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Summertime and the living ain´t easy

Hans-Willi Weis im Joga Schneidersitz
Uneasy summertime, dennoch gelassen - der Buddha im Hinterstädtchen
Foto: Hans-Willi Weis

Staufen (kobinet) Moment mal, da stimmt was nicht. Muss es nicht heißen, „summertime and the living is easy“? Müsste es, wäre die Welt und wären ihre Sommer noch in Ordnung, so wie sie es gewesen sind, als Janis Joplin ihre Cover-Version des Songs in den späten Sechzigern aufgenommen hat. Inzwischen, in den Zwanzigern des 21. Jahrhunderts, ist die Welt nicht mehr in Ordnung und die Sommerzeit no longer easy. Von wegen „fish are jumping“ und „nothing can harm you“, umgekehrt, alles bedrohlich und in den Flüssen treiben die Fische bäuchlings zum Himmel an der Wasseroberfläche. Mit der schönen Melancholie des uns in sommerlicher Unbeschwertheit, in seliger Weltvergessenheit wiegenden Evergreens, ist es ein für alle Mal vorbei. Die Klimakatastrophe hat sie weggefegt. Summertime ist Hitze und Hagel, Feuer und Flut. Was nun?



Leugnung von Gefahr und höchster Not …

Wie ergänzen wir diesen Halbsatz zu einer schlüssigen Aussage? Doch wohl so: Leugnung von Gefahr und höchster Not führt desto sicherer in den Tod. – Die Rede von Gefahr und höchster Not bezieht sich auf die Klimakatastrophe. Weitere Gefahren und Nöte treten hinzu, weshalb in der medialen Berichterstattung auch von „Polykrise“ gesprochen wird. Die Leugnung von etwas kann ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen. Im Fall der impliziten Leugnungsweise spricht man von Verleugnung. Unter den zu beobachtenden Reaktionen auf die Klimakatastrophe (oder auf die Polykrise) stellt für mich die Verleugnung das besonders Beunruhigende dar. Die Verleugnung begegnet einem in den kommunikativen und in den handlungspraktischen Alltagsroutinen. Schlicht gesagt, die meisten Leute sprechen so und tun so, als wäre nichts.

Als hätten wir jetzt Sommer und Ferienzeit wie eh und je, als wäre Summertime und das Leben easy. Und nur notorische Miesepeter vermöchten es nicht, diese Zeit zu genießen. Das Verleugnungsphänomen durchdringt sämtliche Schichten, die demographische Mehrheit wie auch die Minderheiten. – „Gute Enden“ lautet die paradoxe Titelgebung von Max Czolleks neuer Gedichtesammlung. Er habe das Gefühl, „wir sind jenseits dieser guten Enden“, erläutert er im Interview. Und dass er sich mit seine Gedichten auf die Suche nach einer Sprache begibt „auch für die Emotionen, die das auslöst“. Der Gedichtband sei aus dem Eindruck „gewoben“, dass wir in einer ziemlich heftigen Verleugnungsphase sind, „wir wollen uns dieser neuen Realität nicht stellen“. Exemplarisch dafür die Gedichtzeile, „manche stehen schon in Flammen, andere riechen nicht einmal den Rauch“.

Oder wurden von den Wassermassen weggespült, wie die Bewohner der Behindertenheims, die in der Ahrtalflut ertrunken sind. Täuscht mein Eindruck, dass unter Behinderten hinsichtlich des Katastrophengeschehens die Sprachlosigkeit besonders verbreitet ist? Woran könnte das liegen? Verstärkt die begründete Furcht, als Vulnerable zu den besonders Gefährdeten zu zählen, am Ende die Tendenz zur Verleugnung? Möchten sie sich die bittere Wahrheit sozusagen „vor der Zeit“ nicht zumuten, jedenfalls nicht explizit? Oder wäre es nicht doch hilfreich oder eine Erleichterung, der innerlich zurückgehaltenen Emotion angemessenen sprachlichen Ausdruck zu verleihen? So tat es unlängst Stephan Laux im Podcastgespräch mit Sascha Lang. Der Stein, der in ein Mönchengladbacher Wohnheim der Lebenshilfe flog, sagt er, „das hat mich wirklich absolut sprachlos gemacht, das muss ich verdauen“ und man konnte die Emotion schwingen hören in seinen Worten und im Atem. Gleiches sollte bei persönlicher Erfahrungsmitteilung von existentieller Tragweite auch mit dem geschriebenen Wort möglich sein. In lebensbedrohlich katastrophischer Zeit kann einmal Ausgesprochenes, sei es mündlich oder schriftlich, ein Beitrag zur Lebensrettung sein, der Rettung eigenen und fremden Lebens.

