320w, https://kobinet-nachrichten.org/cdn-cgi/image/q=100,fit=scale-down,width=1024/https://kobinet-nachrichten.org/newscoop_images/BzIX3VUFf29eNc4lvCaxqkLrnTh5WjZmRtSO80KdwPyoQEuGMbH6s1pgiD7A.jpg"/>
Foto: Gunther Neumann
1024w, https://kobinet-nachrichten.org/cdn-cgi/image/q=100,fit=scale-down,width=1152/https://kobinet-nachrichten.org/newscoop_images/BzIX3VUFf29eNc4lvCaxqkLrnTh5WjZmRtSO80KdwPyoQEuGMbH6s1pgiD7A.jpg"/>
Foto: Gunther Neumann
1152w, https://kobinet-nachrichten.org/cdn-cgi/image/q=100,fit=scale-down,width=1280/https://kobinet-nachrichten.org/newscoop_images/BzIX3VUFf29eNc4lvCaxqkLrnTh5WjZmRtSO80KdwPyoQEuGMbH6s1pgiD7A.jpg"/>
Foto: Gunther Neumann
1280w, https://kobinet-nachrichten.org/cdn-cgi/image/q=100,fit=scale-down,width=1536/https://kobinet-nachrichten.org/newscoop_images/BzIX3VUFf29eNc4lvCaxqkLrnTh5WjZmRtSO80KdwPyoQEuGMbH6s1pgiD7A.jpg"/>
Foto: Gunther Neumann
1536w, https://kobinet-nachrichten.org/cdn-cgi/image/q=100,fit=scale-down,width=1920/https://kobinet-nachrichten.org/newscoop_images/BzIX3VUFf29eNc4lvCaxqkLrnTh5WjZmRtSO80KdwPyoQEuGMbH6s1pgiD7A.jpg"/>
Foto: Gunther Neumann
1920w" sizes="(max-width: 320px) 320px, (max-width: 1024px) 1024px, (max-width: 1152px) 1152px, (max-width: 1280px) 1280px, (max-width: 1536px) 1536px, (max-width: 1920px) 1920px" src="https://kobinet-nachrichten.org/newscoop_images/BzIX3VUFf29eNc4lvCaxqkLrnTh5WjZmRtSO80KdwPyoQEuGMbH6s1pgiD7A.jpg"/>
Foto: Gunther Neumann
KASSEL (KOBINET) Während die Idee des Peer Counseling - also der Beratung behinderter Menschen von behinderten Menschen - in Deutschland eher noch stiefmütterlich behandelt wird, finden die deutschen Ansätze im Ausland zum Teil große Beachtung. Kürzlich besuchte beispielsweise eine französische Deletion den Kasseler Verein zur Förderung der Autonomie Behinderter (fab), der schon seit über 20 Jahren vielfältige Peer Counseling Beratungen anbietet. 36, der 45 hauptamtlich Beschäftigten des Vereins sind selbst behindert
Von Gunther Neumann
Am 30. und 31. Oktober fand im Haus des fab, dem Zentrum für selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen, in Kassel auf Einladung des Vorstandsmitglieds der Interesssenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL), Uwe Frevert, ein deutsch-französischer Austausch zu Fragen des Peer Counseling statt.
Aus Frankreich waren zwei Gäste angereist: Die Soziologin Dr. Eve Gardien von der Universität Rennes, Mitglied der GFPH (Groupement Français des Personnes Handicapées) – eines behinderungsübergreifenden Bündnisses, das sich an alle Menschen mit Behinderung und ihre jeweiligen Organisationen richtet, um das autonome Leben, die Wiedereingliederung, die Integration, die Barrierefreiheit und die Verteidigung der Menschenrechte zu stärken, war eine davon. Jean-Pierre Ringler aus Strasbourg, Präsident des Verbandes CHA (Coordination Handicap & Autonomie), der sich zum Ziel gesetzt hat, an der französischen Gesetzgebung in Bezug auf Behinderte und besonders in Bezug auf Persönliche Assistenz mitzuwirken, das Peer Counseling in der Beratung von behinderten Menschen zu fördern und die Versorgung mit Hilfsmitteln und die finanzielle Situation der behinderten Menschen zu verbessern, war die andere.
