Berlin (kobinet) Das Buch "Zündeln an den Strukturen" hat ein starkes Echo gefunden. Autor Ottmar Miles-Paul erwartet eine lebhafte Diskussion. Mit einer Brandstiftung ist es nicht getan, meint Miles-Paul heute im kobinet-Interview. Die Strukturen müssen verändert werden. Deutschland leiste sich ein äußerst uneffektives System mit den Werkstätten für behinderte Menschen, das immer mehr auf Kritik stoße und zu überwinden sei.
kobinet: Eine vorsätzliche Brandstiftung wird vertuscht. Die Behinderten-Werkstatt noch größer als zuvor wieder aufgebaut. Dein Buch zündelt an den Strukturen. Wann wird so ein „geschützter Arbeitsplatz“ tatsächlich mal abgefackelt?
Miles-Paul: Der Aufhänger meines im August erschienenen Romans ist in der Tat eine Brandstiftung. Begangen von drei behinderten Menschen. Sie sind so frustriert von der Situation und vor allem von den mangelnden Veränderungsmöglichkeiten in ihrer Werkstatt, dass sie keine andere Möglichkeit sahen, als sie des nachts abzufackeln. Wie bei den meisten Romanen, die kriminelle Taten als Aufhänger nutzen, rückt bei dieser Geschichte die Brandstiftung in den Mittelpunkt. Dann prägen Fragen den Fortlauf des Romans: Was wäre möglich, wenn wir in unserer Stadt keine Werkstatt für behinderte Menschen hätten? Was könnte getan werden, dass es für die einzelnen behinderten Menschen passendere, inklusive und auch besser bezahlte Beschäftigungsmöglichkeiten als in der Werkstatt gibt? Und natürlich geht es auch um die Interessen der verschiedenen Akteur*innen, wie beispielsweise die der Werkstattbetreiber*innen.
kobinet: Das ist also wie im richtigen Leben …
Miles-Paul: …deshalb habe ich für das Buch auch die Bezeichnung Reportage-Roman gewählt. Und natürlich stecken hinter all dem politische, finanztechnische und gewachsene Machtstrukturen, an denen durch die Brandstiftung und die Bemühungen für alternative Beschäftigungsmöglichkeiten kräftig gezündelt wird. Was in der realen Diskussion oft untergeht ist, wie es behinderten Menschen geht, die sich in der Werkstatt nicht wohl fühlen, dort zum Teil schlecht behandelt werden, kaum Chancen auf eine Vermittlung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt bekommen. Außerdem werden sie weit unter dem Mindestlohn bezaht.
Ob es sich dabei wirklich um „geschützte Arbeitsplätze“ handelt, dieser Frage können die Leser*innen des Romans intensiv nachgehen. Ein Mitglied des UN-Ausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen der Vereinten Nationen hatte bei der Staatenprüfung Deutschlands zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention gerade dazu eine eindeutige Haltung: Behinderte Menschen selbst brauchen nicht viel mehr Schutz als nichtbehinderte Menschen. Sie brauchen aber Schutz, wenn sie in Situationen und Institutionen leben müssen, vor denen sie geschützt werden müssen.
Diese Aussage zu unserem „Schutz“-Verständnis hat mich sehr nachdenklich gemacht. Ob und wann ein solcher vermeintlich „geschützter Arbeitsplatz“ tatsächlich mal abgefackelt wird, auch dazu bietet der Roman Einsichten und vor allem auch Alternativen. Innerlich lodern in vielen behinderten Menschen sicherlich so manche zündelnde Flammen angesichts der vielfältigen Diskriminierungen, Abwertungen und Benachteiligungen.
Deshalb hoffe ich, dass wir dieses Feuer, das in uns und leider allzuoft auch an uns brennt, vielleicht auch mit ein bisschen Hilfe dieses Romans in gezieltere Bahnen – nämlich auf die Strukturen – richten können, um Veränderungen zu erreichen. Denn das zeigt der Roman leider auch, dass es mit einer Brandstiftung nicht getan ist, sondern die Strukturen verändert werden müssen. Wir brauchen Menschen, die Türen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt und zu fairen menschenrechtlich akzeptablen Arbeitsplätzen für alle öffnen.
kobinet: Hab ja im Nachwort gelesen, „dass es keiner Brände bedarf, um den nötigen Strukturwandel zu echter Inklusion zu erreichen“. Aber muss man nicht verstehen, wenn Betroffene sich wehren, aus Notwehr oder in einem Akt der Befreiung kaputt machen, was sie kaputt macht?
