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UNO fordert schnellere Abkehr von Förderschulen

Bild vom Protestcamp mit Transparent in Genf vor der UNO
Bild vom Protestcamp mit Transparent in Genf vor der UNO
Foto: mittendrin e.V.

Köln (kobinet) Nun liegt das Ergebnis der Staatenprüfung vor. Einer der deutlichsten Kritikpunkte: Die UNO vermisst einen Aufbau der inklusiven Bildung in Deutschlands Schulen. Die Bundesregierung wird dringend aufgefordert dafür zu sorgen, dass die Bundesländer umfassende Aktionspläne vorlegen und umsetzen, um die Umwandlung der Sonderbeschulung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung in eine inklusive Beschulung zu beschleunigen. Der Kölner Elternverein mittendrin sieht im Ergebnis der Staatenprüfung eine deutliche Aufforderung an die Kommunen und an die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen, den Aufbau eines inklusiven Schulsystems endlich ernsthaft anzugehen. "Bisher sehen wir weitgehendes Nichtstun unter dem Vorwand, dass es ein vorgebliches Elternwahlrecht gebe“, sagte die mittendrin-Vorsitzende Eva-Maria Thoms, "dabei müsste erst einmal ein flächendeckendes Angebot an inklusiven Schulen in akzeptabler Qualität geschaffen werden, bevor man von einer 'Wahl' sprechen könnte.“



Der Fachausschuss der Vereinten Nationen formuliert seine „Besorgnis“ über das Weiterbestehen und die weite Verbreitung von Förderschulen und Sonderklassen in vielen Bundesländern, heißt es in der Presseinformation von mittendrin aus Köln.

Das nordrhein-westfälische Schulministerium müsse nun endlich den sogar im Koalitionsvertrag angekündigten Aktionsplan für die inklusive Bildung erarbeiten und die Führungsrolle für den Aufbau eines inklusiven Schulsystems in Nordrhein-Westfalen übernehmen. Denn aktuell gehe die Entwicklung in Nordrhein-Westfalen in die falsche Richtung. Gerade erst hat Schulministerin Dorothee Feller sogar 50 Millionen Euro für die schulische Inklusion in den Kommunen aus dem Haushaltsentwurf des Landes gestrichen. Außerdem würden in vielen Kommunen wie zum Beispiel in Köln, Duisburg, dem Kreis Unna und auch im Landschaftsverband Rheinland sogar der Bau neuer zusätzlicher Förderschulen geplant. „Dies sind eindeutige Verstöße gegen die UN-Behindertenrechtskonvention, die gerade angesichts der Ergebnisse der Staatenprüfung sofort gestoppt werden müssen“, betonte Eva-Maria Thoms.

Das Ergebnis der Staatenprüfung kann man auf der Seite der UNO herunterladen:

https://tbinternet.ohchr.org/_layouts/15/treatybodyexternal/Download.aspx?symbolno=CRPD%2FC%2FDEU%2FCO%2F2-3&Lang=en

Link zu den Abschließenden Bemerkungen des UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen als PDF-Datei:

http://liga-selbstvertretung.de/wp-content/uploads/2023/09/230912_Germany_Concluding_Observations.pdf

Kirsten Ehrhardt, 2. Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinsamft Baden-Württemberg „Gemeinsam leben – gemeinsam lernen“, die bei der Staatenprüfung Ende August in einem Protestcamp vor Ort war, fasst das Ergebnis der Staatenprüfung wie folgt zusammen: „Die Bundesregierung wird dringend aufgefordert dafür zu sorgen, dass die Bundesländer umfassende Aktionspläne vorlegen und umsetzen, um die Umwandlung der Sonderbeschulung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung in eine inklusive Beschulung zu beschleunigen. Und zwar mit klaren Zeitplänen und Ressourcenzuweisungen. Der Fachausschuss formuliert seine ‚Besorgnis‘ über das Weiterbestehen und die weite Verbreitung von Sonderschulen und Sonderklassen.“

Für Baden-Württemberg bedeute das:

– Die Landesregierung und das Kultusministerium können sich nicht hinter dem sogenannten „Elternwahlrecht“ verstecken und damit ihr Nichtstun rechtfertigen.

– Die Landesregierung und das Kultusministerium müssen endlich personelle und sachliche Ressoucen in die allgemeinen Schulen verschieben. Das bedeutet, die Zahl der Sonderschulen zu reduzieren, und zwar nicht irgendwann mal, sondern zügig.

– Die Landesregierung und das Kultusministerium dürfen nicht zulassen, dass im Land auch nur eine einzige Sonderschule neu gebaut wird.

Wenn in den Bemerkungen der UN von „Fehlvorstellungen und negativen Wahrnehmungen zur inklusiven Bildung bei eigenen Exekutivorganen“ die Rede ist, sei das nach Ansicht von Kirsten Ehrhardt eine Ohrfeige und heiße das im Klartext: „Bund und Länder haben es immer noch nicht verstanden. Ein inklusives Schulsystem in Deutschland ist Pflicht, nicht Kür!“

Quelle:

https://tbinternet.ohchr.org/_layouts/15/treatybodyexternal/Download.aspx?symbolno=CRPD%2FC%2FDEU%2FCO%2F2-3&Lang=en