
Foto: gemeinfrei, https://de.wikipedia.org/wiki/Flaggen_und_Wappen_der_L%C3%A4nder_der_Bundesrepublik_Deutschland
ERFURT (kobinet) Unter dem Motto „Gemeinsam MitEinander“ lobt der Thüringer Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen in diesem Jahr erneut den Thüringer Inklusionspreis aus. Bis zum 01. März 2025 können sich Interessierte mit eigenen Projekten bewerben oder geeignete Vorhaben vorschlagen. Die Preisverleihung wird im Rahmen des Inklusionstages stattfinden, der erstmals Teil des Thüringentages 2025 in Gotha ist. Mit dem Inklusionspreis möchte der Thüringer Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen herausragende und innovative Projekte und Initiativen prämieren.
Landesbeauftragter Joachim Leibiger erklärt dazu: „Die Auszeichnung knüpft an den Grundgedanken der UN-Behindertenrechtskonvention an, nämlich die Inklusion im gesellschaftlichen Leben zu verankern. Wir möchten die inklusive Gesellschaft in Thüringen stärken und freuen uns auf interessante Projektbewerbungen, die zeigen wie Inklusion gemeinsam gelingen kann. Die Preisträger werden am 3. Mai beim Thüringentag in Gotha geehrt.“
Bewerben können sich in Thüringen angesiedelte freie und öffentlich-rechtliche Organisationen/Körperschaften/Stiftungen, Einrichtungen und Dienste sowie Vereine, Initiativen, Projekte und Netzwerke. Ebenfalls können sich Hilfsorganisationen, Selbsthilfeorganisationen Betriebe sowie Firmen und Unternehmen bewerben. Private Einzelpersonen sind nicht zugelassen.
Ganz konkret werden solche Vorhaben gesucht, die Menschen mit und ohne Behinderungen zusammenbringen und damit neue Wege des Miteinanders gehen. Dies kann in den verschiedensten Kontexten angesiedelt sein: im Beruf, in der Freizeit, in der Nachbarschaft, in der Schule oder im Verein. Es können Vorhaben vorgeschlagen werden, die in beispielhafter Form die selbstbestimmte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in einem inklusiven Umfeld ermöglichen. Lokale Konzepte wie z.B. kommunale Aktionspläne zur Umsetzung der UN-BRK sind ebenfalls denkbar und können entsprechend eingereicht werden.
Bewerbungen sind mit aussagekräftige Projektbewerbung an das Büro des Thüringer Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderungen zu richten.
Preise für Menschenrechte – ein Armutszeugnis unserer Gesellschaft
Die Ausschreibung von Preisen wie dem Thüringer Inklusionspreis zeigt eines sehr deutlich: Die Gewährung von Rechten, die jedem Menschen zustehen, wird noch immer als außergewöhnlich wahrgenommen. Was die UN-Behindertenrechtskonvention und das Grundgesetz als Selbstverständlichkeit vorgeben, wird in der Praxis häufig nur unter großen Anstrengungen umgesetzt – wenn überhaupt. Genau das spiegelt sich in solchen Preisverleihungen wider.
Inklusion sollte keine Leistung sein, sondern gelebter Normalzustand. Ein Preis, der Organisationen, Projekte oder Unternehmen dafür belohnt, dass sie Barrieren abbauen oder Menschen mit Behinderungen in die Gesellschaft einbeziehen, sendet ein fatales Signal: Es zeigt, dass diese grundlegenden Menschenrechte noch immer nicht selbstverständlich sind und als etwas Besonderes gelten. Was eigentlich Standard sein sollte, wird zur Ausnahme verklärt – und das auch noch gefeiert.
Derartige Auszeichnungen verschleiern das eigentliche Problem: die systemische Verantwortung. Es sind nicht Einzelpersonen oder Projekte, die für Inklusion sorgen sollten, sondern die gesamte Gesellschaft. Solange Barrierefreiheit, Teilhabe und Gleichberechtigung nicht überall und für jeden selbstverständlich sind, wird es immer wieder „Leuchtturmprojekte“ geben, die zwar medial inszeniert werden, aber an den grundlegenden Strukturen nichts ändern.
Inklusion braucht keine Preise – sie braucht den Mut und den Willen, sie endlich konsequent umzusetzen. Solange für die Einhaltung von Menschenrechten Belohnungen verteilt werden, bleibt die eigentliche Frage unbeantwortet: Warum wird etwas ausgezeichnet, das längst Realität sein müsste? Ein Preis für Inklusion ist kein Fortschritt, sondern ein Armutszeugnis. Es ist an der Zeit, dass die Gesellschaft über diese Widersprüche reflektiert – und handelt.