
Foto: Hans-Willi Weis
Staufen (kobinet) Richtig gehört oder gelesen, der Messias. Nach drei Kolumnen mit echt starkem Tobak – umgebracht werden, kriegstüchtig werden und so fort – drängt sich die Erlösergestalt des Messias als ultimativer Hoffnungsträger förmlich auf. Wie auch die Frage, was es mit dem kleinen Spalt auf sich hat, durch den er eintritt.
Empfangen die milde Gabe aus den Heilands helfender Hand
Mitte Dezember, die Tage des Jahres sind gezählt, es eilt dem Ende zu. Und veranstaltet noch einmal richtig Rummel in den Fußgängerzonen und auf den Weihnachtsmärkten. Bei aller Hektik, eine Sekunde ist dennoch drin für eine milde Gabe. Klimpert dort nicht eine Münzbox? Wenn der Wohltätigkeits-Euro in der Spendenbüchse klingt, die wohlhabende Bürgerseele aus dem Fegefeuer springt. Und wo springt sie anschließend hin? Nochmal schnell drüben in das Feinkostgeschäft? Oder lieber gleich ein Sprung über den großen Teich, der Wochenendtripp zum Einkauf in Big Apple. Früher den Superreichen vorbehalten, ist Shopping in New York, London oder Mailand heute allen gut und besser Verdienenden erschwinglich. Die Superreichen haben ohnehin die Mondreise gebucht und längerfristig die auf den Mars.
Da erweist es sich als schöner und edler Zug unserer transformativen Version von Modern Times, dass dank der Mildtätigkeit in der Vorweihnachtszeit und um den Jahreswechsel herum auch etwas für Bedürftige abfällt vom angehäuften materiellen Reichtum. Ich weiß, wovon ich spreche, habe ich mich doch bereits mehrere Male vorschriftsmäßig in den Pool der Empfangsberechtigten eintragen lassen. Bildlich gesprochen also die Hand aufgehalten und die milde Gabe empfangen (freilich nicht zu vergleichen mit dem Empfang der Hostie beim heiligen Abendmahl). Fünfzig Euro erlauben den Empfängern keine großen Sprünge. Für Big Apple reicht es nicht, für den ausnahmsweisen Sprung ins Feinkostgeschäft aber schon. Und darum geht es schließlich, wenigstens einmal im Jahr sich den Geschmack von Wohlstand auf der Zunge zergehen lassen. Das ist Teilhabe.
Aber ist es auch eine im Sinne des Messias? Oder doch nur eines neoliberal zurechtgestutzten, kleingeschrumpften Messias? Auch diese Frage muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, in den Pausen zwischen den Kau- und Schluckbewegungen der Weihnachtstrüffel. Denn dass ich und andere ausgewählte arme Schlucker sich einmal im Jahr fünfzig Euro in die Hosentasche stecken, um sie zum Feinkoster zu tragen, dafür, heiliger Strohsack, hat der Messias, hat das Jesuskindlein doch nicht nackt in der Grippe gelegen, in Bethlehems Stall nebst Ochs und Esel. Damit muss es doch noch eine andere Bewandtnis gehabt haben.
Ausbruch aus dem Gefängnis einer totalen Gegenwart
Hat es mit der Ankunft des Messias, mit der Geburt des Heilands inmitten einer heillosen Welt, nicht vielmehr dies auf sich: Dem Unheil der Welt ein Ende zu setzen, statt ihrer Heillosigkeit nur eine etwas gemäßigtere, eine sozusagen kommode Verlaufsform zu verpassen, wenn überhaupt. Demnach bestünde die unverfälschte Version dieser messianischen Ankunftserzählung im Versprechen der Befreiung aus einer totalen Gegenwart, deren Unglück schlechterdings alles in ihr kontaminiert. Diese totale, man könnte auch sagen totalitäre Gegenwart war vor zweitausend Jahren die des römischen Reichs, des Imperium Romanum. Dessen Oberschicht, das Patriziat sich der Völlerei und dem süßen Leben hingab, während die Plebejer darbten und die Landbevölkerung außerhalb Roms am Hungertuch nagte, vor allem jedoch die Sklaven in sämtlichen Provinzen des Reichs sich unter der Knute der römischen Legionäre zu Tode schufteten. Und die aufmüpfigen unter ihnen am Kreuz zu Tode gemartert wurden. Zigtausende dieser Folter- und Tötungswerkzeuge ließen die Herrn der Welt zur damaligen Zeitenwende in den Ländern rund ums Mittelmeer errichten. Von der römischen Antike als einer „Kältehölle“ hörte ich einmal einen katholischen Theologen sprechen, wahrscheinlich wird man ihm in diesem Punkt recht geben müssen.
