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Film, wie behinderte Menschen den Rechtsruck erleben

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Foto: ht

Bremen (kobinet) Der Weser Kurier hat vor kurzem über einen neuen Film berichtet, auf den Henry Spradau die kobinet-nachrichten aufmerksam gemacht hat. "Wie erleben Menschen mit Behinderung oder einer psychischen Erkrankung das Erstarken der extremen Rechten und der Partei Alternative für Deutschland (AfD)? Und was tun sie dagegen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich der neue Dokumentarfilm 'Wir werden nie wieder Opfer sein!' der in Walle beheimateten 'Compagnons Cooperative inklusiver Film'. Der vom Kulturressort geförderte 75 Minuten lange Film, der in Zusammenarbeit mit der Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe behinderte Menschen (LAGS) Bremen entstanden ist, hat Anfang April Premiere im City 46", heißt es vonseiten des Weser Kurier u.a. in einem Bericht über den Film.

Link zum Bericht des Weser Kurier

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Ralph Milewski
16.03.2025 12:49

„Wir werden nie wieder Opfer sein“ – eine gefährliche Verkürzung

Nach dem, was mir bisher über den Film bekannt ist, möchte ich dennoch einige Gedanken dazu formulieren. Auch ohne die gesamte filmische Umsetzung beurteilen zu können, wirft das Konzept bereits grundlegende Fragen auf, die in der aktuellen Debatte nicht unbeachtet bleiben sollten.

Der Titel „Wir werden nie wieder Opfer sein!“ klingt auf den ersten Blick nach Selbstermächtigung. Doch er suggeriert eine Kontrolle über das eigene Schicksal, die es so nicht gibt. Ob Menschen zu Opfern werden, entscheiden nicht sie selbst, sondern jene, die ihnen Rechte entziehen, Gewalt antun oder sie systematisch ausgrenzen. Es ist niemals die Aufgabe der Betroffenen, sich allein davor zu schützen, Opfer zu werden. Diese Verantwortung liegt bei der Gesellschaft als Ganzes. Sie kann und darf nicht delegiert werden.

Nach den bislang vorliegenden Informationen konzentriert sich der Film auf die Perspektiven von Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung. Diese Perspektiven sind wichtig und müssen gehört werden. Aber wenn sie nicht in den größeren gesellschaftlichen Zusammenhang eingebettet werden, bleibt das Narrativ zu eng. Es entsteht der Eindruck, als müssten sich die Betroffenen selbst gegen Bedrohung und Diskriminierung zur Wehr setzen, während die Mehrheitsgesellschaft zuschaut.

Das ist eine gefährliche Verschiebung von Verantwortung. Es reicht nicht, wenn Menschen mit Behinderung „nie wieder Opfer sein“ wollen. Es reicht auch nicht, wenn sie sich gegenseitig ermutigen, Widerstand zu leisten. Die Verhinderung von Ausgrenzung und Gewalt ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie muss von allen getragen werden – politisch, institutionell und im alltäglichen Miteinander.

Das Versprechen „nie wieder Opfer zu sein“ ist keine individuelle Entscheidung. Es ist eine kollektive Verpflichtung. Wer die Verantwortung auf die Betroffenen abwälzt, macht sie erneut zu Opfern – nicht durch direkte Gewalt, sondern durch das Wegsehen und Schweigen der anderen.

Die zentrale Frage lautet nicht: Was tun sie dagegen?
Sondern: Was tun wir alle dagegen?