Ein meditatives Rebellentum der Liebenden

Weil Schweigen bzw. Stummheit töten kann, gilt es die Sprachlosigkeit zu überwinden, die uns in Zeiten von „uneasy living“ innerlich erstarren lässt oder verhärtet. Was leichter gesagt als getan ist. Wie könnte es gehen? Sich wieder öffnen, sich aus der Selbstverkapselung herauswagen und mit anderen geteilte Momente sprachlicher Authentizität schaffen. Dies vorbereitend und begleitend unterstützen können individuelle Übungen in meditativer Geistesgegenwart, „ die die Härte der Existenz nicht zur Seite schieben, sondern genau mit ihr, an ihr entlang das Sehen üben“. So beschreibt es Marica Bodrozic in ihrem Essayband „Die Rebellion der Liebenden – Von der Verwandlung unseres Denkens in unsicheren Zeiten“. Ihre meditative Erfahrung kleidet sie in poetische Sprache: „Zwischen der (uns durch Klimakatastrophe und Krieg existenziell drohenden) Gewalt und dem Urgrund des Seins gibt es einen Raum der Güte, eine Stille, aber lebendige Welt, die eine Aufforderung zur Liebe ist. … Das Denken, das mir erlaubt, mich als verletzlich zu erleben und mich so zu zeigen, wie ich bin, umarmt mich von Innen und mahnt zur Umsicht. Dieser innere Raum der Verantwortung gehört niemandem in der Außenwelt.“

Wer Bodrozic liest, kann sich davon überzeugen, dass sie nicht einer esoterischen Flucht aus der Realität das Wort redet. Die Wirklichkeitsflüchtigen, die Realitätsverleugner oder Eskapisten sind jene, die sich mittels Unterhaltung betäuben und sei es die Betäubung durch unausgesetztes Nachrichten-Infotainment über Kriege und Klimakollaps. Fluchtreflexe, die längst auch den mehrheitsgesellschaftlichen Mainstream erfasst haben, ist eine geringere existenzielle Bedrohungssensibilität verbreitet als unter Angehörigen vulnerabler Minderheiten. Sportliche Sommermärchen bieten eine weitere Ablenkungsgelegenheit im großen Illusionstheater der Pseudoverbundenheit und trügerischen Identifikationsangebote. – „Auch keine Lust mehr auf den Horror der politischen Ereignisse?“ So fragte kürzlich der SZ-Autor Philipp Bovermann und meinte hinsichtlich der Flucht vieler Medien in „Gefühl und Identität“: „Inzwischen hat es sich bei vielen Leuten als Konsens etabliert, dass es gesund sei, sich nicht ständig vom Übel der Welt bombardieren zu lassen. Eskapismus wird so zu einer Frage der medialen Diätetik im Zustand allgemeiner Weltübersättigung, einem Akt der Selbstfürsorge. Die Lösung vieler Medienmacher lautet, die unangenehme Wahrheit etwas weniger unangenehm zu machen, sie mit Hoffnung zu würzen, mit Humor.“