Miles-Paul: Der 1969 von Rio Reiser (Musik) und Norbert Krause (Text) entwickelte Song, der 1970 von den Politrockern „Ton Steine Scherben“ als Single veröffentlicht wurde mit dem Titel „Macht kaputt, was euch kaputt macht“ kam mir beim Schreiben des Romans immer wieder in den Sinn. Und oft werde ich nun auch darauf angesprochen. Der Slogan „Macht kaputt, was euch kaputt macht“ wurde im Umfeld der deutschsprachigen Autonomen, beispielsweise in der Hausbesetzerbewegung und in neoanarchistischen Kreisen im Anschluss an die Studentenbewegung der 1960er Jahre bekannt …
kobinet: Rio Reiser hat den Song in Kreuzberg unter dem Eindruck vom Pariser Mai 1968 verfasst. Seine Lieder kamen in diesem Sommer wieder auf eine Beliner Bühne …
Miles Paul: Auch wenn es in der Behindertenbewegung Parallelen und berechtigten Frust über mangelnde Verbesserungen zu anderen Bewegungen gibt, ist den meisten zum Glück klar, dass durch Brandstiftungen keine Probleme gelöst werden können – außer vielleicht in einem Roman. Behinderte Menschen sind zudem enorm abhängig von den Unterstützungsleistungen, die ihnen zur Verfügung stehen, denn ohne diese würden sie oft ohne alles dastehen.
Mit dem Roman wollte ich dennoch deutlich machen, wie verzweifelt viele behinderte Menschen sind, weil sich kaum etwas ändert. Und auch ich bin zuweilen unheimlich verzweifelt darüber, wie beharrlich das dominierende aussondernde System der sogenannten Behindertenhilfe ist. Deshalb müssen wir Ventile finden, durch die wir unseren Frust und unsere Ungeduld deutlich machen und vor allem echte Veränderungen erreichen können. Dies bildet auch den Hauptteil des Romans: wie können wir Alternativen vorantreiben und Türen für behinderte Menschen öffnen, die nicht mehr in einer Werkstatt für behinderte Menschen arbeiten möchten – ohne Brandstifter*innen zu werden. Und hier sind vor allem die Politik, Verwaltung und die in der sogenannten Behindertenhilfe Tätigen gefordert, aber auch Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber.
kobinet: Wie lange kann sich Deutschland noch Werkstätten leisten, die ihre erklärte Aufgabe nicht erfüllen, behinderte Menschen fit für den regulären Arbeitsmarkt zu machen?
Miles-Paul: Deutschland leistet sich wirklich ein äußerst uneffektives System mit den Werkstätten für behinderte Menschen angesichts der eingesetzten Mitel. Diese sind zu Daueraufenthaltsorten geworden, obwohl sie die Aufgabe haben, behinderte Menschen fit für den allgemeinen Arbeitsmarkt zu machen und dahin zu vermitteln. Wenn jährlich weniger als 0,5 Prozent der behinderten Beschäftigten vermittelt werden, dann zeigt das, dass dieses System versagt. Dass dieses System weiterhin so agieren kann und die Angebote zum Teil noch öffentlich gefördert ausbauen kann, hat auch viel mit den Verquickungen von Politik und Verwaltung mit den Betreibern dieser Aussonderungseinrichtungen zu tun. So manche Posten werden hier von Leuten besetzt, deren in der UN-Behindertenrechtskonvention menschenrechtlich definierte Aufgabe es ist, Alternativen zu dieser Aussonderung zu schaffen und nicht immer neues Geld in die Werkstätten zu pumpen. Hier muss also dringend etwas getan werden und das beginnt die Politik zum Glück auch langsam zu verstehen. Deshalb wollte ich den Roman mit der Sichtweise einiger Betroffener auch unbedingt vor der Staatenprüfung Deutschlands zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention vor dem UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen am 29. und 30. August 2023 veröffentlichen. Dies ist mir zum Glück und vor allem mit entsprechender Unterstützung einiger Akteur*innen gelungen.
kobinet: International stoßen die deutschen Exklusionsstrukturen bei Bildung, Arbeit und Wohnen weiter auf Kritik. Der Staat muss seinen Verpflichtungen aus der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen endlich gerecht werden. Politiker dürfen nicht länger Behinderten-Werkstätten in Inklusionsstätten „umlügen“. Was können die Betroffenen jetzt in den Werkstätten selbst tun?
