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Pazifizierende Praktiken Love Politics und Yoga Politics oder was gegen den Hass hilft

in Yoga-Haltung sitzend
Hans-Willi Weis Yoga
Foto: Hans-Willi Weis

Staufen (kobinet) Gott ist behindert. Behaupte ich mal. Was passiert jetzt? Werde ich gesteinigt, mit Hasstiraden auf Social Media traktiert? Wie es dem Abschlussprediger beim Kirchentag erging, nachdem er die Worte ausgesprochen hatte, „Gott ist queer“. Du lieber Gott, was da los war! Grelle Hassblitze zuckten durch die sozialen Netzwerke, weil bei den Gläubigen die Sicherungen durchbrannten. Eine Supernova aus Gift und Galle illuminiert seither den evangelischen Orbit. – Ob Gott nun behindert oder queer oder weiß der Teufel was ist, mehr interessiert mich im folgenden, ob das immer schlimmer wird mit dem explodierenden Hass im öffentlichen Raum. Oder ob es nicht Praktiken gibt, die bei einem selbst und bei anderen deeskalierend wirken.

Dem Hass mit Witz begegnen?

Wie ich es eben schon versucht habe. Hass mit Humor erwidern. Fragen, ob Gott nicht auch behindert ist. Es sieht ganz danach aus, dass er ein Handicap hat, nämlich mit seinen Geschöpfen, mit uns. Wir, die ihm aus dem Ruder laufen und seine schöne Schöpfung versauen. Weiß Gott, wo das noch hinführt mit seiner Behinderung, wenn wir so weitermachen.

Aber man müsste den Gottgläubigen mit seiner Behinderung auch nicht gleich wie mit der Tür ins Haus oder in die Kirche fallen. Statt zu sagen, Gott ist behindert und queer und was sonst noch, bestünde ein Vorschlag zur Güte darin, abkürzend zu sagen, Gott ist „querbeet“. Was wiederum nicht heißen müsste, dass er Kraut und Rüben ist. Was schon wieder lästerlich wäre. Blasphemie, für die man einst in die Hölle wanderte. Die heute allein aus Energiespargründen abgeschaltet sein sollte. Umso mehr, als die Rechtgläubigen den Falsch- bzw. Irrglaubenden auf Social Media schon zu Lebzeiten so richtig einheizen und die Hölle heißmachen.

So könnte es noch ewig witzig weitergehen. Noch nie gab es so viel Commedy und Kabarett wie heutzutage, auf allen Kanälen, Radio, TV, YouTube, Podcast. Überall darf und soll gelacht werden. Und dennoch ist mir vor Schreck und Entsetzen über die Ausraster von gleich nebenan, sozusagen um die nächste mediale Ecke oder nur einen Wisch weiter immer öfters überhaupt nicht zum Lachen. Das ist halt nicht die Bohne witzig. Dabei bin ich in den einschlägigen sozialen Medien gar nicht unterwegs und weiß von dem, was dort mitunter abgeht, bloß vom Hörensagen. Mein persönliches Schockerlebnis sind Bekannte, die mich am Telefonhörer unvermittelt anherrschen und mir „wie heißt sie noch, die Kölner Sau, diese Männerhasserin“ ins Ohr brüllen. So muss es sich auf Social Media anfühlen, dachte ich, wenn du gerade eine volle Breitseite Hasskommentare abkriegst.

Wenn das Lachen alleine es nicht zu richten vermag

Am Telefon ging die geballte Ladung Aggression direkt in mich hinein, aus der Hörermuschel am Ohr in mein Inneres, ungefiltert, ein Leserauge kann sich ja noch distanzieren, optisch bleiben die Hasskommentare draußen auf dem Bildschirm oder Display und verschwinden dort mit dem Ausschalten der Geräte. Ich jedoch, der Blinde, hatte das nun in mir, bekam es so schnell nicht wieder aus mir heraus, lief wie mit einem hässlichen Fremdkörper im Leib tagelang damit umher. Ungebremste Aggressivität mal so einfach in mich hineingefüllt und in mir abgeladen, von früher kenne ich so etwas nicht, das ist verstörend. Erst recht, wenn die Ausfälligkeit, der verbale Zivilisationsbruch von einem dir vertrauten Menschen ausgeht, von dem du angenommen hast, er denkt und fühlt wie du oder jedenfalls so ähnlich. Plötzlich giftet er dich an und du kannst und magst nicht zurückgiften.

