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Ein Strippenzieher meldet sich zurück

Ottmar Miles-Paul
Ottmar Miles-Paul
Foto: sch

KASSEL (KOBINET) Nach einer viermonatigen Auszeit meldet sich Ottmar Miles-Paul wieder zurück auf der behindertenpolitischen Bühne. Ende Dezember hatte er sein Amt als Landesbehindertenbeauftragter von Rheinland-Pfalz niedergelegt und sich vier Monate Zeit zum Regenieren und neue Inspiration tanken genommen. Im kobinet-Interview berichtet der Strippenzieher für die Inklusion, der heute nach Bremen zum Treffen des Forums behinderter Juristinnen und Juristen aufgebrochen ist, über seine zukünftigen Pläne.

kobinet: Für viele war es eine Überraschung, dass du Ende letzten Jahres als Landesbehindertenbeauftragter in Rheinland-Pfalz aus freien Stücken aufgehört hast. Was hat dich damals zu diesem Entschluss bewogen, eine feste und gut bezahlte Stelle einfach so aufzugeben?

Ottmar Miles-Paul: Ich habe den Job als Landesbehindertenbeauftragter sehr gern, mit sehr viel Engagement und mit einem tollen Umfeld in Rheinland-Pfalz fünf Jahre gemacht. Ich habe aber auch gemerkt, wie viel Energie mich dieser Job bei meinen hohen Ansprüchen gekostet hat und wollte nicht eines Tages im Büro umkippen oder mir wie so viele andere ein burn-out Syndrom einfangen. Daher habe ich mich entschieden, wieder zwei Schritte zurück zu machen und bin wieder nach Kassel gezogen, wo ich vorher über 20 Jahre gelebt habe. Vor allem habe ich mir aber einmal eine Auszeit von vier Monaten gegönnt.

kobinet: Hast du dabei neue Inspiration getankt?

Ottmar Miles-Paul: Auf jeden Fall. Nach so vielen Jahren des Arbeitens mit Volldampf war es prima, einfach einmal nichts zu tun und zu schauen, was der Tag so bringt. Dabei habe ich viel gelesen, bin viel gewalked, habe im Schwarzwald ein tolles Schneegewitter erlebt und gemerkt, dass Arbeit nicht alles im Leben ist. Ich habe aber auch erfahren, was es heißt, wenn man plötzlich nicht mehr hoch kommt und wieviel einzelne Schritte wert sind. Denn ich hatte es im Rücken und war ziemlich geplagt. Doch dieser Einschnitt hat mich gelehrt, wie wichtig es ist, dass wir uns für die Gleichstellung und Selbstbestimmung behinderter Menschen stark machen und welche Möglichkeiten ich dafür habe.

kobinet: Und jetzt soll es wieder losgehen?

Ottmar Miles-Paul: Ja, meine vier Monate Auszeit sind nun vorbei und ich habe wieder richtig Lust, etwas zu machen und zu bewegen. Allerdings habe ich mir fest vorgenommen, nicht mehr so verrückt wie früher zu arbeiten und zu allem, was ich interessant finde, immer Ja zu sagen.

kobinet: In den letzten Wochen hat man ja auch verstärkt wieder von dir in den kobinet-nachrichten gelesen.

Ottmar Miles-Paul: In den letzten beiden Wochen habe ich ausprobiert, wozu ich Lust habe und dazu gehört auf jeden Fall, wieder mehr für die kobinet-nachrichten zu schreiben. Wir sind zwar eine kleine Truppe in der kobinet-Redaktion, aber die kobinet-nachrichten haben eine große Wirkung und erreichen viele, die sich in der Behindertenpolitik und -arbeit engagieren. Deshalb werde ich wieder verstärkt und gerne für die kobinet-nachrichten schreiben. Zumal wir jetzt auch ein neues System haben, das vieles leichter macht.

kobinet: Das ist aber ehrenamtlich. Womit willst du dein täglich Brot verdienen?

Ottmar Miles-Paul: Ich werde ab 1. Mai wieder freiberuflich in den Bereichen Pressearbeit und Projektmanagement arbeiten, so wie ich dies vor meinem Wechsel im Januar 2008 nach Rheinland-Pfalz getan habe. Anträge stellen, Artikel schreiben, Vorträge halten, Projekte koordinieren, Schulungen und Kampagnen für politische Themen durchführen oder auch mal eine Veranstaltung moderieren, einen solchen Mix stelle ich mir ungefähr vor.

kobinet: Ist das noch Theorie oder gibt es schon konkrete Projekte?

Ottmar Miles-Paul: Zum Teil bastele ich noch an Ideen, aber einige Aktivitäten laufen schon auf Hochtouren an. Heute fahre ich beispielsweise nach Bremen zum Treffen des Forums behinderter Juristinnen und Juristen. Am Freitag organisiere ich dort die Pressekonferenz zum Gesetzesentwurf des Forums für ein Gesetz zur Sozialen Teilhabe. Hierfür möchte ich fortan auch politisch tätig werden, denn wir brauchen dringend solche gesetzliche Regelungen, um Benachteiligungen und der Ausgrenzung behinderter Menschen entgegen zu wirken und die Einbeziehung behinderter Menschen selbst sicher zu stellen. An weiteren Projekten arbeite ich zudem, wie der Förderung des empowerments und der Inklusion. 

kobinet: Man wird also in Zukunft wieder mehr von dir hören?

Ottmar Miles-Paul: Ganz bestimmt. Denn ich weiß einerseits, wie wichtig eine gute Öffentlichkeitsarbeit für die Gleichstellung behinderter Menschen ist und andererseits will ich natürlich, dass was ich als Landesbehindertenbeauftragter in Sachen Politik und Verwaltung gelernt habe, im Sinne behinderter Menschen einsetzen. Meine Frau hat letztens gesagt, dass ich doch als Strippenzieher fungieren soll, denn darin wäre ich gut. Vielleicht schreibe ich ja auf meine zukünftige Visitenkarte „Strippenzieher für die Inklusion“ als Titel. Ich melde mich also auf der Bildfläche zurück und hoffe, dass ich mit vielen Mitstreiterinnen und Mitstreitern in den nächsten Jahren einiges bewegen kann.

kobinet: Dafür drücke ich dir die Daumen. Viel Glück beim Strippenziehen!

(Das Gespräch führte Franz Schmahl)