Hameln (kobinet) Die UN-Behindertenrechtskonvention muss vor allem auch in den einzelnen Bundesländern umgesetzt werden. Dies wurde bei der Staatenprüfung Deutschlands am 29. und 30. August 2023 in Genf deutlich. Der niedersächsische Landtagsabgeordnete Constantin Grosch drängt daher auf eine konsequentere Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in Deutschland. Constantin Grosch mahnte daher die Notwendigkeit an, die Belange von Menschen mit Behinderungen ernster zu nehmen. "Es ist zwar erfreulich zu sehen, dass die Sensibilisierung der Gesellschaft für die Belange von Menschen mit Behinderungen zunimmt, doch trotz dieser vermeintlich positiven Entwicklung, verschlechtern sich für viele Menschen mit Behinderung die tatsächlichen Lebensbedingungen“, sagte Constantin Grosch.
Aus der Sicht des niedersächsischen SPD-Landtagsabgeordneten sind dafür eine Vielzahl an Faktoren verantwortlich: Die völlige Entkoppelung der Einkommen behinderter Menschen von der restlichen Ökonomie; ein angespannter Gesundheits- und Pflegesektor; neue Barrieren, mitunter durch die Digitalisierung; aber auch steigende Baupreise, durch die Barrierefreiheit und barrierearmes Wohnen unbezahlbar werden, wenn überhaupt noch in diese Maßnahmen investiert wird. Der SPD-Politiker, der selbst seit seiner Kindheit auf einen Rollstuhl angewiesen ist, weist ferner darauf hin, dass Sondersysteme im Bereich der Bildung und Arbeit den Druck zur Transformation in einen inklusiven Arbeitsmarkt verhindern. Hier brauche es endlich eine Dynamik, die bestehende Finanzströme in inklusive Angebote leitet.
Ein Aspekt, der so im Rahmen der Anhörung zur Staatenprüfung auch von Markus Schefer, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Basel, bemängelt wurde, ist nach Ansicht von Constantin Grosch: „Absonderung scheint als tief verankerte gesellschaftliche Praxis anerkannt zu sein. Diese Auffassung ist fehlerhaft und in vollem Widerspruch mit dem Übereinkommen.“
Constantin Grosch warnt weiter: „Die Privatwirtschaft darf Menschen mit Behinderungen durch fehlende Barrierefreiheit oder bewusste technische Limitierungen weiterhin ausgrenzen. Es kann nicht sein, dass in Deutschland immer noch keine Gesetzgrundlage existiert, die die Ausgrenzung behinderter Menschen aus Geschäften, Dienstleistungen und neuen Mobilitätsformen verhindert.“ Für Grosch ist die zögerliche Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ein Zeichen dafür, dass die Belange von Menschen mit Behinderungen gesellschaftlich und politisch nicht mit der gleichen Relevanz behandelt werden wie andere Minderheiten. „Wenn von Diversität gesprochen wird, vergessen wir konsequent Menschen mit chronischen Erkrankungen und behinderte Menschen. Deutschland bleibt weit hinter seinen Möglichkeiten zurück“, kritisiert er daher zusammenfassend. Stattdessen müsse mittlerweile gar ein rückwärtsgewandter Kampf geführt werden: „Mit der AfD erhält eine Partei Zuspruch, die behindertes Leben abwertet und aus der Gesellschaft verdrängen will. Das dürfen wir unter keinen Umständen zulassen!“
Sein Dank gilt jedoch allen, die in Genf und anderswo die Probleme und Hürden für Menschen mit Behinderungen dokumentieren und öffentlich machen. „Die wenigen Verbesserungen sind oft schrittweise und benötigten viel Zeit. Gerade deshalb ist es entscheidend, nicht aufzugeben und kontinuierlich für Verbesserungen zu kämpfen. Nur wenn Menschen mit Behinderungen aktiv am politischen Prozess teilnehmen und gehört werden, kann ein inklusives Land für alle von allen entstehen“, unterstreicht Constantin Grosch.