Und heute, leben wir nicht abermals in einer totalen Gegenwart? Deren globales Unheil nicht nach kosmetischer Aufhübschung durch einen Messias verlangt, sondern, wenn schon, nach dessen geistesverwandelnder Initiation zum Ausbruch aus ihrem Gefängnis. Eine Frage, bzw. eine Sache, die heutzutage nicht allein Theologen und Gläubige beschäftigt, auch intellektuelle Freigeister und Künstler treibt sie um. So etwa, vermute ich, den Film- und Theaterregisseur Milo Rau, der sich unlängst in einem Büchlein Gedanken über eine „Rückeroberung der Zukunft“ gemacht hat. Der Untertitel lautet „Essay gegen die totale Gegenwart“ und wenn er darin der Frage nachgeht, wörtlich „wie man ein Fenster zum Himmel aufstößt“, dann kommt er damit dem Denk- oder Vorstellungsbild vom „kleinen Spalt, durch den der Messias eintritt“ schon sehr nahe. Es sind offenbar die „bleiernen Zeiten“ – ob nun die unsrige im Bann von kannibalischem Kapitalismus, Klimakrise und Krieg oder die damalige römisch imperiale am Beginn unserer Zeitrechnung –, die in sensiblen Geistern mit dem Gefühl der Erstickung zugleich einen Drang „ins Offene“ erzeugen.
Der „kleine Spalt (ein Riss in der eisgrauen Teflonbeschichtung unserer Gegenwartsverhältnisse), durch den der Messias eintritt“ ist ein Sinnbild dieser ersehnten Öffnung, das, leicht abgewandelt, auf ein Wort des jüdischen Deutschen Walter Benjamin zurückgeht. Wenn sich die der Tora folgenden Juden (so liest man am Ende von Benjamins geschichtsphilosophischen Thesen) auf eine ganz bestimmte Weise geistig der zukünftigen Zeit zuwandten, dann war in ihr „jede Sekunde die kleine Pforte, durch die der Messias treten konnte“. Und mit dessen Ankunft nicht nur das gegenwärtige Leiden enden, sondern auch das vergangene nachträglich in eigentümlicher Weise aufgehoben und wieder gutgemacht würde. Für diese, das Eintreten des Messias gewissermaßen zulassende spirituelle Praxis verwendet Benjamin den Begriff „Eingedenken“. Er steht für eine meditative Aufmerksamkeitsübung, die sich der gegenwärtigen und zukünftigen Zeit mit einem unvoreingenommenen, von Geschäftigkeitsimpulsen, Gedankenmüll und Bilderfluten möglichst entleerten Geist zuwendet. – Was leichter gesagt als getan ist, nach solchen Sätzen muss auch der Kolumnist erst einmal durchatmen.