Wo führt das hin? Ich weiß es nicht. Auf alle Fälle läuft kommunikativ, öffentlich medial wie auch zwischenmenschlich, gerade einiges auf fatale Weise schief. Die Grenzen zwischen sprachlicher und körperlicher Gewalt sind leider fließend. Die sprachliche Aggressions- und Hassäußerung geht auf der Sender- wie auf der Empfängerseite mit einer körperlichen Regung und Manifestation einher. Jeden Augenblick könnte die Schwelle zur sogenannten Tätlichkeit überschritten werden. Am liebsten an die Front in die Ukraine „schleifen“, so wörtlich, möchte der erboste Thinktank-Experte Gustav Gressel seinen Mitdiskutanten (beim einem Forums-Gespräch auf SWR2) – „sie sind wirklich zum Prügeln“, äußerte die Schauspielerin Heidelinde Weis unter lebhaftem Applaus des Studiopublikums über Menschen, die sich nicht wollen impfen lassen (WDR,14.10.2022).

Eine „Gesellschaft am Rande des Nervenzusammenbruchs“, so beschreibt der Soziologe Stephan Lessenich unsere Gegenwartsgesellschaft im Dauerstress kumulativer Krisen wie Corona, Klimakatastrophe, Krieg. Kein Wunder also, wenn die Nerven blank liegen und in den Kampfarenen der Medien und der Politik die Protagonisten – vorerst noch bildlich gesprochen – einander die Köpfe einschlagen. Ungehemmte Affektentladung in der Öffentlichkeit und Mitmenschen, die einen plötzlich mit unverhohlener Feindseligkeit verbal attackieren – das ist doch nicht mehr normal, sind da nicht wenige zu sagen geneigt. Ich denke allerdings, damit genau dies nicht zu unserer neuen Normalität wird, ist anderes erforderlich als Gewissensappelle.

Zum einen intellektuell bzw. kognitiv die Einsicht: Mehr denn je ist es nicht die Ausnahme, sondern der Regelfall, dass die öffentlich und medial geführte Debatte und der politische Streit über die Zukunft unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens „im Modus des Affekts“ stattfinden. Was „nachvollziehbar zu psychophysischer Angespanntheit, zu permanenter Erregbarkeit, zu einer jederzeit mobilisierbaren Aggressionsbereitschaft“ führt. Und die realgesellschaftliche Ursache dieser „Gefühlsaufladung“ erkennt der Soziologe Lessenich in der „zutiefst irrationalen Rationalität, der die Gesellschaft, in der wir leben, bis auf den heutigen Tag folgt“. Es sei „der Irrsinn der herrschenden Verhältnisse“ und zwar „ganz gleich, ob im Feld der Finanz-, Klima- oder Zuwanderungspolitik, bei der Organisation des gesellschaftlichen Zusammenhalts oder der Geschlechterverhältnisse“ – und nicht zu vergessen, füge ich hinzu, der mangelnden Inklusion, Unterstützung und Anerkennung von uns Behinderten.

Ganz praktisch aber bedarf es zum anderen bestimmter kultureller Fertigkeiten, intelligenter und kreativer Praktiken, einer emotionalen Gegensteuerung, der Kontrolle und des Abbaus aggressiver Erregungspotentiale, der Deeskalation kommunikativer Affektdynamiken. Fertigkeiten, die wir uns größtenteils erst noch erwerben müssen, handelt es sich doch bei dem, was mir vorschwebt, um für unsere Verhältnisse unkonventionelle Praktiken der Pazifizierung und Selbstzivilisierung. Praktiken, die erst einmal gelernt und eingeübt werden müssen.