Miles-Paul: Bereits bei der ersten Staatenprüfung Deutschlands im Jahr 2015 hat der UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen Deutschland ins Stammbuch geschrieben, dass diese Strukturen niicht menschenrechtskonform und schon gar nicht inklusiv sind. Deutschland solle daher nicht nur Strategien für Veränderungen entwickeln, sondern diese konsequent umsetzen. Dies wurde bei der Staatenprüfung jetzt in Genfnicht nur bestätigt, sondern Deutschland wurde bescheinigt, dass Bund, Länder und Kommunen die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen in Sachen Inklusion nicht verstanden haben und es kaum Bemühungen für einen nötigen Transformationsprozess gibt
kobinet: Und nun?
Miles-Paul: Ich hoffe, dass diese Botschaft ankommt und die Behindertenbewegung dadurch Rückenwind für echte und schnelle Veränderungen hin zu einem wirklich inklusiven Arbeitsmarkt bekommt.
Für Werkstatträte, die sich in Werkstätten für behinderte Menschen engagieren, tut es meines Erachtens Not, sich ebenfalls verstärkt mit dem Geist und den Anforderungen der Behindertenrechtskonvention zu befassen und den Veränderungsprozess offensiv zu unterstützen. Für einzelne behinderte Menschen in den Werkstätten, die dort nicht zufrieden sind, lohnt es sich meines Erachtens, sich Verbündete außerhalb der Werkstatt zu suchen, die sie dabei unterstützen, stärker zu werden und neue Wege auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu gehen – und sei es auch erst mal nur ein Praktikumsplatz zu suchen. Wichtige Ansprechstellen könnten hierfür die ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatungsstellen (EUTBs), Selbstvertretungs- und Elterninitiativen sein, die hier unterstützen oder an Unterstützer*innen verweisen können. Für diejenigen der über 25.000 Werkstattbeschäftigten, die auf ausgelagerten Arbeitsplätzen zum Teil schon seit längerer Zeit bei ganz normalen Unternehmen arbeiten, bietet es sich an, mit ihren Arbeitgeber*innen darüber zu reden, ob nicht auch eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung über ein Budget für Arbeit mit entsprechender Assistenz möglich wäre. Wie das funktionieren kann, damit haben sich die Akteur*innen im Roman ausgiebig beschäftigt.
kobinet: Brandstiftung als Befreiungstat?
Miles-Paul: Prof. Dr. Marianne Hirschberg von der Universität Kassel hat sich intensiv damit beschäftigt, inwieweit die Behindertenbewegung eine Befreiungsbewegung ist oder sein müsste. Mit dem Roman wollte ich aufzeigen, dass wir allen Grund haben, dass wir behinderte Menschen uns selbst aus enorm abhängig machenden und aussondernden Strukturen befreien – so schwer das auch ist. Zu allererst müssen wir also überlegen, was wir konkret tun können, um echte Inklusion voranzutreiben – aber am besten so, dass wir keine Brände legen müssen. Gefragt ist vielmehr ein Feuerwerk von Ideen und Veränderungsprozessen, die zu echter Inklusion führen. Dazu können ganz viele Menschen etwas beitragen.
Sehr geehrter Herr Miles-Paul,
ich versuche für gewöhnlich nicht „nach links und rechts zu treten, sondern nach oben“ – meint, dass ich ungerne Mitstreiter in eigener Sache oder Gleichgesinnte und Betroffene scharf kritisiere, da man solidarisch an einem Strang ziehen sollte. Mit diesem Kommentar muss ich von meinem Anspruch abrücken und einige Thesen formulieren, um meinem Unmut ein wenig Luft zu machen.
These 1: Es ist äußerst unrealistisch, dass Werkstattbeschäftigte die Werkstatt als solche anzünden und „das System“ als ganzes niederreißen wollen – viel realistischer wäre ein Amoklauf oder Gewaltausübung gegen einzelne Menschen innerhalb des Systems, die als „Unterdrücker“ wahrgenommen werden. Eine gewaltige (!) Mehrheit der Werkstattbeschäftigten sieht nämlich in dem Werkstätten-System keinen segregierenden Arbeitsmarkt und gescheiterte Inklusion, sondern ihr Zuhause, ihren Alltag und einen erheblichen Teil ihres sozialen Umfeldes. In den allermeisten Fällen entstehen Wut und Frustration nach zwischenmenschlichen Konflikten, die insbesondere an einer Minderbetreuung (Personalnot!) festzumachen ist.
