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Aus dem Kriegsgebiet unterwegs in ein neues Leben

Junge Frau im Rollstuhl sitzend, links daneben stehend ein Mann, rechts daneben ein 13jähriger Junge
Larysa Vorona mit ihrer Familie
Foto: Privat

KIEL (kobinet) Von den rund sechs Millionen Menschen, welche nach dem russischen Angriff auf die Ukraine ihre Heimat verlassen mussten, leben etwas mehr als eine Million in Deutschland. Hinter diesen Zahlen stehen aber auch ganz individuelle Menschen mit ihren persönlichen Geschichten. Sie mussten nicht nur ihr Land verlassen sondern müssen nun oft mit nur wenigen telefonischen Kontakten zur Familie und Freunden in fremden Ländern leben, ohne zu wissen, ob Familie und Freunde gesund sind, oder bereits Opfer der russischen Bomben, Minen und Granaten geworden sind.

Unter diesen Menschen aus der Ukraine sind auch Menschen mit Behinderungen. Eine von ihnen ist Larysa Vorona. Wegen einer Zerebralparese ist sie mit dem Rollstuhl mobil. Gemeinsam mit Ehemann Yurii und Sohn Pavlo musste sie wegen des russischen Bombardements ihre Heimat im Oblast Kirowohrad verlassen. Der Weg in den Westen hatte diese Familie zuerst zu Bekannten nach Krakau geführt. Aber hier konnten sie nicht lange bleiben, denn diese Wohnung befand sich im zweiten Stock. So musste Larysa weiterhin über die Treppen getragen werden.

Larysa hatte eine Elektrorollstuhl und weitere Hilfsmittel, die in Deutschland hergestellt worden waren. Das war der Ausgangspunkt für die Familienentscheidung: Wir gehen nach Deutschland ! Über Facebook wurden Kontakte nach Deutschland gesucht und in Schleswig-Holstein gefunden. Hier wurden sie nicht nur gut aufgenommen sondern auch großzügig von allen unterstützt. So erfüllte sich zum Jahreswechsel 2022 / 23 auch noch der bis dahin größte Wunsch dieser kleinen Familie: Eine eigene barrierefrei zugängliche kleine Wohnung.

Die Eltern von Yurii Voronov sind in der Ukraine geblieben. Täglich wird mit ihnen telefoniert. Aber auch in Deutschland haben sie erste Freunde gefunden. „Die lokale Organisation der AWO hilft uns sehr“, sagt Larysa und wenn dann die Sprachbarriere immer kleiner wird, so meint sie, wird sich gewiss auch das positiv entwickeln.

Mit dem neuen Jahr hat sich auch diese Familie aus der Ukraine für 2023 weitere Ziele gestellt. Sohn Pavlo hatte bereits im vergangenen Jahr in die Grund- und Gemeinschaftschule gewechselt in welcher Deutsch als Zweitsprache unterrichtet wird. Er wird nun bald 13 Jahre alt und mit dem neuen Schuljahr die achte Klasse beginnen.

Ehemann Yurii ist Programmierer und spricht auch Englisch. Bisher hat er den Integrationskurs und einen zusätzlichen Deutschkurs besucht. Jetzt absolviert er einen IT-Kurs. Anschließend hofft er darauf, eine entsprechende Arbeit zu finden.

Auch Larysa Vorona hat in Deutschland fleißig Deutsch gelernt. Zugleich hat sie einen Chatraum im Telegramm-Kanal in dem sie Menschen mit Behinderungen aus der Ukraine helfen möchte, die nach Deutschland gekommen sind. Dieser Kanal wird regelmäßig von 1.042 Personen besucht, worüber sie sich freut. Das ist zugleich der Ausgangspunkt für ihren Wunsch, diese Arbeit weiter auszubauen. Immerhin hatte sie in der Ukraine mehr als zehn Jahre lang als Leiterin einer Organisation gearbeitet, welche den Menschen mit Behinderungen in der Ukraine hilft. Für diese Arbeit hatte sie sogar den Verdienstorden des Präsidenten der Ukraine erhalten. So kann sich Larysa Vorona vorstellen, wieder auf diesem Gebiet tätig zu werden, in Deutschland Webinare oder Zoom-Konferenzen durchzuführen beziehungsweise Online-Treffen für Flüchtlinge mit Behinderungen zu veranstalten. So hat Larysa Vorona jetzt vor allem den Wunsch, recht bald eine passende interessante Arbeit zu finden und besucht dazu ab August einen Kurs als Social Media Manager.

Als Rollstuhlnutzerin war das Leben für Larysa Vorona in der Ukraine nie leicht. Mit dem Krieg ist es für sie jedoch unmöglich geworden, dort zu leben. Deshalb möchte diese Familie vor allem jetzt die enormen Möglichkeiten nutzen, welche ihnen Deutschland bietet. Als Rollstuhlfahrer fühlt sie sich hier wohl, bestätigt uns Larysa Vorona und hofft nun darauf, dass sich das intensive Lernen bald auszahlt und sie mit ihrem Mann eine Arbeit finden werden.