UNBEKANNT (KOBINET) Andrea Schatz hat in der vergangenen Woche den Inklusionskongress in Berlin besucht. Im Lichte der kritischen Diskussionen auf diesem Kongress berichtet sie heute für kobinet über die Auswirkungen der Praxis des Berliner Integrationsamtes, das seit August 2012 seine Zuschüsse für Leistungen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben kürzt. "Von Inklusion kann keine Rede sein. Exklusion ist an der Tagesordnung", so Andrea Schatz.
Berlin (kobinet) Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, von den Betroffenen aber seit längerem spürbar, kürzt das Berliner Integrationsamt seit August 2012 seine Zuschüsse für Leistungen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben. Arbeitslose oder angestellte Menschen, die z. B. auf eine behinderungsgerechte Arbeitsplatzausstattung angewiesen sind, erhalten dafür keine Zuschüsse mehr vom Integrationsamt. Außer Beamte und Selbstständige (für die kein vorrangiger Rehabilitationsträger zuständig ist) werden sie auf die Rehabilitationsträger verwiesen – in der Regel die Bundesagentur für Arbeit oder ab einer versicherungspflichtigen Beschäftigungszeit von 15 Jahren die Rentenversicherung.
Begründet wird es damit, dass der Einsatz von Mitteln aus der Ausgleichsabgabe unter dem gesetzlichen Vorbehalt steht, dass die beantragte Leistung nicht von anderer Seite zu leisten ist. In der Tat, formaljuristisch stimmt das. Nach der Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung (§§ 17 und 18) sind es sogenannte Kann-Leistungen.
Fragt sich nur, warum das Integrationsamt sie bis vor 2 Jahren erbringen konnte und nun, wie es sich ausdrückt, die „Praxis zur Bescheidung von Leistungen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben anpasst“. Stehen weniger Gelder zur Verfügung? Erfüllen jetzt so viele Arbeitgeber die Beschäftigungsquote, dass kaum noch Ausgleichsabgabe anfällt? Finanziert das Bundesministerium „kostenneutral“ davon seine Vorzeige-Modellprojekte, wie z. B. die „Initiative Inklusion jetzt“?
Von Inklusion kann keine Rede sein. Exklusion ist an der Tagesordnung. Das zeigen nach zwei Jahren die zum Teil dramatischen Folgen für die Betroffenen. Abgesehen von den meist langen Bearbeitungszeiten erbringen die Rehabilitationsträger die Leistungen selbstverständlich im Rahmen der für ihren Rechtskreis geltenden Vorschriften. Und die werden in der Regel äußerst restriktiv ausgelegt.
Und dies nicht nur in Berlin. So wurde auf dem PHINEO-Inklusionskongress am 12. und 13. September 2014 die gängige Verweigerungshaltung der Rehabilitationsträger heftig kritisiert und angeprangert. Betroffene berichteten über ihren kraft-, nerven- und zeitraubenden Kampf mit Widersprüchen und Klagen, weil die Reha-Träger Anträge verschleppen, häufig ablehnen oder auf die Arbeitgeber verweisen. Auch bisher vom Integrationsamt gezahlte Lohnkostenzuschüsse zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen werden stark gekürzt.
Diese Entwicklung bedeutet harte Einschnitte für behinderte Menschen auf dem Arbeitsmarkt. Der ohnehin schon schwierige Zugang zum Arbeitsmarkt oder auch der Erhalt des Arbeitsplatzes wird weiter erschwert, die hohe Arbeitslosigkeit behinderter Menschen wird weiter steigen.