Wenn weder die Sozialutopie noch der Technosolutionismus Auswege sind
Glaubt gegenwärtig jemand ernsthaft, eine Spielart von Sozialutopie, ein renovierter utopischer Kommunismus oder was immer, böte uns einen sogleich gangbaren Ausweg aus dem Desaster der „kannibalischen Weltordnung“ (Jean Ziegler) des globalen Kapitalismus. Oder, alternativ, die Rettung der Menschheit und des Klimas läge im Technosolutionismus (vom engl. „solution“) von Big-Tech, der technischen Lösbarkeit aller Zukunftsprobleme, wenn man sie nur auf der Stelle „technologieoffen“ und „ideologiefrei“ anpackt? Womit ich keineswegs im Umkehrschluss behaupten möchte, es ginge gänzlich ohne intelligente Technik einerseits und andererseits auch ohne mutige Experimente mit neuen Formen sozialen Zusammenlebens auf demokratischer und egalitärer Basis. Falls es denn die Menschheit schaffen sollte, den durch ihre hirn- und herzlose Raserei heraufbeschworenen Weltuntergang noch einmal zu umschiffen. Ich will sagen: Sich gedanklich und affektiv unvermittelt, ohne mentale Katharsis (was auf deutsch eine geistig-seelische Reinigung bedeutet) kopfüber in technisch oder sozial Neues stürzen, würde man sich damit nicht auf den nächsten Holzweg begeben? – Walter Benjamin formulierte seine Gedanken zu einer an die jüdische Mystik angelehnten kathartischen Geistespraxis erst, als es für ihn und seine geistesverwandten Zeitgenossen bereits zu spät war. Er selber nahm sich auf seiner verzweifelten Flucht über die Pyrenäen vor den Schergen des Nationalsozialismus im spanischen Grenzort Portbou das Leben. Desillusioniert nicht zuletzt von einer theoretisch und praktisch korrumpierten kommunistischen Sozialutopie, deren Organisationen und Kader von Ränkespiel, Zynismus und Verbitterung zerfressen waren.
Zum anderen, was die heutige, aus dem Silicon Valley stammende Technikgläubigkeit anlangt, findet sich in Benjamins geschichtsphilosophischen Resümee ein geradezu vernichtendes Urteil. Damals stimmten die kommunistische und die sozialdemokratische Arbeiterbewegung, die sich ansonsten Spinnefeind waren, in diesem Punkt überein, ihrem ungebrochenen Fortschrittsoptimismus nämlich und dessen ungebremster Technikeuphorie. Die klassenkämpferisch angestrebte Befreiung der Unterdrückten, das Ziel der politischen Revolution, so widerspricht ihnen Benjamin, bestünde gerade nicht in einer Entfesselung des Fortschritts – in immer neuen Schüben technischer Innovation, wie es im Gegenwartsjargon heißt. Vielmehr wäre die wirklich revolutionäre Zäsur, die wahrhaft befreiende Tat, so der gründlich desillusionierte Benjamin, „der Griff des in diesem (Fortschritts)Zug reisenden Menschengeschlechts nach der Notbremse“. Denn die geschichtliche Fortschrittsidee beruhe seit jeher auf der Voraussetzung der Katastrophe, ergo: „Dass es so weitergeht“ – fortschrittlich und uferlos technoinnovativ (wäre zu ergänzen) –, „ist die Katastrophe.“
Pop-Esoterik und andere Betäubungsmittel sind nicht die Alternative
Aber hört sich Benjamins Alternativrezept zur rasenden Fortschrittskatastrophe und der von ihr hinterlassenen Schneise der Verwüstung – jenes „Eingedenken“ also, wie auch seine Rede von einer „Stillstellung“ der Gedankenbewegungen in ihrem zwanghaften Selbstlauf – nicht arg nach Business-Zen oder Esoterikgedöns an? Beispielsweise „Eisbaden“ als derzeitiger Renner unter den buddhistischen Workshopangeboten zur Stressreduktion und Achtsamkeit. Silvias Nichte, eine beruflich erfolgreiche Digitalnomadin, hatte kürzlich in der Schweiz ein Wochenende gebucht. Weil das Wort „Eishölle“ oben bereits gefallen ist, zitiere ich auszugsweise aus dem Werbeprospekt.