These 2: „Nichts über uns, ohne uns!“ ist das große Motto der Behindertenrechtsbewegung. Nichts desto trotz muss man sich auch innerhalb einer derartigen Bewegung abgrenzen können und Positionen vertreten, die eben nicht alle Behinderten gleichermaßen einschließt – das widerspricht einem Solidargedanken und es schwächt die Position der Behindertenrechtsbewegung insgesamt. Aber: Es gibt Bereiche innerhalb dieser Bewegung, für die man nicht uneingeschränkt eintreten kann und sollte! Muss ich als psychisch Kranker „für die Blinden sprechen“? Sollte ich als geistig eingeschränkter Mensch Mobilitätsbarrieren im System der Deutschen Bahn anprangern? Bin ich als Rollstuhlfahrer qualifiziert, für traumatisierte Menschen weiterführende Therapieformen einzufordern? Und so weiter.
In Bezug auf die anstehenden Werkstattreformen frage ich mich dementsprechend inzwischen: Warum ist nur ein verschwindend geringer Teil der Personen, die sich in Debatte und Diskussion einmischen, einmischen dürfen [!] (siehe: Steuerungsgruppen Entgelt-Studie), in Werkstätten beschäftigt oder vertreten die Beschäftigten als Werkstatträte?
Man gewinnt immer wieder den Eindruck, dass nicht nur „das System“, die Trägerschaften und Verbände, sondern auch „die Behindertenrechtsaktivisten“ genau wissen, was in den 320000 Beschäftigten vor sich geht. Da widerspreche ich energisch.
These 3: Kaum ein Außenstehender, kaum ein Politiker, kaum ein Verbands- oder Trägerschaftsvertreter, kaum eine Fachkraft hat ansatzweise eine Vorstellung davon, welche Hürden Werkstatträte in ihrer alltäglichen Arbeit nehmen müssen und vor allen Dingen welchen Spagat [!!!] sie tagtäglich vollführen müssen! Der Satz, Zitat: „Für Werkstatträte, die sich in Werkstätten für behinderte Menschen engagieren, tut es meines Erachtens Not, sich ebenfalls verstärkt mit dem Geist und den Anforderungen der Behindertenrechtskonvention zu befassen und den Veränderungsprozess offensiv zu unterstützen.“ ist natürlich sachlich vollkommen richtig, aber ein unfassbar heftiger Schlag ins Gesicht! Das geht in die gleiche Richtung wie die Formulierung der Grünen, „Die Werkstätten müssten abgeschafft werden!“ – auch vollkommen richtig, WENN (und nur wenn) man bedenkt, dass auf dem Weg zu dieser gelungenen Inklusion (und mit einem Rest-Anteil von Menschen, die nie einen Platz auf einem wie auch immer gestalteten Arbeitsmarkt finden werden) noch Jahrzehnte vergehen werden und die Gesellschaft – auch abseits von Gesetzen – in ihren Köpfen einiges ändern müsste.
Die meisten Beschäftigten bekommen von den Reformbestrebungen gar nichts mit und die, die dann doch eine Meinung dazu haben, fürchten primär um „ihr Zuause, ihren Alltag und ihr soziales Umfeld“ (siehe oben)! Die Angst geht in einigen Werkstätten um, dass man bald ohne Werkstätten dasteht!
…die Wenigen, die diese Sorgen und Ängste dann abfedern, sitzen in Werkstatträten und werden von „fabulierenden Journalisten und Behindertenrechtsaktivisten“ dann noch gebeten, sich mehr mit dem Geist der Behindertenrechtskonvention zu befassen (und sich nicht so zu sperren gegen die Veränderungen, die auf dem Papier doch so gut aussehen!)!
Verstehen sie mich bitte nicht falsch! Wir „befassen uns selbstverständlich mit dem Geist der UN-Behindertenrechtskonvention“ und wir sehen den großen Traum der Inklusion, dem Ziel dieser langen und beschwerlichen Reise. Derzeit haben nur ein Großteil der Werkstatträte (insbesondere auf Landes- und Bundesebene) ganz andere Sorgen, die sie tagtäglich von ihren Kollegen formuliert bekommen: „Das geht zu schnell, wir machen uns Sorgen um die Nachteilsausgleiche und Schutzrechte, wir haben Angst, dass die Bude bald dicht ist!!“.