All we politically need ist love

Vor dem soeben beschriebenen Hintergrund einer Mehrheitsgesellschaft am Rande des Nervenzusammenbruchs macht in alternativen gesellschaftlichen Minderheitenmilieus das Zauberwort Love Politics die Runde. Mehrheitlich von feministischen Stimmen vorgetragen, möchte die in den Ohren der meisten erst einmal Befremden auslösende Rede von einer Politik der Liebe politischen Debatten den Standardcharakter aggressiver Schaukämpfe nehmen, wo wie selbstverständlich erwartet wird, dass am Ende Sieger und Verlierer den Kriegsschauplatz verlassen. Nicht Menschen, die zu einer Übereinstimmung gelangt sind und sei es die, einander freundlich zu versichern, we agree that wie disagree – ganz schön blauäugig oder doch so etwas wie eine positive Utopie des Politischen, von der wir zwar meilenweit entfernt sind, zu der sich auf den Weg zu machen, erste Schritte dahin zu tun, sich dennoch lohnte?

Ich neige zu letzterem. Sowohl aus verallgemeinerbaren Vernunftgründen als auch aus der emotionalen Befindlichkeit und der Interessenlage eines Behinderten. Von beidem her, meinem sozialen Interesse und meinem Lebensgefühl, verspüre ich eine stärkere Affinität zu Sanftheit und Rücksichtnahme, Zugewandtheit und Empathie, liebevollem Miteinander und friedlicher Kooperation. Anstatt zu Rivalität und Kampf, rücksichtsloser Selbstbehauptung und feindseligem Durchsetzungswillen auf Kosten anderer, narzisstischem Konkurrenzgehabe und triumphalistischer Überwältigung des Gegners nach dem Motto „the winner takes it all“. Wie im gesellschaftlichen Zusammenleben generell, erzeugen die agonalen oder Streitqualitäten im Sprach- und Kommunikationsraum des Politischen auf Seiten der Verlierer, der Unterlegenen und all derer, denen Anerkennung verweigert wird, Rachegelüste, das Bedürfnis nach Revanche oder auch nur ein ohnmächtiges Ressentiment und resignativen Rückzug. Ich vermute mal, dass ein Teil des Hass- und Hämeaufkommens in den sozialen Netzwerken den Frust von Diskursverlierern, kommunikativ Unterlegenen oder Abgehängten, anerkennungspolitisch Gekränkten und Beleidigten zum Ausdruck bringt.

Wer vom politischen Kampf- und Dominanzparadigma als auch von dessen negativem Feedback die Nase voll hat und andererseits sich von diesem Getöse noch nicht hat demoralisieren lassen, die oder der wird die Parole „all we politically need is love“ für diskussionswürdig erachten oder sich auf Anhieb als Aktivistin oder Aktivist von ihr inspirieren lassen. In politischen Auseinandersetzungen, die durch den lovepolitisch veränderten kommunikativen Stil dann eher den Charakter eines „Sich-Zusammensetzens“ bekäme, bei dem der Akzent auf der Suche nach dem Verbindenden läge und das Bemühen um gegenseitiges Verstehen und wechselseitige Anerkennung im Vordergrund stünde. Inklusion, von Behinderten oder wem auch immer, sollte dabei schon gar kein Thema mehr sein.

Patriarchaler Kosmos der Macht und weiblich inferior gegenderter Kosmos der Pflege und Liebe – beides gehört transformiert

Au weia, was für Wortungetüme. Schlimmer sind aber die realen Ungetüme bzw. die tatsächlichen Deformationen, für die sie stehen und um deren Transformation es Love Politics ja gerade geht. Einen Eindruck von dieser Transformationsidee gebe ich in einem Artikel der Leidmedien, dem Onlinemagazin der Neuen Norm. Darin stelle ich anhand eines Essays der prominenten Autorin und POC-Aktivistin Mithu Sanyal deren feministische Diskursalternative vor. Sie möchte dem toxisch maskulinen Diskursstil mit einem positiv femininen, an einem friedfertigen, freundlichen, ja liebevollen Miteinander orientierten Stil der politischen und gesellschaftlichen Kommunikation begegnen. Hier der Link zu diesem Text: https://dieneuenorm.de/politik/love-politics/

