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Empörung über Fragen der CDU/CSU zum politischen Verhalten von zivilgesellschaftlichen Organisationen

Nach rechte zeigende Pfeile in Schwarz, Rot und Gel. Darunter die Worte CDU/CSU Franktion im Deutschen Bundestag
Grafik zeigt Logo der CDU/CSU-Fraktion
Foto: CDU/CSU Bundestagsfraktion

Berlin (kobinet) Eine "Kleine" Anfrage an die Bundesregierung, die von Friedrich Merz und Alexander Dobrindt unterzeichnet wurde und im Namen der Bundestagsfraktion von CDU/CSU am 21. Februar 2025, also kurz vor der Bundestagswahl, in den Deutschen Bundestag eingebracht wurde, hat es in sich. Denn so klein ist die Anfrage mit ihren sage und schreibe insgesamt 551 Fragen gar nicht und die Fragen haben enorme Brisanz nicht nur für die durch die Anfrage betroffenen Organisationen, sondern generell für den Umgang mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, die der gerade herrschenden Politik nicht immer nach dem Mund redet. Bei den Fragen geht es u.a. um die Finanzierung von gemeinnützigen Organisationen, von denen mehrere zu den jüngsten Demonstrationen gegen rechts aufgerufen haben. Die Anfrage hat nicht nur scharfe Kritik bei der SPD, den LINKEN und den Grünen ausgelöst, sondern auch für Empörung der Organisationen, auf die sich die Fragen beziehen, ausgelöst. Auch Vertreter*innen von Behindertenorganisationen fragen sich, welche Bedeutung ein solches Vorgehen der nunmehr aller Voraussicht regierenden CDU/CSU haben könnten bzw. inwieweit hier zivilgesellschaftliches Engagement eingeengt und eingeschüchtert werden soll.

„Die Frage nach der politischen Neutralität staatlich geförderter Organisationen sorgt aktuell zunehmend für Debatten. Hintergrund sind Proteste gegen die CDU Deutschlands, die teils von gemeinnützigen Vereinen oder staatlich finanzierten Organisationen organisiert oder unterstützt wurden. Dies wirft die Frage auf, inwiefern sich gemeinnützige Vereine, die zusätzlich noch mit Steuergeldern gefördert werden, parteipolitisch betätigen dürfen, ohne ihren Gemeinnützigkeitsstatus zu gefährden“, heißt es u.a. in der Einführung der Kleinen Anfrage der CDU/CSU.

Im Hinblick auf welche Organisationen sich die Anfrage der Union bezieht, heißt es auf der Internetseite der tagesschau: „Die Fragen der Unionsfraktion beziehen sich unter anderem auch auf das Recherche-Netzwerk Correctiv, das Netzwerk Campact, das globalisierungskritische Netzwerk Attac, die Amadeu Antonio Stiftung, die Tierschutzorganisation Peta, die Organisation Animal Rights Watch, die Organisation Foodwatch, die Deutsche Umwelthilfe, Agora Agrar, Agora Energiewende, das Netzwerk Recherche und den Verein Neue deutsche Medienmacher*innen. Zudem sind Organisationen wie Omas gegen Rechts, der BUND und Greenpeace von den Fragen der CDU/CSU betroffen.

Link zum Bericht der tagesschau vom 26. Februar 2025

Dass die 551 Fragen der Union auch eine Belastung für anstehende Koalitionsverhandlungen mit der SPD sein könnten, macht ein ntv-Bericht deutlich. Dort heißt es: „Eine Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion über die staatliche Unterstützung von Nicht-Regierungsorganisationen (NGO) belastet die bevorstehenden Gespräche mit der SPD über die Bildung einer Koalition. Der neue SPD-Fraktionschef Lars Klingbeil sprach von einem ‚Foulspiel‘ und forderte Union auf, die Anfrage zurückzuziehen. ‚Ich kann mir keine Situation vorstellen, wo wir morgens in Arbeitsgruppen zusammensitzen und über die Investitionen in die Bundeswehr, in die Bahn oder Infrastruktur diskutieren. Und nachmittags erlebe ich, dass die Union genau solche Anfragen rausschickt und Organisationen, die unsere Demokratie schützen, an den Pranger stellt‘, sagte der SPD-Co-Chef.“

Link zum ntv-Bericht vom 26. Februar 2025

Ein Blick auf die von der CDU/CSU eingereichten Fragen lohnt sich. Dort heißt es u.a.:

„1. Welche gemeinnützigen Körperschaften wurden in der 20. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages mit Bundesmitteln gefördert (bitte absteigend nach Höhe der Förderung auflisten)?