Diesen Menschen kann ich nicht mit der theoretischen Reissbrettidee einer gelungene Inklusion in 2 bis 3 Generationen kommen…
Ja, ich werbe auch immer und immer wieder für Schritte in diese Richtung – aber eben Schritte, keine gewaltigen Sprünge! Ich sehe durchaus die Gefahr, dass man sich mit einer großen Reform auch übernimmt, dass nach Pandemie und Krieg der Schuß auch nach hinten losgehen kann und wir in zehn Jahren mit weniger Inklusion dastehen.
Danke für ihre Arbeit, Herr Miles-Paul! Weiter so, Kobinet-Nachrichten!
Aber auch: In diesem Inklusions-Dschungel stehen auch einzelne, verletzliche Bäume! Vergessen sie das bitte nicht!
Danke!
Frage:
Wie viel Menschen würden sich lieber in einer WfbM aufhalten? Ich hatte in einer Zwischenstudie mal was von 80% gelesen. Stimmt das? Wenn ja, dann bildet die WfbM ein Schutzraum für Menschen die eben nicht am ersten Arbeitsmarkt arbeiten können, in der WfbM aber die Möglichkeit haben, ihren Alltag auch mit Arbeit zu gestalten.
Wir reden von Sonderwelten, doch differenziert wird hier wenig.
Bezahlung könnte mit Sicherheit mehr sein, aber Vorsicht, zu hohe Bezahlung bedeutet auch Verteuerung der Produkte und somit besteht die Gefahr, dass die WfbM zukünftig weniger Auftragseingänge hat. Folge ist klar, die Gefährdung beschäftigter, die nicht auf den ersten Arbeitsmarkt arbeiten können.
Der Inklusionsgedanke hat auch grenzen und die persönliche Assistenz am Arbeitsplatz ist unter Betrachtung des Fachkräftemangels, für die Zukunft eher als Illusion zu betrachten.
Ich muss immer an die Antwort der Beschäftigten auf die Frage nach hinderlichen Faktoren [für eine Arbeitsmarktbeschäftigung] denken, die innerhalb der Entgelt-Studie (siehe 2. Zwischenbericht) geäußert wurden: 79% der Beschäftigten sagten dort: „Ich habe meine Freunde in der Werkstatt“. Das kann man kaum deutlicher formulieren und ja, in verschiedensten Studien und Umfragen sind wir bei ominösen 80% Werkstattbeschäftigten, die gerne in der Werkstatt bleiben möchten.
Aber: Es ist vielen Werkstattbeschäftigten und auch Werkstatträten bewusst, dass man dennoch an einer Inklusion arbeiten muss (!), damit nachfolgende Generationen eben nicht die WfbM für eine unabänderliche Form der „inklusiven Arbeit“ (wie sie oft verkauft wird, siehe Bayern – kobinet berichtete) wahrnehmen. Dazu benötigt es eine Befassung mit „dem Geist und den Anforderungen der Behindertenrechtskonvention“, wie es Herr Miles-Paul formulierte – alles was ich immer wieder einfordere, ist eine realistische Vorgehensweise, die eben auch Ängste und Sorgen der Beschäftigten ernst nimmt. Die Inklusion mit der Brechstange („Manche Behinderte wissen eben nicht, dass die Inklusion ihnen gut tut!“) ist in meinen Augen der falsche Weg: Mehr wagen, ja. Eine Revolution um jeden Preis, nein.
Ich würde gerne Herr Miles-Pauls Meinung zu diesem Punkt hören, aber „die Diskussion, die Ottmar Miles-Paul mit dem Roman anstoßen will…“ ist vermutlich nur das zu erwartende PR-Echo zur Steigerung von Verkaufszahlen und keine gelebte Auseinandersetzung mit den Beschäftigten in WfbM.
Tachchen…..
Ich habe da eine kleine Frage…… Sie sagen hier:
„Manche Behinderte wissen eben nicht, dass die Inklusion ihnen gut tut!“
Ist ja ein Satz mit berechtigung….. Was mir fehlt ist das WARUM…..Also Warum ist das so!!!
DAS wurde natürlich nicht hinterfragt!
