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Foto: Aktion Mensch
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Foto: Aktion Mensch
MüNCHEN (KOBINET) Aus München erhielt kobinet heute einen Erlebnisbericht von einer Veranstaltung des jetzt zu Ende gehenden Filmfestivals der Aktion Mensch. Ein Filmfestival der Aktion Mensch – die Filme allesamt spannend mit anschließender Podiumsdiskussion über das Gesehene - so begann die der Redaktion bekannte Autorin Inka Schoko Plan ihren Bericht.
Ich habe mich für den Film „Rachels Welt – aus dem Leben einer Sexarbeiterin“ entschieden, bin gespannt, wie filmisch und später in der Diskussion mit dem Thema umgegangen wird. Ich freue mich auf einen interessanten Abend in einem barrierefreien Kino.
Barrierefrei, na ja. Wenn man darunter versteht, dass man den Kinoraum zwar waghalsig erreichen kann (separater Eingang – steile Rampe, min. 10%) ok, dann war es das wohl. Es gibt eine Aussparung in den Sitzreihen für 1 Rolli (möglichst ohne Fußstützen), ansonsten die Seitenstreifen. Garantie zur Nackenstarre, wenn man versucht, den Film auch zu sehen. Abenteuer Absturz inbegriffen, denn der Sitzgraben für die Fußgänger ist ca. einen halben Meter tiefer gelegt – eine falsche Rollbewegung zur Mitte hin, hätte dumme Folgen. So sitze ich also an die Wand rechts geschmiegt, links von mir der Graben, mit meiner Assistentin und meinen Freunden darin.
Dann der Film: im Großen und Ganzen ganz gut. Unverkrampft, eingestreute Episoden, die Lacher hervorriefen, dennoch sensibel im Umgang mit der Thematik des häufig vorkommenden sexuellen Notstands bei behinderten Menschen und der Möglichkeit gelegentlicher Besuche durch Sexworker. Die manchmal auch mit der Funktion betraut sind, nicht bestehende Beziehungselemente auszugleichen – Händchen haltend durch Straßen schlendern, zusammen aufwachen, einfach umarmt werden …
Die anschließende Podiumsdiskussion bleibt jedoch nicht bei der Thematik, sondern verlässt die Ebene sehr schnell. Die Gäste: eine Sexworkerin, ein Sexualtherapeut von Pro Familia und ein Sozialarbeiter der Münchner AIDS-Hilfe. Dazu geladen im Publikum mitzudiskutieren, jedoch aus Krankheitsgründen nicht anwesend, der Behindertenbeauftragte der Stadt München.
Was folgt ist eine Aneinanderreihung diverser soziologischer Gegebenheiten und viel Selbstdarstellung. Mit dem Thema des Films nur noch durch wenige Schnittstellen verbunden, mit dem Thema Behinderung und Sex so gut wie gar nicht mehr. Jeder bricht das Thema letztlich nur auf seinen Bereich herunter, über den er dann schwadroniert. Nur die anwesende Sexworkerin versucht zwischen den beiden Akteuren das eigentliche Sensible dieser Veranstaltung wieder anklingen zu lassen. Es wird kaum gehört.
Ich merke, wie mich Ärger zunehmend beschleicht. Der Vertreter der AIDS-Hilfe macht sich wichtig, prahlt, wie sie sich als Comunity für ihre Rechte eingesetzt und gekämpft hätten und warum wir das nicht genauso täten. Er spricht von Allianzen, die entstehen zwischen der AIDS-Hilfe und Behinderten. “Na, denke ich, schön wäre es.“ Bislang wurde von dieser Seite eher Distanz signalisiert und Abgrenzung zum Ausdruck gebracht. Mit Behinderten war Kooperation bei gemeinsamen Events bisher nicht gewünscht, wurde sogar abgewiesen.
Ich bin genervt, denn es ist niemand auf dem Podium zu Gast, den das Thema betrifft oder der es wirklich vertreten könnte. So war es kurzgefasst wieder einmal mehr ein Sprechen über Behinderte, ohne irgendwelche dazu gehörigen Dimensionen auszuloten. So wie sich die Situation „einen Platz bekommen“ an diesem Abend auf mehreren Ebenen zeigte, wurde deutlich widergespiegelt, an welchem Punkt wir uns gesellschaftlich immer noch befinden.