Mit dem inneren Feuer die äußere Kälte besiegen! Stressresistent, sowie leistungsfähiger und glücklicher aus dem Sieg über die Minusgrade hervorgehen! Für den Kälteweltrekordler Wim Hof war und ist dies die zündende Idee zu seiner Kälteadaptations-Therapie. Er bestieg in Shorts und nur mit Pudelmütze den Kilimandscharo bis zur Schneespitze. Er saß zwei Stunden in einem Eisbad und tauchte ohne Hilfsmittel 60 Meter unter einer dicken Eisdecke. – Kontrolliertes und achtsames Atmen macht es möglich. Sitzen in einer Badewanne mit Eiswürfeln reaktiviert unsere uralten Überlebensmechanismen. So dass du sie in entscheidenden Situationen abrufen und dich in allen Lebenslagen gelassener und zielführender verhalten kannst.
Kommentar überflüssig, würde ich sagen. Nicht eine smarte Anpassungstechnik an die moderne Kältehölle, keine mentale Selbstoptimierung, um noch den rabiatesten Existenzkampf im neoliberalen Wettbewerb unbeschadet zu bestehen und endlos fortsetzen zu können, schwebte Benjamin vor. Nein, sein messianisch inspirierter Ruf nach der Notbremse zielt auf eine authentische Form der Unterbrechung und Besinnung.
Doch was – wenn kein Eisbadewochenende buchen – sollen wir nun konkret machen, um zur Besinnung zu kommen? Was wie unterbrechen? So knapp vor der diesjährigen turnusmäßigen Ankunft des Messias in der so konventionell wie kommerziell geframten weihnachtlichen Drehbuchgestalt. Kurz vor dem Fest wird das sicher nichts mehr mit einer Benjaminschen Vollbremsung, in den wenigen Tagen bis Weihnachten bekommen wir das mit dem Griff nach der Notbremse beim besten Willen nicht gebacken.
Drum rate ich zum Backen kleiner Brötchen, weihnachtlicher Unterbrechungs- und Besinnungsbrötchen. Im Vertrauen darauf, es möge sich in dieser sprichwörtlich „stillen Zeit“ zu irgend einer Sekunde ein kleiner Spalt öffnen, durch den der Messias hereinschlüpft. Der wirkliche, der lebendige und wirkmächtige diesmal. Der in Koproduktion mit unserer gelassen aufs Aus- und Einatmen gerichteten Aufmerksamkeit einen inneren Wandel in uns bewirkt und mithin den zunächst einmal mentalen Ausbruch aus dem Gefängnis unserer totalen Gegenwart.
Dazu ist es ratsam sich in der Vorweihnachtszeit nicht immerfort tiefer in die babylonische Gefangenschaft der Süchte und Abhängigkeiten zu begeben. Sich dem Kauf- und Konsumrausch hinzugeben, im Schwarm der coabhängigen Ellbogen an Ellbogen die Fußgängerzonen und Weihnachtsmärkte zu fluten, die Feinkostläden zu stürmen, mag es der Einzelhandel – kling, Kassenglöckchen klingeling – auch noch so gerne sehen. Und erst recht an den Feiertagen, da die allgemeine Erschöpfung die gewohnte Betriebsamkeit schon von selbst ein Stück weit herunterfährt, entschleunigt, sollten wir das willkommene weihnachtliche Loch im Zeitkontinuum der automatisierten Beschäftigungen nicht sofort wieder füllen, zumüllen, mit irgendeinem digitalen Big-Mac von Big-Tech, Netflixserien, Spotify-Playlists, Bachs Weihnachtoratorium womöglich noch irgendwo mit reingequetscht. So wird das nix, weder mit dem echten Christkind, noch mit dem kleinen Spalt für den Messias.
Stille Nacht, heilige Nacht
Und wie wird es was? Beispielsweise, dies kommt mir gerade in den Sinn, indem wir Behinderte aus unserer ganzjährlichen Not – für vieles vielmehr Zeit zu benötigen als die Nichtbehinderten und dennoch oft nicht hinterher zu kommen, öfters Pausen und Unterbrechungen einlegen zu müssen –, indem wir aus dieser unserer Behindertennot eines je schon unterbrochenen Zeitkontinuums (an Normalo-Maßstäben gemessen) eine weihnachtsfeiertägliche Tugend machen. Nämlich die einer Selbstbesinnung, eines wachen Hineinlebens in den Tag, mit längeren Zeitstrecken ohne Programm. Kurz, „cripp time“ quasi umgewidmet zu messianischer Zeit, genau so was schwebt mir vor.