Statt aufgesetzter Munterkeit geht das meditative Rebellentum der Liebenden (deren Liebe nicht zu verwechseln ist mit der separierenden romantischen Liebe) andere Wege. Erst recht in katastrophischer Zeit schreibt Marica Bodrozic, „gehen wir auf andere Reisen, die uns helfen, ein tieferes Gespräch mit uns selbst zu führen und so eine neue Beziehung aufbauen können zu allem, was lebt und uns spiegelt, was wir bisher nicht sehen konnten. Daraus entsteht gerade in unserer Zeit die rebellierende Kraft der Liebenden, die es gewagt haben, sich selbst zu sehen, sich selbst zu erleben, sich selbst zu benennen und zu würdigen – und die dieses Sehen, dieses Erleben, diese Würde in die Welt hinauszutragen. … Denn wir Menschen, unser Leben, unsere Verletzlichkeit und die Gnade, die aus allem Seienden spricht, wir sind die Welt, in der wir leben. Und diese Welt wird sich verändern. Wir können diese Veränderungen mitgestalten. Selbst am Abgrund kann ein Mensch sehen lernen, manchmal nur am Abgrund. Wenn die Liebenden die rebellische Kraft ihrer Wahrheit ins Weltgefüge hineingeben … haben sie andere Augen. Sie sind fähig aus dem reglementierenden Kollektiv auszutreten und sich neu mit dem Leben zu befreunden.“ (S.118)

Und weil auch unter uns Behinderten Bücher immer weniger gelesen werden, hier gleich noch eine wegweisende Passage aus Bodrozics Buch: „In einer Zeit der blinden kriegerischen Gewalt, die Parallel mit ökologischen, pandemiebedingten Desastern und scheinbar unabwendbaren Naturkatastrophen einhergeht, wird uns allen die Bedeutung der Zugehörigkeit und des Zuhauseseins Tag um Tag vor Augen geführt. Auch wenn es verpönt zu sein scheint, bei all diesen äußeren Herausforderungen nach Innen zu schauen, wenn wir es tun, erleben wir, dass es der einzige Weg ist, etwas Neues zu erschaffen, sich trotz allem für die Welt zu entscheiden. Nach innen zu gehen, heißt hörend sich für die Welt zu öffnen, an eine Welt zu glauben, die ich bin, die wir sind.“(S.147)

Vom Buddha aus der Vorstadt zum Buddha im Hinterstädtchen

Jetzt mal ehrlich, höre ich welche einwenden, ist das nicht esoterisches Gesäusel, was die Autorin da über nichtromantische oder unromantische Liebe von sich gibt? Die Frage lässt sich gedanklich abstrakt oder theoretisch nicht wirklich beantworten. Wie dann? Empirisch experimentell und methodisch, schlage ich vor, dadurch dass wir uns in eben den Zustand geistig seelischer Empfänglichkeit versetzen, indem sich jenes innere Empfinden „liebender Güte“ wie von selbst oder gleichsam natürlich einstellen soll, folgt man den klassischen Lehren (nicht zuletzt den buddhistischen) der Meditaionspraxis. – Von der Laufzeit her sollte dieser Empirietest freilich nicht zu knapp bemessen sein. Doch irgendwann verliert sich beim Üben der Testcharakter, regelmäßiges Üben wird zur Selbstverständlichkeit, der Sinn der Übung steht außer Frage, so wie es mir die eigene Erfahrung in mittlerweile vier Jahrzehnten Übungspraxis bestätigt hat. Eine erstaunlich treue und beharrliche Probe aufs Exempel, nicht wahr. Glaubt da jemand allen Ernstes, würde ich mich nicht zwischenzeitlich immer wieder in der von den Meditationslehren versprochenen Weise „liebend und mitfühlend“ erfahren haben, frei von „Gier, Hass und Verblendung“, ich hätte die dann sinnlose, zeitraubende und bloß noch gewohnheitshalber praktizierte Übung lebenslang fortgesetzt?

Außer Frage steht auf alle Fälle, irgendwann musst du anfangen, die ersten Schritte auf dem Weg dieser meditativen Rebellion der Liebenden tun. Und vielleicht ist es wahr, das aller Anfang schwer ist. Über geeignete oder günstige Umstände dieses Anfangens dürfte sich kaum Allgemeingültiges oder Verbindliches sagen lassen. Genügt es, einfach neugierig zu sein? Muss man am Zustand der Welt leiden? Sich unglücklich fühlen? An der ultimativen Glücksverheißung durch romantische Liebeserfüllung zweifeln? – In der Anfangszeit meiner Meditationspraxis, Mitte der 1980er Jahre bin ich dem „Buddha aus der Vorstadt“ begegnet. Incognito gewissermaßen, durch einen Kinofilm, der von einem Waschsalon handelte.

