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Little Bubbles. Eine Kolumne zur Kolumne „Lost in the bubble“ von Stephan Laux

Bubble
Seifenblasen im Vordergrund. Einem gepflasterten Parkplatz eines Kirchengebäudes. Schwarz weiß Fotografie
Foto: Ralph Milewski

Ralph Milewski, Fladungen - Brüchs (kobinet) Ralph Milewski hat das Titelfoto zu Stephan Laux Kolumne beigesteuert und sich seine eigenen Gedanken zur Inklusionsblase gemacht.

Ich sitze in meinem umgebauten Caddy (Inklusionsmobil) und tauche ab in die Inklusionsblase. Weitestgehend geschützt vor Inklusionsmachern und der Inklusionsindustrie durchfahre ich die Bubble. Um mich herum schwirren überall unkoordiniert kleine Inklusions-Bubbles. Es sind Inklusionsprojekte, die für eine kurze Zeit geschaffen und dann schnell wieder wie Seifenblasen zerplatzen. Sie vermitteln den Eindruck, als könnten Menschen nur über spezielle Anlässe inkludiert werden – anstatt dafür zu sorgen, dass sie im Alltag selbstverständlich überall dazugehören. Der Fokus auf „besondere“ Inklusionsprojekte verfestigt oft eher das Gefühl von Getrenntheit als das der Gleichwertigkeit. Es stellt sich die Frage: Warum braucht es überhaupt ein „inklusives Theaterprojekt“ oder „inklusives Fußballspiel“? Sollten diese Bereiche nicht immer inklusiv sein?

„Komm, wir tun mal was Gutes… ein inklusives Theaterprojekt, ein inklusives Fußballspiel, ein inklusives…“ Derartige Aktionen klingen auf den ersten Blick positiv, aber oft sind sie eher als gut gemeinte Inszenierungen zu verstehen als Schritte in Richtung echter Inklusion. Sie bleiben oft temporäre Veranstaltungen, bei denen Menschen mit Behinderung oder anderen „besonderen“ Merkmalen für kurze Zeit ins Rampenlicht gestellt werden, um „etwas Gutes“ zu tun. Nach der Veranstaltung kehrt jedoch meist alles wieder in die alten Strukturen zurück, und die Barrieren, die eine langfristige Teilhabe verhindern, bleiben bestehen.

Echte Inklusion würde bedeuten, dass Theater, Fußballspiele oder andere Aktivitäten grundsätzlich für alle zugänglich sind – ohne dass sie besonders als „inklusiv“ gekennzeichnet werden müssten. Sie würde bedeuten, dass Menschen selbstverständlich teilnehmen, ohne dass dafür ein spezielles Event nötig wäre. Die vielen kleinen Blasen – „inklusive“ Projekte und Events – zeigen letztlich, wie weit wir noch von dieser Selbstverständlichkeit entfernt sind und wie oft gut gemeinte Maßnahmen genau das Gegenteil von dem erreichen, was sie eigentlich anstreben: Normalität und echte Teilhabe für alle.

Während die Definition von Inklusion klar und einfach ist – nämlich die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen – sind die Auslegungen oft begrenzt und von persönlichen, kulturellen oder institutionellen Vorurteilen geprägt. Manche Interpretationen bleiben in Oberflächlichkeiten stecken oder setzen auf gut gemeinte, aber letztlich abgrenzende Maßnahmen, die echte Inklusion sogar behindern können.

Diese Einfältigkeit zeigt sich oft darin, dass Inklusion auf symbolische Akte reduziert wird, ohne die grundlegenden Strukturen und Haltungen zu hinterfragen, die tatsächlich Barrieren schaffen. Da werden barrierefreie Zugänge gebaut, ohne die gesellschaftliche Akzeptanz und Offenheit für Menschen mit Behinderungen wirklich zu fördern. Oder es werden spezielle Programme geschaffen, die eher Parallelwelten erzeugen als Teilhabe am Ganzen.

In Teilen lässt sich die Inklusionsdebatte tatsächlich in historische Muster einordnen, in denen Gruppen von Menschen, überzeugt davon, „etwas Gutes“ zu tun, anderen ihre Vorstellungen von „Verbesserung“ oder „Normalität“ auferlegt haben. Beispiele wie die Missionsarbeit oder die „Zivilisierung“ indigener Kinder zeigen, wie leicht die Grenze zwischen gut gemeinter Hilfe und bevormundender Einmischung überschritten wird. In diesen Fällen wurde die „Hilfe“ häufig ohne tatsächliche Rücksicht auf die betroffenen Menschen und deren Kultur aufgezwungen. Die Intentionen mögen gut gewesen sein, doch die Ausführung war oft von Macht, Kontrolle und einem verengten Blick auf das „richtige“ Leben geprägt.

Ralph Milewski November 2024