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MüNCHEN (KOBINET) Der Münchner Verein VbA-Selbstbestimmt Leben ist erschüttert über den Arbeitsentwurfs für ein Bundesteilhabegesetz. Seit Mitte Januar kursiert ein Entwurfspapier aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales, das zwar nicht dem aktuellen Stand des für nächste Woche angekündigten Referentenentwurfs für ein Bundesteilhabegesetz entsprechen wird, allerdings erkennt der Münchner Verein darin keinerlei Tendenzen, die Situation für Menschen mit Behinderung nachhaltig zu verbessern. Eine Erklärung des Selbstbestimmt Leben Zentrums in München erreichte heute die kobinet Redaktion.
Versprochen wurde Menschen mit Behinderungen aus der Sozialhilfelogik herauszuführen und ihnen ein gleichberechtigtes Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen. Damit solle auch endlich die UN Behindertenrechtskonvention in Deutschland umgesetzt werden. Les man allein nur die Einleitung, werde klar, dass bisher nur leere Versprechen gemacht wurden und man nun befürchten müsse, dass sich die bereits jetzt schon untragbaren Zustände noch weiter verschlimmern werden. In Wahrheit werde ein großes Sparpaket gestrickt, das die Züge von Bevormundung trägt und letztlich sogar Zwangseinweisungen in Heime nach sich ziehen könne. Die selbstbestimmte und gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen werde nach Ansicht des VbA mehr verhindert als gefördert.
„Wir nehmen lediglich zu einem kleinen Ausschnitt des Entwurfspapiers Stellung und beleuchten, was wir mit einem solchen Bundesteilhabegesetz befürchten“, heißt es vonseiten des VbA. Dieser bekräftigt:
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Statt das Selbstbestimmungsrecht behinderter Menschen zu stärken, wird es weiter deutlich eingeschränkt. Bereits jetzt können Sozialämter Leistungen ablehnen, die ihnen zu teuer erscheinen. Allerdings nur dann, wenn es eine billigere Alternative gibt, die dem behinderten Menschen zugemutet werden kann, also mit seinem Lebensentwurf vereinbar ist. Das gilt zum Beispiel, wenn als Alternative zum Leben in der eigenen Wohnung ein Heimplatz zur Diskussion steht. Diese schützende Einschränkung soll zukünftig weg fallen, so dass ausschließlich die Kosten zählen werden. Das bedroht vor allem Menschen, die viel Unterstützung (zum Beispiel 24 Stunden Assistenz) benötigen. Somit wird der bereits existierende Mehrkostenvorbehalt gestärkt, anstatt im Sinne der UN Behindertenrechtskonvention ersatzlos gestrichen zu werden.
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Eine weitere Einschränkung wird sich ergeben: Sozialämter sollen behinderte Menschen künftig dazu zwingen können, Leistungen gemeinsam in Anspruch zu nehmen. Das schränkt das Leben und seine individuelle Gestaltung drastisch ein. Etwa wenn sich drei behinderte Menschen, die nahe beieinander wohnen, in der Nacht einen Assistenten teilen müssen. Außerdem widerspricht es dem Grundsatz, dass behinderte Menschen selbst bestimmen sollen, wer sie unterstützt und wie sie leben wollen. Der Artikel 19 der UN Behindertenrechtskonvention wird damit komplett ignoriert. Allein diese Idee der Autoren zeigt, dass es tatsächlich nicht um die Verbesserung der gleichberechtigten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben von Menschen mit Behinderung geht, sondern massiven Sparvorgaben in dem geplanten Bundesteilhabegesetz nachgegangen wird.
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Die Anrechnung der Einkommen von behinderten Menschen und ihrer Angehörigen wird zwar komplett neu geregelt, von einer „deutlichen Reduzierung“ kann aber keine Rede sein. Viele behinderte Menschen müssen künftig sogar mehr zahlen als bisher. Somit wird ein Zustand fortgeschrieben, der berufstätige behinderte Menschen gegenüber Nichtbehinderten eklatant benachteiligt: Behinderte Arbeitnehmer zahlen genau wie Nichtbehinderte Steuern und leisten ihren Beitrag für die sozialen Sicherungssysteme. Dennoch werden sie zusätzlich zur Kasse gebeten, nur weil sie mit einer Behinderung leben und auf dauerhafte Unterstützung angewiesen sind. Das ist eine Diskriminierung, die gegen die Behindertenrechtskonvention verstößt und behinderten Menschen ihre Gleichberechtigung verweigert. Daran ändert die Tatsache nichts, dass der Freibetrag für Vermögen steigen soll. Arbeit wird sich also auch in Zukunft nur eingeschränkt für Menschen mit Behinderung lohnen.
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Der Entwurf beschreibt erstmals grundsätzlich den Anspruch auf Assistenzleistungen. Diese sollen aber entweder nur von qualifizierten Fachkräften oder (für Assistenz im Ehrenamt) durch Menschen aus dem familiären, befreundeten oder nachbarschaftlichen Umfeld erbracht werden. Letzteres wenn möglich auch noch unbezahlt. Dies ist eine unzumutbare Beschneidung der Selbstbestimmung von behinderten Menschen, die auf Assistenz angewiesen sind und gefährdet tausende Arbeitsplätze von geeigneten AssistentInnen, die behinderte Menschen bereits jetzt fachlich versiert unterstützen. Darüber hinaus ist sie geeignet, ehrenamtliches Engagement von behinderten Menschen zu verhindern. Persönliche Assistenz, wie sie von tausenden von Menschen mit Behinderung in Deutschland zu einer selbstbestimmten Lebensführung in der eigenen Wohnung bereits genutzt wird, wurde von den Autoren des Entwurfspapiers schlichtweg nicht verstanden. Dies verwundert umso mehr, da immer wieder vom Ministerium auf ein ausführliches Partizipationsverfahren der Behindertenverbände hingewiesen wird.
Der vorliegende Arbeitsentwurf enttäuscht nach Ansicht des VbA auf ganzer Linie und orientiert sich kaum an den Verpflichtungen der UN Behindertenrechtskonvention und den Empfehlungen aus der Staatenprüfung Deutschlands bei den Vereinten Nationen. Das sei aus menschenrechtlicher Perspektive und angesichts erhöhter Steuereinnahmen inakzeptabel. Statt der versprochenen Verbesserung befürchtet der VbA deutliche Verschlechterungen auf Kosten von Menschen mit Behinderung. Jahrelange Entwicklungen in der Behindertenpolitik würden mit einem Schlag zunichte gemacht. Eine Fortentwicklung von Inklusion und Teilhabe im Sinne der UN Behindertenrechtskonvention sei nicht zu erkennen.
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