Man sollte doch bitte bei Schritt 1 und nicht bei Schritt 2 oder 3 anfangen…… (Klingt zwar so, sol aber kein Angriff sein 😉 )
Warum das ist, lässt sich mit wenigen Worten erklären:
„Was man nicht kennt ….“ .. Darum ist mir das Thema auch im Buch zu oberflächlich beschrieben und nicht tiefgründig untersucht. So ein Buch verlangt mindestens 2-3 Jahre intensiver Recherche, denn das „Zündeln“ ist am Ende doch nicht so einfach. Ob sich Herr Miles-Pauls mit dem Buch einen Gefallen getan hat, wage ich zu bezweifeln.
Was man nicht kennt…… trifft es!!!!!
Was das Buch angeht:
So wie icvh es verstehe ist es wohl ein rein Fiktiver Roman…. Demnach ist es „nicht so schlimm“ wenn man nicht gut recherchiert. Ich behaupte jetzt mal, liebe Marion, dass wir uns jetzt schon einigermaßen kennen und wissen, wie der jeweils andere tickt…..zumindest im bezug auf das Kommentieren…….. insofern, galaube ich, weiß ich was sie meinen!! Und:
Jaaaaaaaa…….das sehe ich auch so!!!! ber wie gesagt……. s ist ein Fiktiver Roman.
Gut recherchiert wäre trotz allem cooler… 😉
Auch wenn der Roman fiktiv ist, was durchaus okay ist, so sehe ich darin ein großes Problem.
Gerade Menschen mit bestimmten geistigen Behinderungen, sind nicht immer in der Lage Fiktionen und Realität differenziert zu betrachten.
So wie ich das Buch interpretiere, schaut man auf den Titel, denke ich einfach, dass dieses Buch seine Zielgruppe bei den Menschen mit Behinderungen findet. Als Reaktion aber Ängste auslösen könnte. Ich kenne selber Autisten oder Menschen mit Asperger, die würden das Buch als „Real“ betrachten.
Ich versuche immer, eben nicht auf die eine Behinderung zu schauen, sondern möglichst alle Menschen zu erfassen um dann zu bewerten. Zugegeben, damit werden manche Themen nicht einfacher …
Von dieser Seite aus gesehen, Absolut richtig!! Das könnte in der tat zu einem Problem werden. Die Zeit wird es zeigen. Die Kritik, die sie hier anbringen, ist jedoch durchaus berechtight und muss ernst geniommen werden
Genau, Marion. Ich denke, dass die Werkstätten und das gesamte dahinter stehende System immer noch „lebt und atmet“, dass man „doch weiß, was die Behinderten so brauchen“. Informationen in Richtung der Beschäftigten und eine deutlich stärkere Selbstvertretung muss intensiver vorangebracht werden!
Herr Miles-Paul tut der Diskussion grundlegend gut – nur halt ebenso wie damals Lukas Krämer (…oder Barbra Streisand): Schlechte, verquere oder falsche Argumente bringen die Sache inhaltlich nicht weiter, aber sie werden wahrgenommen und stoßen Debatten an.
Sorry….. Aber (vielleicht verstehe ich es aber auch falsch) die einzigen die wissen was menschen mit behinderung brauchen sind……Überraschung: Menschen mit Behinderung……Kein Arzt, keine Eltern oder sonst wer….AUSSCHLIESSLICH WIR SELBST wissen was wir brauchen…..
Den vergleich mit Lukas Krämer finde ich etwas gewagt……… Aber das ist nur meine Persönliche Meinung…. Ich persönlich kann einen Lukas Krämer einfach nicht ernst nehmen…….
Helfen sie mir kurz: Was war den mit Barbara Streisand??? Da muss mir was entgangen sein… 😉
Ja, das stimmt und mit dem „Zündeln an den Strukturen …“ könnte mittelfristig dies sichere Umgebung zerstört werden. Behinderung ist eben nicht nur körperlich, sondern auch geistig.
Gerade Menschen mit Mehrfachbehinderungen sind der Werkstatt dankbar und würden nicht einmal einen Mindestlohn fordern. Mit zu viel zündeln, kann das alles zerstört werden.
Nicht jeder kann und will in den ersten Arbeitsmarkt, da dort der Schutzraum fehlt … Herr Miles-Paul macht es sich daher, so ist meine Meinung, zu einfach mit dem was im Buch steht.