2. Inwiefern unterscheiden sich die Strukturen und Arbeitsweisen von mildtätigen gemeinnützigen Körperschaften und politisch aktivistischen
gemeinnützigen Körperschaften?

5. Gibt es Beispiele für gemeinnützige Organisationen, die sich bewusst aus politischen Debatten heraushalten, und wenn ja, welche?

6. Wird derzeit von zuständigen Bewilligungsbehörde geprüft, ob Fördermittelempfänger des Bundesprogramms ‚Demokratie leben!‘ wie unter anderem die Partnerschaften für Demokratie, die erhaltenen Fördergelder missbräuchlich für parteipolitische Zwecke eingesetzt haben?“

Link zur Kleinen Anfrage der CDU/CSU Bundestagsfraktion

Campact hat auf die Kleine Anfrage der Union mit einer Unterschriftensammlung unter dem Motto „Merz gegen uns alle: Angriff auf die Zivilgesellschaft abwehren!“ reagiert. In einer Mail der Organisation heißt es dazu u.a.: „Über 1,5 Millionen Menschen waren auf den Straßen – weil Friedrich Merz die Brandmauer gegen die AfD gefährdet hat. Doch statt sich der Kritik zu stellen, greift der CDU-Chef zur Methode Trump und attackiert die Zivilgesellschaft mit haltlosen Beschuldigungen.“ Und weiter schreibt die Organisation: „Unbequemen Protest will Friedrich Merz mundtot machen – und nutzt dafür Strategien von Donald Trump und Viktor Orbán. Mit einem Katalog von 551 Fragen an die Bundesregierung sät der angehende Kanzler Zweifel an der Glaubwürdigkeit vieler Organisationen, die zu Protesten gegen den Rechtsruck aufgerufen haben – vom BUND über Greenpeace bis Campact. Selbst den ‚Omas Gegen Rechts‘ unterstellt Merz, sie würden von der Regierung kontrolliert. Aus dem Ausland finanziert, von der Opposition gesteuert: So verleumden sonst nur Rechtsextreme und Autokrat*innen die Zivilgesellschaft.“ Manche der Organisationen fürchteten deshalb laut Campact um ihre Existenz. Selbst Initiativen, die noch nicht in Merz’ Fokus stünden, könnten aus Angst vor politischen und finanziellen Konsequenzen ihr Engagement einschränken. „Das wäre katastrophal für unsere Demokratie – gerade angesichts des zunehmenden Rechtsextremismus“, betont Campact.

Link zur Unterschriftenaktion von Campact, die bereits von ca. 200.000 Menschen unterzeichnet wurde

Lesermeinungen

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Klaus K
27.02.2025 10:23

Diese Anfrage hat es in sich, denn politische Einflussnahme beginnt bereits da, wo nach dem RStV Inhalte publiziert werden. Das würde somit in Konsequenz bedeuten, dass publizierende Nachrichten das nicht in jeder Form dürften, gerade dann nicht, wenn diese auch staatliche Gelder bekommen.

Ich denke, hier kollidiert etwas, denn das Grundgesetz schützt die Versammlungsfreiheit, schützt Medien, schützt Meinungsfreiheit. Scheint aber so zu sein, dass das eben nicht in jeder Gesellschaftsform zulässig ist. Wann darf also wer was wie in welcher Rechtsform publizieren?

Ich beeinflusse mit meinen Nachrichten auch die öffentliche Meinung. Ich habe mich für Inklusion an Schulen eingesetzt und somit die öffentliche Meinung beeinflusst, mit Auswirkungen auf die Wahlen. Alles vom Grundgesetz gedeckt ….. Eine Anfrage der Union die durchaus kritisch z bewerten ist, mich persönlich aber auch wieder an dunkle Zeiten erinnert, als in Deutschland bestimmte Vereine verboten wurden, nur weil deren politisches Weltbild nicht im Konsens der Regierung stand ….