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UNBEKANNT (KOBINET) Gegeben wurde das Schauspiel: Bundesteilhabegesetz. Ein hoch subventioniertes Politschmierentheater bringt zur Aufführung dem erstaunten Publikum ein volkstümliches Charakterstück in ungezählten Akten(ordnern).
So schrieb der römische Dichter Horaz (65-8 v.Chr.) in Vers 139 seiner „Ars poetica (Die Kunst der Poesie)„. Auf Lateinisch heißt es im Originaltext des Dichters: „Parturient montes, nascetur ridiculus mus„. Dieser Ausspruch zielt auf jene Menschen, die nichts einhalten von dem, was sie versprechen, die mit beeindruckenden Gebärden und großtuerischem Gehabe eindrucksvolle Vorbereitungen treffen und bedeutungsvolle Ankündigungen annoncieren, wobei am Ende aber nichts herauskommt.
Gegeben wurde das Schauspiel: Bundesteilhabegesetz. Ein hoch subventioniertes Politschmierentheater bringt zur Aufführung dem erstaunten Publikum ein volkstümliches Charakterstück in ungezählten Akten(ordnern).
Bertolt Brecht: Das Lied von der Unzulänglichkeit des menschlichen Strebens.
Und am Ende der Rummelplatzveranstaltung: „Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen / Den Vorhang zu und alle Fragen offen“ (aus „Der gute Mensch von Sezuan“ von Bertolt Brecht). Wieder war alles nur Kulissenschieberei. Die Tanzmäuse im Rampenlicht der politischen Schauspielbühne feiern ihre Darstellungskünste und lassen das Konfetti und die Luftschlangen in die Notizbücher ihrer Hofberichterstatter niederflattern, und die Korken knallen in der Garderobe des Panoptikums. Das war’s. Das Stück ist aus, wir gehen nach Haus, rabimmel, rabammel, rabumm.
Verschlechterung von Behindertenrechten, Fortsetzung von Aussonderung, Benachteiligung und Diskriminierung, verpackt in Etikettenschwindel, Verhöhnungen, und geheuchelten Lippenbekenntnissen. Das soll es also gewesen sein? fragen wir uns belämmert und schauen ratlos drein. Haben wir uns wirklich so viel versprochen davon? Haben wir wirklich daran geglaubt, dass eine Politik, die das Jammertal schafft, uns aus diesem Jammertal erlöst?
Warum nicht? Wir Behinderte dürfen nicht mehr benachteiligt werden, das haben sie für uns ins Grundgesetz geschrieben, die Herrschaften. Wir haben ein Bundesgleichstellungsgesetz bekommen und ganz, ganz viele Landesgleichstellungsgesetze mitsamt den Instrumenten von freiwilligen Zielvereinbarungen. Wir haben ein Antidiskriminierungsgesetz bekommen. Die UN-Behindertenrechtskonvention wurde ratifiziert, in aller Munde ist die Barrierefreiheit, und die Inklusion ist eine ausgemachte Sache.
Das wäre so schön. Es hätte nur klappen müssen. Hätte, wäre, wenn – ist aber alles nicht.
Die Regierung wollte doch, jedenfalls in ihren Ankündigungen und ihren Großkoalitionären Verstotterungen. Diesmal wollten sie nach 40 Jahren Drückebergerei endlich ein gutes Bundesteilhabegesetz mit uns zusammen machen. Das haben sie selbst gesagt, die Oberen. Und dann ist jetzt plötzlich etwas schief gegangen. Die Regierenden haben den Vorwärtsgang mit dem Rückwärtsgang verwechselt, und das auch noch auf der Standspur.
Nichts gegen Wunschträume, aber war denn wirklich ernsthaft mit etwas anderem zu rechnen?
Von der CDU/CSU hat wohl niemand, der über ein wenig politischen Realitätssinn verfügt, etwas anderes erwarten dürfen als weihevolle Sonntagsreden und dem Fetisch der schwarzen Null zuliebe ein Vergelt’s Gott im Jenseits. Und von der SPD in Regierungsbeteiligung ist man es doch seit jeher gewohnt: links blinken und dann rechts abbiegen.
