe Frevert hinzu, sei eine derzeit eine „ekelhaft schmeckende Kröte“, die man für ein qualitativ besseres Leben schlucken müsse.
Das rief heftigen Widerspruch im Auditorium hervor. Sozialhilfe, hörte man, sei ein Weg in die Abhängigkeit, man „müsse sich nackig machen, bis man kein Geld mehr“ habe, und dann sage das Sozialamt, was gemacht werden darf. Die ewige Bettelei und die Behördengänge habe man nicht, wenn man sich in ein Heim einweisen lasse, dort habe man noch 99 Euro für den Friseur und alles andere sei geregelt.
Dies war nun eine Kröte, die die Selbstbestimmt-leben-Bewegung schlucken musste. Nach siebzehn Stunden Dauerregen über Brandenburg zeigte sich Rheinsberg am frühen Abend frisch gewaschen. Der Schreiber dieser Zeilen ging hinaus, um das Terrain zu erkunden; schließlich hatte er, wie alle anderen auch, Kurtaxe zu entrichten gehabt. Während andere Tagungsteilnehmer und –teilnehmerinnen den Abend im Hotel mit Blick auf den Grienericksee verbrachten, barrierefrei und mit allen Annehmlichkeiten, tauchte der Autor in die Welt außerhalb des Hotels ein und sah Gespenstisches.
In einem Gebäude der Schlossanlage fand ein Konzert statt. Menschen mit Sektglas standen im Eingang, andere strömten dezent festlich gekleidet heran – vorbei an schwarzgekleideten, teils kahlköpfigen Vertretern der Rechten, die unter einer wenig authentischen Flagge mit preußischem Adler und Polizeibeobachtung elektrisch verstärkt vor „undeutschem Leben“ warnten. Nicht eine Person aus der Reihe der Besucher des Konzerts im Schloss wandte den Blick dorthin oder hob auch nur die Augenbrauen. Dort das angenehm umsorgte Dasein im Hotel, hier die Kulturveranstaltung in klassizistischer Parklandschaft und da der Hass auf alles Fremde. Drei Welten, zeitgleich an einem Ort, ohne sich zu berühren, aber auch, ohne sich gegenseitig voneinander abzustoßen. Der Autor, unsicher geworden, wofür nun er die Kurtaxe entrichtet hatte, reiste am nächsten Morgen ab.