Es war Sommer, mitten in den Achtzigern des letzten Jahrhunderts, das Klima spielte noch nicht total verrückt. Tage eines Bilderbuchsommers. Auch die Nächte wunderbar warm, weshalb ich gegen elf den letzten Eilzug von Kassel nach Frankfurt nahm, Marburg Hauptbahnhof stieg ich ein, von unserer New-Age-WG in Bahnhofsnähe war es ein Katzensprung auf den Bahnsteig. Zu der späten Stunde waren so gut wie alle Zugabteile leer, die Working Class lag in den Betten. Tatsächlich gab es damals noch Eilzüge, eile mit Weile, kaum zu glauben. Zudem konnte ich den Eilzug kostenlos benutzen mit meinem Behindertenausweis. Mein T-Shirt in einen Turban verwandelt fläzte ich mich, die Beine ausgestreckt, diagonal ins Abteil, „heat of the night belongs to lovers“ von Patti Smith im Ohr, Audiokassette, klar doch, Walkman, kein Smartphone, die gute alte Analogzeit vor Apple und Konsorten. Bei offener Abteiltür und Schiebefenster nach unten donnerte der Fahrtwind durchs Abteil, Druckluftmassage in Gesicht und Nacken, herrlich. Heute vollkommen undenkbar im klimatisierten Großraumwagon mit dem nervtötenden Handy- und Whatsapp-Gequassel. Vierzig Jahr zurück in der Timeline also, bretterte der Zug durch die nächtlich stillen Lande und meiner Seele war – Eichendorff kompatibel – „als flöge sie nach Haus“. Wenngleich ich nur zu Conny fuhr, womit by the way angedeutet ist, dass ich seinerzeit noch nicht den falschen Erlösungsversprechen romantischer Liebe meditativ entwachsen war.

Angekommen im mitternächtlichen Frankfurt sprang ich in die U-Bahn Richtung Nordend. Im Stadtteil machte ich zunächst eine Spaziergang durch den Günthersburgpark unweit von Connys Wohnung, sie war erst gegen ein Uhr von einer Veranstaltung zurück. Im Park, kein Mensch unterwegs, das gedämpfte Rauschen der Stadtautobahn im Hintergrund, duftete der Jasmin. Eine subtropische Nacht unter klarem Sternenhimmel, stabile Wetterlage, Azorenhoch oder so, kein Gewitter im Anzug, nicht gleich der nächste Starkregen, das vorhergesagte Unwetter. Später bei Conny, anheimelnde Dachschräge mit Blick in einen Himmel über Hinterhausfassaden, hörten wir Summertime von Janis Joplin, obwohl zu der Zeit schon ein Oldie. Mit ihr auf dem Plattenteller wechselten sich ab Al Stuart „The year of the cat“, Steve Winwood „Break me in higher love“ und nicht zuletzt Tom Waits, den wir eben erst im Zweitausendeins-Laden entdeckt hatten, popmusikalisch mithin noch lange hin bis Billi Eilish und Taylor Swift.

Gar nicht lange hin dagegen war es bis zum andern Tag, an dem wir abends ins Kino gingen. Der Film hieß „Mein wunderbarer Waschsalon“ nach Hanif Kureishi. Dass der englisch-pakistanische Autor auch der Verfasser von „The Buddha of Suburbia“ war, konnte ich nicht wissen, das Buch erschien erst 1990 und das Wort „postmigratisch“ war noch nicht in Umlauf. Wir fanden es anrührend, so erinnere ich mich, wie sich im Film die beiden schwulen Hauptprotagonisten, der zuvor einer rassistischen Gang angehörende biobritische Jonny und der pakistanisch-stämmige schmächtige Omar (der „BIPOC“ würde man heute sagen), einander verstohlen und mit unbeholfenen Gesten näherten. Angehörige zweier feindlicher identitätspolitischer Lager, die in einer schwulen romantischen Liebe zusammen finden und der man daher ein gewisses Erlösungspotential nicht hätte absprechen wollen.

