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Noch 33 Tage bis zur Bundestagswahl

Heinrich Buschmann
Heinrich Buschmann
Foto: by Johannes Schiebe

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Heinrich Buschmann
Foto: by Johannes Schiebe

JOCKGRIM (KOBINET) Wenn die Wählerinnen und Wähler am 22. September in die Wahllokale strömen, um die Abgeordneten für den Deutschen Bundestag zu wählen, ist Heinrich Buschmann mit seinem Elektrorollstuhl selbstverständlich mit dabei. Der Vorsitzende des Verbandes Mobil mit Behinderung erhofft sich mit seiner Stimme einen Beitrag für grundlegende gesetzliche Veränderungen in der Behindertenpolitik zu bewirken und hofft auf PolitikerInnen, die sich über die Situation behinderter Menschen informieren.



kobinet-nachrichten: Als Vorsitzender des Vereins von Mobil mit Behinderung vermute ich, dass du Mittel und Wege finden wirst, am 22. September ins Wahllokal zu kommen. Oder wirst du dich für eine Briefwahl entscheiden?

Heinrich Buschmann: Ja, da ich meine Mobilität aus dem Erwerbsleben in die Rente „retten“ konnte, bin ich „noch“ mobil und werde am 22. September zum Wahllokal fahren. Es ist mir wichtig, meine Stimme dort persönlich abzugeben. Ich bin Teil dieser Gesellschaft und möchte mich wie jeder andere darin bewegen, dazu gehört für mich auch die freie Entscheidung meine Stimme persönlich abzugeben. Auch möchte damit unseren nichtbehinderten Mitbürgern zeigen, dass es, auch wenn ich einen elektrischen Rollstuhl unter mir habe, völlig selbstverständlich ist, zur Wahl zu gehen – Verzeihung – zu fahren.

kobinet-nachrichten: Deine Organisation hat in den letzten Jahren viel mit Abgeordneten verschiedener Parteien über das Thema Mobilität für behinderte Menschen gesprochen. Was ist für deinen Verband bei der anstehenden Bundestagswahl besonders wichtig?

Heinrich Buschmann: Die schnellstmögliche Umsetzung der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen und damit verbunden der absolut bedingungslose Ausgleich aller Nachteile. Inklusion – ein gewaltiges Wort und doch so leichtfertig in aller Munde – wenn wir es aber wirklich erst damit meinen, darf eine Behinderung sich nicht zum Nachteil auswirken. Insbesondere Eltern, die ihren behinderten Kindern die familiäre Liebe, Geborgenheit und Fürsorge geben. Ihr eigenes Leben zum Wohl des behinderten Kindes zurückstellen, werden immer noch extrem benachteiligt. Die gesetzliche Grundlage würde es den Eltern erlauben, das Kind in ein Heim „abzuschieben“ – der Staat würde die imensen Kosten tragen. Wir fordern die Gleichstellung der Eltern mit der Heimunterbringung! Sie müssen sich vorstellen, dass in der Regel ein Elternteil zu Hause durch die Pflege gebunden ist, sprich ein Einkommen fehlt gänzlich, dazu brauchen die Eltern eine größere rollstuhlgerechte Wohnung, ein behindertengerechtes Fahrzeug, usw. Das Pflegegeld ist dafür kein Ersatz. Diese Eltern leben in der Regel am Existenzminimum. Hier muss eine umfassende Neuregelung geschaffen werden. Das von der ISL/ForseA, dem MMB und anderen Verbänden vorgestellte Gesetz zur sozialen Teilhabe ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Wir hoffen auf das Zusammenwirken aller Verbände, damit dieses Gesetz sich im kommenden Bundesleistungsgesetz widerspiegelt.

kobinet-nachrichten: Wie muss aus deiner Sicht eine gute Bundestagsabgeordnete bzw. ein guter Bundestagsabgeordneter arbeiten?

