
Foto: Antidiskriminierungsstelle des Bundes
Berlin (kobinet) Mehr als ein Drittel aller Menschen mit Migrationshintergrund, die in den vergangenen zehn Jahren auf Wohnungssuche waren, hat schon einmal rassistische Diskriminierung erlebt. Das zeigt eine Umfrage im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) aus dem Jahr 2020. Auch beispielsweise Menschen mit Behinderungen und queere Menschen erleben Ausgrenzungen auf dem Wohnungsmarkt. Das Portal "Good-Practice - Beispiele bei Vergabe, Vermietung und Verwaltung von Wohnraum“ der Antidiskriminierungsstelle zeigt ganz konkret, wie man Diskriminierung verhindern kann.
„Immer wieder melden uns Menschen, dass sie wegen ihres Namens oder ihrer angenommenen Herkunft nicht zur Wohnungsbesichtigung eingeladen werden. Uns erreichen auch Fälle, in denen Menschen wegen ihrer sexuellen Identität, einer Behinderung oder aus anderen Gründen keinen Mietvertrag bekommen oder mehr Miete zahlen müssen als andere. Aber Wohnen ist ein Menschenrecht – und Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt verboten. Deshalb wollen wir positive Beispiele zeigen, wie Wohnraum ohne Diskriminierung vergeben und verwaltet werden kann“, sagte die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung Ferda Ataman zum offiziellen Start des Portals.
Die Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, Klara Geywitz, würdigte das Portal zum Auftakt als „Mutmacher“: „Mehr als ein Drittel aller Menschen mit Migrationshintergrund macht diskriminierende Erfahrungen auf dem Wohnungsmarkt. Das ist eine Realität in Deutschland, die sichtbar gemacht werden muss. Das macht etwas mit einem Menschen, wenn man bei der Wohnungssuche benachteiligt wird, weil Vorurteile oder Rassismus beim Vermieter eine Rolle spielen. Der Zugang zu einer eigenen Wohnung muss allen Menschen offenstehen – unabhängig von ihrer Hautfarbe, Religion oder sexuellen Orientierung. Ich unterstütze daher die Initiative der Antidiskriminierungsbeauftragten Ferda Ataman zur Einrichtung eines Portals, das mit positiven Beispielen zeigt, wie es anders geht. Die Beispiele sollen Mut machen, selbst aktiv zu werden.“
In dem Portal stellt die Antidiskriminierungsstelle 24 Beispiele vor, wie vorbeugend, aber auch reaktiv gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt vorgegangen werden kann. Einige davon:
– Das Immobilienportal Immowelt bietet auf der Wohnungsvermittlungsplattform ausführliche Informationen über Diskriminierung am Wohnungsmarkt und wie Betroffene reagieren können. Die Informationen sind in Kooperation mit der Landesantidiskriminierungsstelle Berlin entstanden.
– Die Landeshauptstadt München liefert mit „SOWON – Soziales Wohnen online“ ein transparentes Verfahren, bei dem sich die potenziellen Mieter*innen gezielt auf bestimmte Wohnungen bewerben können.
– Die GESOBAU stellt mit dem Projekt „Wohnen und Leben im Märkischen Viertel“ unbefristet Wohnungen für zuvor wohnungslose zugewanderte Menschen aus Südosteuropa zur Verfügung.
– Bei ImmoScout24 finden Immobiliensuchende unter anderem die „Wheelmap“, die Informationen zur Barrierefreiheit der Umgebung jeder angebotenen Immobilie anzeigt.
Link zum Ratgeber Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt – erkennen und handeln
Die Good-Practice-Sammlung soll dazu ermutigen, selbst aktiv zu werden. Zugleich zeigt sie, dass sich der Einsatz gegen Diskriminierung lohnt, denn viele der Maßnahmen dienen auch der Qualitätsentwicklung in der Wohnungswirtschaft. Die „Zoom – Sozialforschung und Beratung“ GmbH hat dafür von Oktober 2021 bis Mai 2022 bei wohnungswirtschaftlichen Akteur*innen im gesamten Bundesgebiet Beispiele und einige internationale Maßnahmen recherchiert.
Link zu den Good-Practice-Beispielen: https://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/was-wir-machen/good_practice/good_practice_wohnungsmarkt/good_practice_wohnungsmarkt_node.html
Die LIGA Selbstvertretung begrüßt die Initiative der Antidiskriminierungsstelle des Bundes und weist auch auf die intersektionalen Herausforderungen hin, die beispielsweise behinderte Menschen mit Migrationshintergrund erleben. Für die LIGA ist klar, dass es dringend einer Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes bedarf. Ein Bündnis von über 100 Organisationen hat dazu Vorschläge entwickelt und wartet ungeduldig auf die Veröffentlichung der Eckpunkte durch das Bundesjustizministeriums. Eine längst überfällige Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) ist im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP verankert.
Link zur Presseinformation, zur Stellungnahme und zur Ergänzungsliste zur AGG-Reform