Foto: Persönliches Budget
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KASSEL (KOBINET) Ein seelisch behindertes Kind, eine engagierte Familie dahinter - der Streit über den Anspruch auf Eingliederungshilfe ist zu Gunsten des Kindes beigelegt. Dies ist nach Ansicht des Peer Counselors Uwe Frevert eine gute Voraussetzung, um den Start ins Schulleben und die Entwicklung von Teilhabe und Eigenständigkeit zu fördern - insbesondere im Grundschulalter. Aber dem Jugendamt ist es ein Dorn im Auge, dass der als Sachleistung gewährte Anspruch als Persönliches Budget genutzt wird, obwohl dies billiger ist.
Die Frage in der Beratung war, in welcher Form sich diese Eingliederungshilfe für das Kind nun am besten realisieren lässt. Vielleicht mit einem persönlichen Budget, um eine Schulbegleitung anstellen zu können? Vorteile hat diese Art des Arbeitsverhältnisses zwischen den Eltern und einer bei den Eltern angestellte Schulbegleitung: ein direkter Austausch über die Entwicklung ist möglich und erwünscht, auf die Chemie zwischen Kind und der helfenden Kraft können die Eltern achten, der mögliche bessere Verdienst der Schulbegleitung führt zu längeren kontinuierlichen Begleitzeiten über Lebensphasen hinweg – vielleicht sogar die ganze Grundschulzeit. Dies ist gerade für Kinder mit seelischen Behinderungen und sozialen Ängsten entscheidend. Und im vorliegenden Fall spart das Engagement der Familie der Stadtkasse Kassel sogar bares Geld – 4,40 Euro pro Einsatzstunde der Arbeitskraft – das einem anderen behinderten Kind zu Gute kommen könnte. Bei einer Begleitung über 5fünf Stunden pro Tag und 182 Schultagen sind das immerhin 4.004 Euro pro Jahr, berichtet Uwe Frevert, der als Peer Counselor mit viel Erfahrungen mit dem Persönlichen Budget beim Kasseler Verein zur Förderung der Autonomie Behinderter (fab) arbeitet.
Das klingt überzeugend. Doch plötzlich haben die Eltern das Jugendamt zum Gegner. Denn wie schon im Schuljahr davor haben die Eltern des Kindes Courage gezeigt und die Schulbegleitung vorfinanziert. Die Schulbegleitung für das vergangene Jahr 2014/15 wurde ebenso von den Eltern organisiert, betreut und bezahlt. Einen Teil dieser Kosten hat das Jugendamt Kassel zwischenzeitlich erstattet. Amtsmühlen mahlen langsam. Auch bei Folgeanträgen. Der Antrag der Familie aus Kassel wurde neun Wochen nach Antragstellung beim Jugendamt als Sachleistung bewilligt – jedoch als persönliches Budget abgelehnt. Der Schulunterricht hatte zum Zeitpunkt des Bescheides bereits begonnen. Frühzeitig hatten die Eltern den Behörden mitgeteilt, dass das Finden einer vertrauensvollen Person für die Begleitung des Kindes Zeit beansprucht. Frühzeitig wurde verdeutlicht, dass die Eltern von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen wollen und statt der Sachleistung in Form der Stellung einer Schulbegleitung durch einen vom Jugendamt anerkannten Leistungserbringer von dem Persönlichen Budget Gebrauch machen möchten – und wie in den vorhergehenden Schuljahren selbst als Arbeitgeber auftreten wollen. Der Bescheid blieb aus – trotz sachlichen Hinweisen auf die Dringlichkeit und der Bitte um ein persönliches Gespräch. Die Eltern waren deshalb gezwungen die gefundene Schulbegleitung im Blindflug zu beschäftigen, da zu Beginn des Schuljahres 2015/16 kein Bescheid vorlag. Danach sind vier Monate vergangen, in denen das Kind dank kontinuierlicher und vertrauensvoller Begleitung Fortschritte gemacht hat.
Weshalb setzt das Jugendamt diese positive Entwicklung aufs Spiel – indem es Kosten nicht begleicht und ein Wahlrecht zur Eingliederungshilfe rechtswidrig behandelt? Mit der Formulierung „Bisher war die Zahlung eines persönlichen Budgets im Rahmen der Jugendhilfe nicht üblich“, lehnte das Amt am 08.01.2016 auch den Widerspruch der Eltern ab. Als erstes Argument wird angeführt, dass das Jugendamt „keine Kontrolle hinsichtlich der Prüfung der Maßnahmenwirksamkeit zur Teilhabe“ habe. Da sich im Rahmen einer Budgetkonferenz insbesondere auch die Schule beteiligt, wirkt diese Argumentation löchrig. „Und: eine Hilfeplanung seitens des Jugendamtes ist noch immer ausständig – nach fast 1 ½ Jahren Schulassistenz“, teilt der Vater Hans Weishaar mit. Nicht zuletzt ist die Rechtsprechung hierbei deutlich und formuliert: „Eine vermeintliche Beeinträchtigung der Steuerungsverantwortung des Jugendamtes steht dem Anspruch auf Persönliches Budget nicht entgegen.“ (VG Frankfurt/Oder, Beschluss vom 07.12.2011 – 6 K 1432/08, JAmt 2012, S. 543)
Das zweite Argument zielt auf die Unberechenbarkeit der Kosten ab. Die Hilfe kann nicht teurer werden, wenn für eine Begleitungsstunde anstatt 20,90 Euro an einen Träger nur 16,50 Euro an Arbeit gebende Eltern ausgezahlt werden. Zudem ist zwischen Schulbegleitung und den Eltern ein Arbeitsvertrag vereinbart worden, welcher sowohl einen Stundennachweis als auch eine maximale Einsatzzeit regelt.
Der Blindflug der Eltern ist seit 31.12.2015 beendet, weil diese kein Geld mehr haben, um die Schulbegleitung weiter vorzufinanzieren. Die Entwicklung des Kindes steht auf dem Spiel: Es besucht die Schule zwischenzeitlich ohne Begleitung, die Hilflosigkeit des heute achtjährigen Kindes wird wieder deutlich und erste Schulverweigerungstendenzen werden spürbar. Uwe Frevert erklärt dazu: „Ein persönliches Gespräch zwischen den Eltern und Vertretern des Jugendamtes hat nach 1 ½ Jahren noch immer nicht stattgefunden. Die Eltern hatten mehrfach um ein solches Gespräch gebeten. Als dafür kürzlich ein Termin gefunden wurde, ist dieser kurzfristig vom Jugendamt wieder abgesagt worden. Das Jugendamt der Stadt Kassel stellt sich auf beiden Ohren taub – und durch den Dorn im Auge auch blind?“