HANNOVER (kobinet) Wie im ganzen Deutschland so gibt es auch in Niedersachsen viel zu wenig bezahlbare Wohnungen. Deshalb will die Landesregierung jetzt verschiedene Bauvorschriften abschaffen – darunter auch Maßnahmen zur Barrierefreiheit. Der Sozialverband Deutschland (SoVD) in Niedersachsen kritisiert dieses Vorhaben scharf. Aus seiner Sicht werden damit die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung ignoriert.
Die Lage auf dem niedersächsischen Wohnungsmarkt ist dramatisch: Die Mieten steigen immer weiter, gleichzeitig sinkt die Zahl der Sozialwohnungen. Besonders schwierig ist die Situation für Menschen mit Behinderung. „Zu uns in die Beratung kommen sehr viele verzweifelte Betroffene. Sie finden einfach keine Wohnungen, die barrierefrei und gleichzeitig bezahlbar sind“, erläutert Dirk Swinke, Vorstandsvorsitzender des SoVD in Niedersachsen.
Um den Wohnungsbau voranzutreiben und zu vereinfachen, will das Land Niedersachsen jetzt zahlreiche Vorschriften in der Bauordnung abschaffen. Den Plänen zufolge soll unter anderem der Einbau eines Fahrstuhls bei bestimmten Umbauten wegfallen. „Selbstverständlich begrüßen wir einen Bürokratieabbau. Dieser ist dringend notwendig. Er darf aber auf keinen Fall auf Kosten von Menschen mit Behinderung erfolgen“, warnt Swinke. Auf den ersten Blick seien Barrierefreiheit und bezahlbarer Wohnraum erst einmal Gegenpole und der Kostenfaktor schrecke viele Bauverantwortliche ab. „Es gibt aber Untersuchungen – zum Beispiel vom Deutschen Städte- und Gemeindebund – die zeigen, dass der Großteil der Kriterien für barrierefreies Bauen gar nicht mit höheren Kosten verbunden ist“, so der Vorstandsvorsitzende.
Außerdem profitierten nicht nur Menschen mit Behinderung von entsprechenden Wohnungen, sondern auch Familien mit kleinen Kindern, Pflegebedürftige und ältere Menschen.
In der kommenden Woche berät der Landtag über die Änderungen in der Bauordnung. „Wenn der Landesregierung Menschen mit Behinderung wirklich wichtig sind, dann kippen sie die Vorschriften in diesem Bereich nicht. Wir werden nicht hinnehmen, dass Betroffene Opfer einer bislang verfehlten Wohnungspolitik werden“, betont der Vorstandsvorsitzende.