Dazu ergänzend der Hinweis auf eine Diskussionsveranstaltung bei den 22. Schillertagen in Mannheim. Auch bei diesem Podiumsgespräch ging es um die Frage, „ist Love Politics die Lösung?“ Und auch was es heißen könnte, „Liebe, Fürsorge, Verletzlichkeit und Zärtlichkeit mit Blick auf den politischen Raum denken“. Was für eine Herausforderung mit diesem Anspruch einhergeht, machen die Worte der Regisseurin Simone Dede Ayivi deutlich: „Machtstreben und Streben nach Reichtum sprengen die Verbindung zu anderen, die es trotz der Unterschiede, die nicht aufgehoben werden sollen, ja herzustellen gilt.“ Oder was den Selbstanspruch betrifft, die eigene Verletzlichkeit zu zeigen: „Solange wir eben noch in einer Politik der Konkurrenz drinsitzen, ist ja eigentlich das Schlimmste, was wir machen können, unsere möglichen Schwachstellen offenzulegen.“ – Ebenfalls zum Nachhören der Link zu dieser von SWR2 mittgeschnittenen Diskussion am Mannheimer Theater vom 27. Juni: https://www.nationaltheater-mannheim.de/spielplan/a-z/swr2-forum-ist-love-politics-die-loesung/

Sich kloppende Alphatiere, die mit demonstrativer Verachtung die Schwächen des Gegners gnadenlos ausnutzen und ihn um jeden Preis politisch zu vernichten trachten – dies ist in aller Kürze das uns medial gespiegelte Bild von Politik und Macht. Und auch das in unserer Demokratie quasi verbindliche Skript für ein erfolgversprechendes Intervenieren im „Kosmos der Macht“, den das Patriarchat einst geschaffen hat und bis in alle Zukunft perpetuieren möchte. Das Andere zum patriarchalen Kosmos der Macht, gewissermaßen das Kontrastprogramm zu ihm, stellt nach Marlene Streeruwitz, die dieses Begriffspaar geprägt hat, der „Kosmos der Pflege“ dar. Als die Domäne der Frauen, Ort und Hort des bis auf den heutigen Tag gesellschaftlich minderbewerteten Weiblichen, ist er jenem untergeordnet und strukturell darauf angelegt, ihm zuzuarbeiten. Während sich der Kosmos der Macht, Machiavelli folgend, bei seinen Agenten auf „Verstellung und Narzissmus“ gründe, beruhe der Kosmos der Pflege auf „Authentizität und Empathie“ bei seinen Protagonistinnen. Denn ob Kinderpflege oder die Assistenz und der Support von Behinderten, chronisch Kranken und Alten, sie lassen sich nur bewerkstelligen mittels Einfühlung und aufgrund eines unverstellten, authentischen Blicks auf das menschliche Gegenüber und für dessen Bedürfnisse.

Mit diesen weichen Qualitäten, mit der Sanftheit des Kosmos der Pflege möchte nun der feministische Diskursansatz der Love Politics die hegemoniale Männlichkeit im politischen Kosmos der Macht unterlaufen. Deren sprachlichen und kommunikativen Politikstil der Verstellung, der Täuschung, der Verführung, der Korrumpierung durch narzisstische Belohnung, der Drohung mit Ausschluss usw. zu unterwandern und letztendlich abzulösen durch Dialog, Verständigung, „auf Authentizität und Einfühlung beruhende Verständigung“. – Welch ein Unterfangen! Nach diesem Stoßseufzer ist mir zumute, wenn ich mir Marlene Streeruwitz begrifflich scharfe Gegenführung der beiden Kosmen vor Augen halte. Und dabei ist an diesem Punkt meiner Überlegungen das Problem der Sprache noch nicht adressiert. Denn – was wir uns meistens nicht bewusst machen – Sprache an sich ist machtaffin. In subtiler Weise auf Herrschaft und Beherrschung aus, mag sie noch so sehr dialogisch auf Verständigung ausgerichtet sein, von der besten Absicht getragen.

Yoga Politics, eine pazifizierende Praktik jenseits des Sprachlichen

Nun habe ich vorangehend schon so viele Worte verloren, dass in dieser Kolumne kein Platz mehr ist, auch noch die Wichtigkeit des Nichtsprachlichen oder des Schweigens gebührend zur Sprache zu bringen. Ein Indiz dafür, wie nötig das wäre, scheint mir die Atemlosigkeit, mit der auf feministischen, diversen und woken Podien bisweilen Debatten geführt werden, ein verbaler Overkill geradezu. Einmal kurz durchatmen wird da kaum Erholung bringen. Aber nicht nur wegen der erholsamen Atempause beim Sprechen und rastlosen Debattieren, die regelmäßige Übung, für eine Weile ruhig und gleichmäßig zu atmen, ohne dabei zu denken und zu sprechen, die Grundübung des Yoga also, hat noch so viel anderes für sich. Nachzulesen in meinem oben angeführten Leidmedien-Artikel.

