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Mitwirkungspflicht bei Erbschaft

Alexander Hübner
Alexander Hübner
Foto: Christian Hübner

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Alexander Hübner
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Alexander Hübner
Foto: Christian Hübner

MüNCHENBERNSDORF (KOBINET) Von einem Hilferuf einer Assistenznehmerin berichtet heute der stellvertretende Vorsitzende des Bundesverbandes selbstbestimmter Assistenz behinderter Menschen ForseA e.V., Alexander Hübner: "Aus meiner Beratungspraxis bin ich ja allerhand gewöhnt. Aber dieser Hilferuf nimmt selbst mir den Atem. Die Sozialämter machen anscheinend vor nichts mehr halt." Hübner übermittelte den kobinet-nachrichten einen anonymisierten Auszug aus dem Brief.

„Ich werde nach wie vor vom Sozialamt gequält. Wie Sie ja wissen, haben mein Lebenspartner und ich ein Haus gebaut. Im Frühjahr 2015 ist die Mutter meines Lebenspartners verstorben und hat ein Haus mit Grundstück hinterlassen, dazu ein Sparbuch.

Es besteht eine Erbengemeinschaft, deren Zusammensetzung noch nicht geklärt ist. Es werden zwischen 2 und 4 Personen sein. Das Erbscheinverfahren läuft noch. Erbschein steht also noch aus. Demzufolge ist auch noch kein Geld geflossen bzw. Eingang auf seinem Konto verbucht.

Nun kam vom Sozialamt ein ganz mieser Brief. Er war an uns beide gerichtet. Darin droht das Amt mit Einstellung der Zahlung, Kürzung oder sogar mit der Rückforderung von zu Unrecht erhaltenen Leistungen (persönliches Budget). Begründung: Sie hätten erfahren, dass die Mutter meines Lebenspartners 2015 verstorben ist. Wir hätten diese Angabe bisher nicht beim Amt gemeldet.

Da am 31.03.2016 der aktuell bewilligte Leistungsbescheid ausläuft und die Weiterbewilligung ab 01.04.2016 in akuter Gefahr ist, möchte ich gerne von Ihnen erfahren, wie ich mich jetzt in der Kürze der Zeit weiter verhalten soll? Laut einer ersten rechtlichen Beratung könnte eine Lösung darin bestehen, dass mein Lebenspartner aus dem Haus auszieht, da dann keine Bedarfsgemeinschaft mehr besteht.“

Alexander Hübner: „Diesen Brief möchte ich an alle weiterleiten, die irgendwie mit dem Teilhabegesetz befasst sind. Hier werden von einer Behörde Menschenrechte mit den Füßen getreten. Der Lebenspartner wird quasi vor die Wahl gestellt, sich von der behinderten Frau zu trennen oder den Teil des Vermögens seiner Mutter, der auf ihn fällt, an das Sozialamt weiterzugeben. Schutz des Eigentums und der Familie? Doch nicht für Menschen mit Behinderung! Es ist ohnehin schwierig genug, als Mensch mit einer Behinderung einen anderen Menschen zu finden, der unser Leben teilen möchte. Und dann kommt das Sozialamt und grätscht mitten rein in diese Beziehung. Die Würde des Menschen, sofern er behindert ist, wird ignoriert. Noch ist kein Geld geflossen, dennoch droht das Sozialamt mit Leistungseinstellung. Dass die Frau ohne Hilfe nicht existieren kann, interessiert die Behörde anscheinend nicht. Aus dem Hausbau liegen doch sicher auch noch Schulden vor. Auch diese Frage hätte die Behörde vor ihrem anmaßenden Schreiben klären müssen. Aber es sind nicht nur die Grundrechte, die hier verletzt werden. Nach der Rechtsprechung sind alle Gesetze, also auch die einschlägigen Regelungen des SGB XII im Lichte der Behindertenrechtskonvention (BRK) neu zu interpretieren. Behinderte Menschen haben, das sieht man an diesem Beispiel sehr deutlich, weit über die willkürliche, diskriminierende Wegnahme von Einkommen und Vermögen hinausgehende Probleme. Sie sind einer Behörde schutzlos ausgeliefert. Warum begreift niemand, dass es hier um das Schicksal eines Menschen geht, der keine Zeit hat, monate- oder gar jahrelang auf sein Recht zu warten. Der Gesetzgeber früherer Zeiten hat Institutionen geschaffen, um Menschen mit Behinderung zu helfen. Dieser Gedanke wurde jedoch sehr rasch konterkariert, indem die Kostenträger der Sozialhilfe sich als Bollwerk gegen die Ansprüche behinderter Menschen verstehen. Hier werden uns nicht nur unser Geld, sondern auch Freiheit, Menschenrechte und unsere Würde geraubt. Die Probleme dieser Frau haben bereits eine Vorgeschichte. Diese ist auch in den Geschichten aus Absurdistan vertreten. Wir haben über 200 Bundestagsabgeordneten einen offenen Brief wegen der Verzögerungen und Inhalte des Teilhabegesetzes angeschrieben. Nicht eine Stellungnahme hierzu ist bislang eingegangen. An der Tatsache, dass im Jahre Sieben nach der deutschen Unterschrift unter die BRK behinderte Menschen so massiv von staatlichen Stellen angegangen werden, trägt die derzeitige Regierung die Verantwortung. Sie hat lange Jahre Zeit gehabt, eine faire und ehrliche Umsetzung der Konvention vorzunehmen. Nun stellt es sich heraus, dass die Präsentation des ersten Gesetzentwurfes noch Monate in Anspruch nehmen wird, vermeintlich wegen Überlastung durch die Flüchtlingsproblematik, die wohl derzeit für allerlei Versäumnisse und Probleme herhalten muss. Es scheint Mode zu werden, eigene Probleme in fremde Schuhe zu schieben.“

ForseA-Forderung nach einem fairen Teilhabegesetz