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HAMM (kobinet) Bereits mehrfach hatte die Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte Nordrhein-Westfalen darauf hingewiesen, dass die Löhne in den Behindertenwerkstätten trotz steigender Inflation seit vielen Jahren auf einem sehr niedrigen Niveau stagnieren und alle Ansätze aus der Politik den Werkstattlohn zu reformieren. Jetzt konnten sich Beschäftigte der Werkstätten persönlich selbst an die Politik wenden. In der Woche zwischen dem 23. und 27. September gingen in den Ministerien von Finanzminister Christian Lindner und von Arbeitsminister Hubertus Heil ein Großteil der 15000 Postkarten der Beschäftigten der nordrhein-westfälischen Behindertenwerkstätten ein, darauf: Wünsche, Hoffnungen, Forderungen, aber auch scharfe Kritik an der Politik der letzten Jahre.
Nach unzähligen Forderungspapieren, Gesprächen und Verhandlungen mit der Politik und den beteiligten Verbänden, entschloss sich die Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte nun zu dem Schritt, den Beschäftigten selber die Möglichkeit zu geben, sich bei der Bundespolitik Gehör zu verschaffen. Zu diesem Zweck verteilte die Interessensvertretung 15000 voradressierte Blanco-Postkarten in den nordrhein-westfälischen Werkstätten, damit die Beschäftigten kurz und knapp auf ihre Not aufmerksam machen konnten.
Die Rückmeldungen aus den Werkstätten waren gewaltig: Die Beschäftigten fühlten sich respektiert und eingebunden, sie konnten endlich einmal persönlich ihrem Ärger Luft verschaffen. Selbst die Werkstätten unterstützten die ihrer Ansicht nach pragmatische Idee einer „direkten und gelebten Demokratie“ – viele Werkstattleitungen und Geschäftsführungen übernahmen dazu das anfallende Porto des Postkartenversands.
Aus Berlin hingegen kamen nur vertröstende Worte; Textbausteine, die sich für das Engagement der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte bedanken. Eine inhaltliche Positionierung oder eine Stellungnahme zur Not der über 300000 Werkstattbeschäftigten in Deutschland: Fehlanzeige.
Die Anfrage zu einem Gespräch mit den beiden Ministern wurde selbstredend „aus terminlichen Gründen“ negativ beschienen. Die nordrhein-westfälischen Beschäftigten und ihre Werkstatträte sind erschüttert und aufgebracht obgleich einer derartigen Antwort aus den Ministerien. Gerade in Zeiten, in denen beispielsweise der öffentliche Dienst „mindestens 350 Euro mehr“ Verdienst einfordert, fühlen sich viele Werkstattbeschäftigte mit ihrem durchschnittlichen Monatslohn von aktuell 224 Euro (sic!) von der Gesellschaft abgehangen und von der Politik ignoriert.
Damit die Beschäftigte einen ersten kleinen Schritt aus der Armut heraus machen fordert die Landesarbeitsgemeinschaft weiterhin – mit Nachdruck – eine zügige Umsetzung des Zweiten Gesetzes zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts.
für mich ist die politische Ignoranz in Bezug auf die Werkstätten für Menschen mit Behinderung nichts neues, denn sie besteht bereits seit mindestens Jahrzehnten – keine Regieung setzte ernsthafte Reformen dieser Einrichtung um
Hinzu kommt, dass den Werkstattbeschäftigten einfach die [mächtige] Lobby fehlt – die grüne Europaangebordnete Katrin Langensiepen philosophierte in einem Facebook-Beitrag der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte NRW über notwendige Streiks und Gewerkschaftseinbindung, „übersieht“ aber vollkommen die Realitäten und Möglichkeiten der 320000 Werkstattbeschäftigten in Deutschland:
https://www.facebook.com/WerkstattraeteNRW/videos/555948523569407
Man hofft Jahr für Jahr auf Umbrüche oder gar nachhaltige Reformen, alles was man bekommt sind jedoch Hochglanz-Broschüren, wie wichtig eine gelungene Inklusion wäre und gegen Ende der jeweiligen Legislatur eventuell noch 2-3 kleine „Stellschrauben-Gesetze“.
In Anbetracht der UN-BRK, die Deutschland erhebliche Versäumnisse aufzeigt, ein ziemliches Armutszeugnis…