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BERLIN (KOBINET) Das Resümee zum heutigen Expertengepräch zur Schaffung eines Bundesleistungsgesetzes, zu dem die koordinierenden Sozialministerien von Rheinland-Pfalz und des Saarlandes eingeladen hatten, fiel aus Sicht von Dr. Sigrid Arnade äußerst enttäuschend aus. Leider sei dabei deutlich geworden, dass es bei der geplanten Reform hauptsächlich um die Kostenverlagerung von den Kommunen und Ländern auf den Bund gehe.
Die Geschäftsführerin der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL), Dr. Sigrid Arnade, erklärte den kobinet-nachrichten nach Ende der Veranstaltung: „Unsere Befürchtung, dass es bei dem geplanten Gesetz primär um eine Kostenverschiebung zur Entlastung der Kommunen geht, für die Menschen mit Behinderungen als Feigenblatt benutzt werden, wurde zur Gewissheit. Vokabeln wie ‚Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention‘, ‚Teilhabe‘ und ‚Selbstbestimmung‘, werden als Etiketten verwandt, aber nicht mit Inhalten unterlegt.“
„Wir beobachten ein unerträgliches Ungleichgewicht: Auf der einen Seite sollen die Kommunen durch konkrete Maßnahmen finanziell erheblich entlastet werden – auf der anderen Seite bleiben Verbesserungen für behinderte Menschen mit vagen Formulierungen unkonkret im Ungefähren. Auf die geäußerte Befürchtung vor kommenden Verschlechterungen lautete die wenig beruhigende Antwort, es bliebe doch alles beim Alten“, so Dr. Sigrid Arnade. „Unter diesen Umständen können wir die geplante Reform nicht mittragen.“ Diese Aussage gelte aus Sicht von Dr. Sigrid Arnade jedoch nicht, wenn folgende drei Mindestforderungen bei einem Bundesteilhabegesetz realisiert werden:
1. Die Gleichstellung der sozialen Teilhabe mit der beruflichen Teilhabe und der medizinischen Rehabilitation
2. Die Gewährung behinderungsbedingter Leistungen ohne Anrechnung von Einkommen und Vermögen
3. Die Einbeziehung behinderter ExpertInnen aus dem Forum behinderter Juristinnen und Juristen in den weiteren Diskussions- und Gesetzerarbeitungsprozess.
Zudem sei bei dem Expertengespräch deutlich geworden, dass die inhaltliche Auseinandersetzung zu den zentralen Fragen eines Bundesteilhabegesetzes wesentlich ausführlicher geführt werden müsse. „Es kann nicht so funktionieren, dass eine Vielzahl von Beteiligten einmal im Jahr in dreieinhalb Stunden ihre Ausführungen zu einer sehr komplexen Materie machen können – und das war’s dann. In einem solchen Rahmen kann man nur eine allgemeine Tendenz darstellen“, so Dr. Sigrid Arnade. Ähnlich wie bei der Entwicklung des Sozialgesetzbuches IX und beim Bundesbehindertengleichstellungsgesetz bedürfe es einer Reihe von themenbezogenen Workshops, an denen u.a. die VertreterInnen der Behindertenverbände intensiv beteiligt werden.