So ist das im Politischen Prekariat der Advokaten der Umverteilung von unten nach oben, der Götzen(ver)diener des großen Kapitals und der sozial schwachen Panama-Ganoven.
Der Abspann läuft.
Jetzt werden wir aufpassen müssen, dass die politischen Geisterfahrer am gedeckten Regierungstisch (wer verdammt noch mal hat die bloß gewählt?) ihr Bundesteilhabeverhinderungsgesetz uns nicht derart um die Ohren hauen, dass uns Hören und Sehen und Laufen vergeht. Denn wo dieses Exekutivkomitee der Exklusionvollstrecker „Teilhabe“ draufschreibt, da ist allenfalls ihre rührselige Anteilnahme an der Schicksalhaftigkeit unserer „Leiden“ drin. Wegen der abendländischen Leidkultur und so. Selbstverständlich unter der Berücksichtigung des Kostenvorbehalts.
Ist damit für uns ein Traum geplatzt?
Nein. Bloß eine Illusion wurde enttäuscht. Abermals krähte der Hahn. Die Illusion, dass die Regierungsparteien in Deutschland, wo wir bis vor vier oder fünf Jahrzehnten in den meisten Köpfen noch als Krüppel, Unnütze Fresser und Ballastexistenzen galten und danach erst allmählich als Behinderte (weil man uns zwar nur noch vorgeburtlich abschaffen und das Jammertal von uns erlösen, aber weiterhin ungestraft behindern darf), uns als gleichberechtigte Teilhaber der Gesellschaft anerkennt, ist zerplatzt. Wieder einmal. Das ist nicht schön, aber es ist das Ende einer Täuschung.
Bertolt Brecht: An die Nachgeborenen.
Unser Erkenntnisgewinn: Wir bekommen die aggressive Beutelschneiderei des Raubtierkapitalismus immer deutlicher zu spüren. Wer es bisher noch nicht verstanden hat, der kann vielleicht allmählich nachvollziehen, wie sich die Menschen in Griechenland fühlen, denen die aufgezwungene eiskalte deutsche Kahlschlagspolitik das letzte Hemd raubt. Wenn nicht vielen von uns schleunigst das Licht aufgeht, dass wir in diesem System und in dieser Berliner Austeritätsdiktatur keine politischen Partner, sondern rigorose Gegner haben, dann wird unsere Lage immer finsterer werden.
Verloren haben wir nur eine Illusion. Jetzt müssen wir uns stattdessen für massive Abwehrkämpfe rüsten. Gewonnen haben wir aber das Bewusstsein: Unsere Nächte können phantasievoller sein als die Tage unserer Gegner.
Sigi Maron: Leckts mi am Oasch-Ballade von ana hortn Wochn.
Und dann habe ich noch entdeckt bei blogsheet.info:
Eine Anleitung zum Kochen von Fröschen
(kleines Lehrstück für alle, die sich nicht mehr von Schurkenpolitikern abkochen lassen wollen)
„Man nehme einen Topf mit Wasser, eine Herdplatte und einen Frosch beliebiger Farbe. Wenn nun das Wasser im Topf zum kochen gebracht und der Frosch hinein gesetzt wird, so wird er augenblicklich die Flucht ergreifen und aus dem Topf hinaushüpfen.
Wenn aber selbiger Frosch in kaltes Wasser gesetzt wird, dann bleibt er ganz ruhig an Ort und Stelle. Er hat ja keinen Grund dem Topf zu entkommen und fühlt sich im kühlen Nass wohl. Jetzt wird aber die Herdplatte unter dem Topf angeschaltet, so dass das Wasser ganz langsam immer wärmer und wärmer wird. Der Frosch im Topf nimmt die Temperaturänderung kaum war, er toleriert die langsame Zunahme der Wärme und passt sich dieser laufend an. Dadurch, dass der Prozess so langsam von Statten geht, merkt er gar nicht, wann es wirklich kritisch für ihn wird. Die Hitze ist dann so sehr gestiegen, dass es ihm nicht mehr möglich ist sich zu bewegen und aus dem Topf zu hüpfen. Der Frosch bleibt tatsächlich so lange sitzen, bis es zu spät ist und er kocht..„