Was nicht heißen soll, den lieben langen Tag zu meditieren, mit den Händen im Schoß die Weihnachtstrüffel unangerührt zu lassen, gleichsam den Weihnachtstrüffelmuffel zu spielen. Keineswegs, von Kindesbeinen an habe ich Zuckerbrötchen, Anisplätzchen, Dominosteine und dergleichen Süßigkeiten nicht verschmäht. Und als Jugendlicher mir abends am zweiten Weihnachtsfeiertag im Fernsehen Ben Hur angeschaut und mich im Wohnzimmersessel wohlig gegruselt bei der unterhaltsamen Geschichte vom Sklavenaufstand in der römisch antiken Kältehölle. Heutzutage hat man natürlich eine ganz andere Auswahl an für die Festtage sich anbietenden Feel-Good-Movies. Der Fortschritt hat eben auch manches für sich, Notbremse hin oder her.
Zur Zeit meiner Kindheit, als Weihnachten überhaupt am schönsten war, musste man ohnehin nie bremsen, vielleicht mal mit dem Tretroller auf der Dorfstraße, wenn eine Oma plötzlich aus dem Bäckerladen trat. Alles ging langsam und gemächlich vonstatten. Und an den ruhigen Weihnachtstagen ganz besonders. Mutters Hausarbeit getan, aufgeräumt Küche und Wohnzimmer, alles Mobiliar gewienert, die Böden gebohnert. Feiertägliche Ruhe auch draußen, während der 1950er Jahre meiner provinziellen Kindheitsweihnachten fuhren ohnehin noch so gut wie keine Autos. Eine Ruhe, die ich auch als Kind gespürt und ja, geschätzt habe und ich denke nicht, dass ich da übertrieben romantisiere, Momente der Langeweile, wie ich sie gewiss gelegentlich auch empfand, einmal beiseite gelassen. Je älter ich werde, desto mehr verbindet sich mir mit Weihnachten eine versunkene Welt der Geborgenheit und des Glücks. Um die Feiertage herum schwang stets etwas Verheißungsvolles in der Luft, das, es wurde früh dunkel, in der abendlichen Zeit der Stille noch einmal an Intensität zunahm. Ich liebte es in diese Stille zu horchen, ins nächtliche Dunkel zu schauen, den Riechtest zu machen, ob es geschneit hat, was – Schneeflöckchen, Weißröckchen – viel zu selten zutraf. – Stille Nacht, heilige Nacht. Mir scheint, nie wieder haben diese Worte für mich eine Stimmigkeit besessen, wie damals in meinem kindlichen Weihnachtsempfinden. Und ich meine, mich nicht zu täuschen, wenn ich im Nachhinein jene Augenblicke der wahren Empfindung als Momente einer messianischen Präsenz deute. Unversehens hatte sich ein Spalt, ein vielleicht gar nicht so schmaler Spalt, aufgetan und leise war der Messias eingetreten.
P.S. Als ich, endlich fertig mit der Kolumne, das Radio einschalte, höre ich eben noch die letzten Takte von Edward Elgars „Enigma-Variationen“. Könnte man nicht auch, frage ich mich, meine Überlegungen zum Messias als eine Art von Enigma-Variation bezeichnen? Was wäre enigmatischer, rätselhafter, als das Erscheinen des Messias. Sei es in einem kindlichen Gemüt am Weihnachtsabend oder als Erwachsener in einem Augenblick bewussten Musikhörens – ausführlicher nachlesen lassen sich diese Gedanken über messianische „Epiphanie“ bei Walter Benjamin und deren Zusammenhang mit bewusster Stilleübung in meinem Buch „Denken, Schweigen, Übung“ – eine Philosophie des Geringfügigen“ (Alber-Verlag, Freiburg 2012).