Weshalb ich von Yoga Politics spreche und die pazifizierende Praktik des Yoga oder der Meditation damit politisch der feministischen Diskursstrategie Love Politics zur Seite stelle, dazu abschließend wenigstens noch einmal die Grundüberlegung. Um Love Politics im Alltag der politischen Debatte umzusetzen, muss ein neues und ungewohntes Sprach- und Kommunikationsverhalten gelernt und ein altes, in Fleisch und Blut übergegangenes Verhalten verlernt werden. Friedfertigkeit ist, wie das Wort schon sagt, eine Fertigkeit, etwas, das durch geistige Schulung, ein mentales Training, erworben werden muss. Yoga bzw. Meditation ist die innere Befriedungspraktik par excellence. Sie unterbricht, individuell geübt, regelmäßig den Alltagsablauf, dessen Geschäfte und Routinen. Ein friedlicher Geist und emotionale Ausgeglichenheit sind nicht die einzige segensreiche innere Verwandlung, die sich allmählich einstellt. Erst wenn das Denken und Sprechen in uns einmal für kurze Zeit schweigt, kommt Intuition und intuitives Wahrnehmen zum Zug, ein Gewahrsein und Gewahrwerden, das sich so nur in der Stille des Nichtsprachlichen ereignet. Und innerlich oder mental die Disposition schafft zur authentischen Selbstwahrnehmung und ebenso für einfühlsame Fremdwahrnehmung, jene beiden Hauptqualitäten des Kosmos der Pflege, von denen die Rede war.

Für manche mag sich dies nach abgedroschenem Achtsamkeitsjargon anhören, sachlich ist es deswegen jedoch nicht minder wahr und richtig. Und um schließlich auch noch diesem Missverständnis vorzubeugen: Meine Empfehlung der pazifizierenden Praktik des Yoga sollte nicht mit der Verschreibung einer bitteren Medizin zur inneren Ruhigstellung verwechselt werden. Treffender wäre es, in dieser Übung eine subjektive Glückseligkeitstechnik zu erkennen – von „Sat-Chit-Ananda“, Sein-Bewusstsein-Seligkeit, sprachen die alten Inder. Eine Selbsttechnik, die sich auch als sozial lebensdienlich herausstellt. Indem sie gerade nicht dem Kosmos der Macht weitere Todesenergien zuführt. Und flössen diese auch in ein so friedenssicherndes Unternehmen wie die Bundeswehr.

Wie ich zu guter Letzt auf die Bundeswehr komme? Carlo Masala, Professor an der Bundeswehrhochschule in München, sagt von der Bundeswehr der Zukunft, sie sei „divers und woke und bis an die Zähne bewaffnet“. – Was Gott wohl dazu sagen würde? Da ich die Kolumne mit ihm begonnen habe, möchte ich auch mit ihm schließen. Und einmal frech behaupten, Gott war immer schon divers und woke und bis an die Zähne unbewaffnet. Und als ein barmherziger darüber hinaus von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt. Kurz, man darf ihn als natürlichen Alliierten jedweder Liebespolitik betrachten. Und ich finde, wir Behinderten hätten es mit ihm gar nicht besser treffen können, oder?

Literaturhinweise

Stephan Lessenich, Nicht mehr normal – Gesellschaft am Rande des Nervenzusammenbruchs, Berlin 2022

Marlene Streeruwitz, Geschlecht. Zahl. Fall. (Vorlesungen), Frankfurt 2021

Seyda Kurt, Radikale Zärtlichkeit – Warum Liebe politisch ist, Hamburg 2021
(Die Autorin kritisiert z.B. die Herrschaftsfunktion der sprachimmanenten Privilegierung binärer Klassifikationsfiguren wie weiblich/männlich etc.)