Die deutsche Seite war vertreten durch Uwe Frevert, Mitarbeiter im Bereich Beratung zu Assistenz und Persönlichem Budget im fab und Vorstandsmitglied der ISL, Anita Grießer vom Assistenzdienst des fab, zuständig für den Bereich Persönliche Assistenz, Françoise Meyer, Koordinatorin des Assistenzdienstes, die auch die französisch-deutsche Übersetzung übernahm, und später hinzukommend Dinah Radtke vom Zentrum für selbstbestimmtes Leben Behinderter Erlangen und Sprecherin für internationale Angelegenheiten der ISL.
Die Vorstellung der Arbeit in den jeweiligen Organisationen in Frankreich und Deutschland zeigte, dass erhebliche Unterschiede hinsichtlich der Finanzsituation und der gesellschaftlichen Einbindung behinderter Menschen bestehen. Persönliche Assistenz beispielsweise wird in Frankreich nach Demonstrationen und Protesten der französischen Behindertenbewegung erst seit 2003 finanziert. Bis 2002 erhielten behinderte Menschen pauschal ca. 600 Euro pro Monat zur Assistenzfinanzierung, was etwa zwei bis drei Stunden Assistenz pro Tag entsprach. Menschen mit Bedarfen über drei Stunden täglich hatten regelmäßig Probleme. Diese Finanzierungspolitik wurde erst nach Demonstrationen und Hungerstreiks geändert. Seit 2005, so referierte Jean-Pierre Ringler, wird normalerweise die Assistenzfinanzierung der jeweiligen Behinderung angepasst.
Die französischen Gäste informierten sich bei Uwe Frevert ausführlich über die Ausgestaltung des Peer Counseling in Deutschland. Eve Gardien teilte mit, dass sie noch in einem weiteren Projekt mitarbeitet, das man mit „Widerstand im täglichen Leben“ übersetzen könnte. In diesem Projekt geht es auch um den Widerstand behinderter Menschen in Frankreich gegen Schranken, die ihnen von Gesellschaft, Institutionen und Politik gesetzt werden, aber ebenso um den Widerstand der Langzeitarbeitslosen, der LGBT-Bewegung, der Minderjährigen mit Migrationshintergrund. Auch Peer Counseling, so Eve Gardien, sei ein Weg des Widerstands im täglichen Leben.
Anita Grießer stellte die Arbeit des Assistenzdienstes des fab vor. Interessant fanden Eve Gardien und Jean-Pierre Ringler vor allem, dass der Assistenzdienst überwiegend mit Laienkräften arbeitet. In Frankreich, so Eve Gardien, sei die Persönliche Assistenz anders geregelt als in Deutschland, da es Tätigkeiten gibt, die den Assistenten gesetzlich nicht erlaubt sind. Die französischen Gäste waren beeindruckt, als Anita Grießer schilderte, wie durch die persönliche Assistenz Freiräume für die Menschen mit Behinderung geschaffen werden.
Jean-Pierre Ringler fand die Finanzierung der Tätigkeiten des Assistenzdienstes interessant. Erschwert wurde das Verständnis für die deutschen Finanzierungsmodelle dadurch, dass es in Frankreich keine eigentliche Pflegeversicherung gibt. Die Vielzahl der deutschen Kostenträger war aus französischer Sicht verwirrend, kompliziert sei es aber, so Jean-Pierre Ringler, in Frankreich auch, nur auf andere Weise. Von großem Interesse für Frau Gardien und Herrn Ringler waren auch die von der ISL zertifizierten Zentren für selbstbestimmtes Leben, zu denen auch das Haus des fab e.V. in Kassel zählt.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Gemeinsamkeiten in den Problemen der behinderten Menschen Frankreichs und denen Deutschlands am ehesten im täglichen Kampf mit Behörden, Gesetzen und herrschenden Klassen zu finden sind, aber auch in dem Willen der Menschen mit Behinderung, daran etwas zu ändern. Die Unterschiede der Verbände, Einrichtungen, Bewegungen, aber auch der Gesellschaften selbst könnten nicht europäischer sein: Zwei Sprachen, zwei Kulturen, zwei Bürokratien, zwei Denkweisen und zwei Ideologien von Behindertenbewegungen in zwei benachbarten Staaten führen schon zu Unsicherheiten im Verstehen der Strukturen und Probleme des jeweiligen Nachbarlandes. Natürlich können diese Unsicherheiten ausgeräumt werden, und schon deshalb sind weitere Treffen dieser Art wünschenswert. Eine EU-weite Behindertenbewegung scheint aber trotz Behindertenrechtskonvention in weiter Ferne zu liegen.