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Berlin (kobinet) "Frauen mit Behinderungen brauchen mehr Schutz – Setzen Sie die richtigen Prioritäten!" So lautet der Titel eines Fachbeitrags, den das Bundes-Netzwerk der Frauen-Beauftragten in Einrichtungen Starke.Frauen.Machen auf seiner Internetseite veröffentlicht hat. "Am 14.02.2025 wurde das Gewalthilfegesetz beschlossen. Dieses Gesetz soll sicherstellen, dass Frauen und Kinder, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, einen kostenlosen Rechtsanspruch auf Beratung und Schutz erhalten", heißt es dazu zur Erläuterung, worum es in dem Fachartikel geht, der auf der Internetseite des Netzwerk heruntergeladen werden kann. Zudem hat das Netzwerk ein Positionspapier zum Thema Gewalt-Schutz veröffentlicht.
Im Fachartikel heißt es u.a.: „Gewalt gegen Frauen ist ein großes Problem. Daher ist der Gesetzesentwurf mehr als zu begrüßen. Jedoch wird es den Rechtsanspruch auf kostenlose Hilfe und Beratung erst ab dem 1. Januar 2032 geben; kann doch bereits heute das bestehende Hilfesystem aus Frauenhäusern, Schutzwohnungen und Beratungsstellen die vielen Fälle nicht bewältigen. Das zeigt: Bei diesem Thema wurde viel zu lange weggeschaut. Und die besonderen Bedarfe der verschiedenen Gruppen werden bei der großen Problemlage kaum genug erörtert. Wie häufig, wenn soziale Probleme Thema sind, fallen dabei Menschen mit Behinderungen, hier vor allem Frauen mit Behinderungen, hinten herunter. Zu groß ist die Aufgabe, erst einmal ein solides Unterstützungssystem für all die betroffenen Frauen ohne Behinderung zu schaffen. Zwar wird im neuen Gewalthilfegesetz erwähnt, dass auch an die Bedarfe von Frauen mit Behinderungen gedacht werden muss. Jedoch fehlt es hier an konkreten Vorgaben. So ist zu befürchten, dass die ohnehin schon überlasteten Stellen diesen Personenkreis nicht auf dem Schirm haben werden.“
„Frauen mit Behinderungen besonders gefährdet“ lautet eine Unterüberschrift und dazu heißt es: „Dabei sind die Zahlen so eindeutig, wie erschreckend. Frauen mit Behinderungen sind sogar noch stärker gefährdet, Opfer von Gewalt zu werden, als Frauen ohne Behinderung. Das liegt an vielen Faktoren. Auf Frauen mit Behinderungen treffen mehrere Merkmale zu, die die Wahrscheinlichkeit für Diskriminierung und Gewalterfahrung erhöhen. Sie sind Frauen, sie haben eine Behinderung und sie leben und arbeiten häufig in Einrichtungen, in denen eine starke Abhängigkeit besteht. Laut einer Studie aus dem Jahr 2024 waren Beschäftigte in Werkstätten für behinderte Menschen im Vergleich zu Beschäftigten im Bevölkerungsdurchschnitt anteilsmäßig fast dreimal so häufig von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz betroffen. 37 % der Frauen mit Behinderungen in Werkstätten im Alter von 16 bis 65 Jahren haben in den letzten drei Jahren sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erfahren. Laut einer Studie aus 2012 begann diese Art von Gewalt häufig schon im Kindes- und Jugendalter und es bestand meist ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Behinderung und Missbrauch und Gewalt.“
„Große Gefahr in Einrichtungen“ ist ein weiteres Thema, das beleuchtet wird: In Einrichtungen besteht eine große Abhängigkeit der betreuten und beschäftigten Menschen und sie sind der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit häufig entzogen. Einige Aspekte, die in Werkstätten zu Lücken und Problemen beim Gewaltschutz führen können, wurden durch Studien identifiziert. Dazu gehört vor allem, dass sowohl die Beschäftigten als auch das Fachpersonal häufig zu wenige oder keine Informationen zum Gewaltschutz erhalten. Wenn die Fachkräfte keine Fortbildungen zum Gewaltschutz besucht haben, besteht die Gefahr, dass sie auf die Meldung von Gewaltvorfällen, v.a. bei sexueller Belästigung, bagatellisierend reagieren oder den Betroffenen nicht glauben. Externe Beratung oder Unterstützung nach einem Gewaltvorfall sind häufig für Beschäftigte kaum zugänglich und es besteht keine systematische Vernetzung vieler Werkstätten mit den Fachstellen vor Ort. Viele Menschen mit Behinderungen arbeiten gerne in Werkstätten für behinderte Menschen. Auch deswegen ist es schwer, dieses Thema anzusprechen. Es wird schnell genutzt, um das gesamte System in Frage zu stellen. Doch gerade, weil so viele Menschen immer noch auf die Angebote von Werkstätten angewiesen sind und diese aus den verschiedensten Gründen nicht verlassen können oder wollen, darf hier nicht weggeschaut werden.“
Link zur Möglichkeit des Herunterladens des vollständigen Fachartikels