Heinrich Buschmann: Wir haben ca. 13 Millionen Menschen mit Behinderung – aber wir haben längstens gut 30 Millionen von Behinderung betroffener Mitbürger. Das sind die Eltern, Geschwister und Angehörigen, aber auch die Freunde und Bekannte und nicht zu vergessen, die Arbeitskollegen – die allesamt die behördlich verordneten Probleme hautnah mitbekommen. Jede / jeder Abgeordnete ist gut beraten, dieses Wählerpotenzial nicht zu unterschätzen. Wir haben lokale Vertreter der Politik zu Events unter dem Thema „Behinderung konfrontiert Politik“ eingeladen. Es ist erschreckend wie wenig unsere politischen Vertreter über das reale Leben von Menschen mit Behinderung wissen. Bewusstseinsbildung ist hier das Schlagwort. Nach einer solchen Veranstaltung sagte mir der eingeladene Abgeordnete des Bundestages: „Herr Buschmann, dass was ich heute erfahren habe, entsetzt mich – da haben wir in Berlin tagelang am Leben vorbei diskutiert und beraten.

Um deine Frage zu beantworten, ein Bundestagsabgeordneter sollte sich vor Ort im direkten Dialog mit den Menschen und deren Probleme, behindert oder nicht behindert, auseinandersetzen. Und nicht ohne fundiertes Wissen in Berlin zu falschen Entscheidungen beitragen. Vor allem sollte er zu seiner dadurch gewonnenen Meinung stehen und sich dafür einsetzen und nicht einem Fraktionszwang folgend dazu beitragen, das Leben dieser Menschen wieder besseren Wissens zu erschweren. Am 7. September veranstalten wir das nächste große Event in Duisburg (www.talk-im-Zelt.de), zu dem wir gerne einladen.

kobinet-nachrichten: Welche behindertenpolitische Aktivitäten erwartet ihr Verband von den Abgeordneten, die in den nächsten Bundestag gewählt werden? Was wünschen Sie sich?

Heinrich Buschmann: Eine Behinderung ist kein gewollter Akt. Niemand wünscht sich eine Behinderung – aber es gibt keine Garantie auf ein beschwerdefreies, unbehindertes Leben. Es kann jeden treffen, jederzeit – jeden Tag. Aus dieser Gewissheit heraus wünschen wir uns, dass sich unsere politischen Vertreter dafür einsetzen, behinderungs-, aber auch altersbedingte Nachteile auszugleichen. Die Erbringung dieser Leistungen darf an keine Bedingung geknüpft sein, sondern sich lediglich am Bedarf orientieren. Sie dürfen nicht vermögens- oder einkommensabhängig sein. Auch für einen Menschen mit Behinderung muss es sich lohnen und erstrebenswert sein, sich zu qualifizieren und sein Leben selbst zu gestalten und nicht wie heute üblich extreme Kürzungen im Gehalt oder Vermögen hinnehmen zu müssen, nur weil er Assistenzbedarf hat. Unser aktuelles Sozialsystem ist hier völlig falsch aufgebaut. Die leistungserbringenden Kommunen müssen entlastet werden. Wir reden hier über ein generelles gesamtgesellschaftliches Problem und fordern deshalb, dass die dafür notwendigen Mittel von zentraler Stelle kommen müssen – hier ist der Bund gefragt. Die ohnehin überschuldeten Kommunen können diese Last nicht tragen.

Die Umstrukturierung des Sozialsystems wäre unsere erste Forderung an die neu gewählte Regierung. Nur damit wird sich langfristig die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nation umsetzen lassen, nur damit werden wir das Wort „Inklusion“ mit Leben erfüllen können. Nun, was ich mir wünsche, ist ganz simple: Normalität. Ob behindert oder nichtbehindert darf keine Rolle spielen, genauso wenig wie ein Dialekt, die Hautfarbe oder Neigung. Die dazu notwendige Bewusstseinsbildung wäre mein Wunsch an unsere politischen Vertreter, an unsere Medien und an unsere Mitbürger. Talkshows, in denen es auch mal um Behinderungen geht, Menschen mit Behinderungen in den Medien – ein Mario Barth im Rollstuhl. Eben Normalität!

Link zu Mobil mit Behinderung