Hanif Kureishis Vorstadtbuddha handelt ebenfalls von den Klassen- und Rassenkonflikten im England der Thatcher-Ära, in der weiße Biobriten Front machen gegen indisch- oder pakistanischstämmige People of Colour. Der Buddha im Buchtitel ist natürlich mehr eine Metapher oder meinetwegen auch eine kolonialgeschichtliche Reminiszenz. Dennoch habe ich mich davon zu meiner Kapitelüberschrift inspirieren lassen, „vom Buddha aus der Vorstadt zum Buddha im Hinterstädtchen“. Da ich seit vierzig Jahren einer ihrem Ursprung nach buddhistischen Meditationspraxis folge, handelt es sich diesmal beim Hinterstädtchen-Buddha eigentlich um keine Metapher. Wie ja Staufen auch nicht London Town ist und der Minislum gegenüber unserer Wohnung im Hinterstädtchen nicht mit Brixton vergleichbar. – Richtig, darum geht es überhaupt nicht. Vielmehr möchte ich noch einmal auf meine Meditationsübung hinaus. Was sich die geneigten KolumneleserInnen darunter vorzustellen haben. Insofern ich in keiner spirituellen Gemeinschaft lebe (Sangha), praktiziere ich nicht in klösterlicher Klausur, sondern übe in häuslicher Abgeschiedenheit. Zwei Stunden am Tag, die vorbereitenden Yogaübungen zur Dauer des meditativen Sitzens in Stille hinzugerechnet. Für einen Buddha im Hinterstädtchen ist das keineswegs viel, gibt es doch nichts in vergleichbarer Weise vom Leiden Erlösendes, nichts Beglückenderes.

Und allem hartnäckigen Verdacht zum Trotz, darin manifestiert sich das Gegenteil von narzisstischem Eskapismus. Kein egoistisches Mindset also. Vielmehr das transformative Alpha und Omega, nicht das der Transformation „nach vorne“, in den Abgrund, die Apokalypse. Die von Gier, Hass und Verblendung getriebene Transformation, zu der auch die von den meisten PolitikerInnen unter der Fortschrittsparole vorangetriebene gehört. Wohingegen die Meditation Praktizierenden, die täglich Abstand vom Trubel und Getriebe nehmen (an einem Rückzugsort, es muss kein Hinterstädtchen sein), den Fortschritt der vom Leiden befreienden Transformation wie ein Ankommen erleben. An einem inneren vollkommenen Ort, wo es nichts zu verbessern gibt. – Dass ich mich nicht selten bei Vogelgesang an diesen Ort versetzt fühle, mich selbstvergessen in seiner Vollkommenheit wiederfinde, mag sich meiner Erblindung verdanken, ich weiß es nicht. Viel wichtiger, welche Erleichterung mit solch einer Vogelgezwitschererleuchtung einhergeht: Zu wissen, mit jedem dieser schweigenden Aufenthalte am innersten und unscheinbarsten Ort deines Daseins, dem Aus und Ein des Atems (ob ein Vogel singt oder anderes zu hören ist), bist du immer schon in der „besten aller Welten“ angekommen (zu der es wohl keinen anderen als diesen Zugang gibt). Mit dieser Erfahrungsgewissheit von der am „Seelengrund ruhenden besten aller Welten“ im Rücken, kannst du den dann noch verbleibenden Restbestand an gemäßigtem Weltverbesserungsbedarf in aller Gelassenheit angehen.

Das ist alles. Oder mit Alan Watts, „Das ist es“, im englischen schwingen beide Bedeutungen mit, „Thats it“.

P.S. Wer Alan Watts ist? Er lebte zuletzt auf einem Hausboot in Sausalito bei San Francisco. Man kann ihn wie alles Unwichtige googeln. Aber lieber mal dem Gesang der Vögel lauschen. Oder – solange keine Überschwemmung ist und Gefahr im Verzug – hörend dem Lauf des Wassers folgen. – Gerade musste ich an den Schluss meiner Vorweihnachtskolumne denken. Dort umschrieb ich die geistige Befreiungserfahrung (im Anschluss an Gedankengänge des jüdischen Philosophen Walter Benjamin) noch einmal mit einem anderen Bild. Demzufolge muss man sich die Stille der Meditation wie die kleine Pforte vorstellen, durch die der Messias eintritt und verweilt für die zeitlose Dauer unseres Verharrens in Geistesgegenwart.