BERLIN (kobinet) Fünfzehn Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) macht Deutschland nach Einschätzung des ehemalige Behindertenbeauftragten der Bundesregierung und Berichterstatter für Menschen mit Behinderungen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Gesundheitsausschuss, Hubert Hüppe, im Bereich der Inklusion eher Rückschritte als Fortschritte. Bund, Länder und Kommunen haben, nach Hüppes Worten, in ihren Anstrengungen zur Umsetzung der gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen inzwischen deutlich nachgelassen oder sie sogar eingestellt.
Der CDU/CSU-Bundestagsabgeordnete stellt mit Blick auf den fünfzehnten Jahrestag des Inkrafttretens der UN-Behindertenrechtskonvention fest: „Die Ampel hat seit Übernahme der Amtsgeschäfte Ende 2021 trotz Ankündigungen im Koalitionsvertrag bisher einen ernsthaften politischen Willen vermissen lassen, vorhandene Sonderstrukturen abzubauen und die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu stärken. Stattdessen haben sich die Sonderwelten über die letzten Jahre wieder verfestigt. Dies gilt insbesondere für den Bereich Bildung, in dem durch den Neu- und Ausbau vieler Sonderschulen immer mehr Kinder und Jugendliche mit Behinderungen aus dem Regelunterricht ausgesondert werden. Es bedarf hier dringend einer Initiative der Bundesregierung für eine umfassende und bundesweite Inklusionsstrategie“.
Während sich die Bundesregierung in anderen Bereichen der schulischen Bildung engagiert und mit dem „Startchancen-Programm“ sogar Mittel für Sonderschulen zur Verfügung stellt, sagt Hüppe, will sie für inklusive Bildung nichts tun und erklärt sich für nicht zuständig.
Auch im Arbeitsmarkt wurden nah Hubert Hüppes Worten die Sonderstrukturen nicht aufgebrochen. Menschen mit Behinderungen, die aus der „Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM)“ in den ersten Arbeitsmarkt wechseln, werden sogar sozial benachteiligt, obwohl sie anders als in der WfbM Steuern und Sozialabgaben zahlen.
Im Gesundheitswesen gibt es nach wie vor Barrieren. Die Ampel hat es bislang versäumt, den für Ende 2022 angekündigten „Aktionsplan für ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen“ zu erstellen. Es ist zu befürchten, dass in der auslaufenden Legislaturperiode nicht eine durchgreifende Maßnahme zur Barrierefreiheit umgesetzt wird.
Entgegen dem Koalitions-Versprechen, man werde für mehr Teilhabe und politische Partizipation von Menschen mit Behinderungen an wichtigen Vorhaben auf Bundesebene sorgen, werden die Betroffenen weiterhin ungenügend beteiligt.
Entsprechend hat die letzte Staatenprüfung des Fachausschusses der Vereinten Nationen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen erhebliche Defizite und Rückschritte insbesondere in den Bereichen Bildung und Arbeit festgestellt und an den Staat Deutschland eine lange Liste an Handlungsempfehlungen gerichtet. Sie müssten als Weckruf dienen, Inklusion umfassend umzusetzen. Stattdessen entsteht der Eindruck, dass die Bundesregierung die UN einfach ignoriert.
Sonderstrukturen müssen, so fordert der DU/SU-Bundestagsabgeordnete, in allen Lebensbereichen aufgelöst und ausgrenzende Systeme abgeschafft werden. Gemeinsame Lebenswelten von Menschen mit und ohne Behinderungen müssen selbstverständlich sein. „Leider entfernt sich Deutschland immer mehr von diesem Ziel.“ stellt Hubert Hüppe fest.