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HANNOVER / STUTTGART (kobinet) Angesichts der armierenden Zahlen der Neuauflage des Armutsberichts des Paritätischen Wohlfahrtsverbands fordern Sozialverbände in mehreren Bundesländern schnelle Maßnahmen der Politik. Die Bekämpfung von Kinder- und Altersarmut sowie sichere Löhne müssen nach den Forderungen der Verbände im Fokus der politischen Entscheidungen stehen
Angesichts dieser erschreckenden Entwicklung ist für den Sozialverband Deutschland (SoVD) in Niedersachsen Damit klar, dass die Armut in Niedersachsen sich nicht nur verfestigt, sondern steigt sogar. „Für ein reiches Land wie Deutschland ist das wirklich beschämend“, sagt Bernhard Sackarendt, Landesvorsitzender des SoVD in Niedersachsen und ergänzt: „Wir weisen seit Jahren auf diese gefährliche Entwicklung hin. Offenbar nimmt die Politik die Zahlen nicht ernst genug, denn es passiert viel zu wenig.“ Dies führe dazu, dass mittlerweile zahlreiche Menschen nicht mehr wissen, wie sie finanziell über die Runden kommen sollen und so von der gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen sind.
„In punkto Armutsbekämpfung muss deshalb an verschiedenen Stellschrauben gedreht werden“, fordert Sackarendt. Die Kindergrundsicherung müsse endlich kommen und es brauche eine Anhebung des Rentenniveaus. Dies sei für die Vermeidung von Altersarmut dringend notwendig.
In Baden-Württemberg erreicht die Armutsquote im Jahr 2021 mit 14,1 Prozent einen neuen Höchststand. Gegenüber 2020 steigt die Quote damit um 7,6 Prozent an, nicht um 6,1 Prozent, wie aus den vorläufigen Zahlen hervorging.
„Im bundesweiten Vergleich steht Baden-Württemberg noch vergleichsweise gut da. Dennoch ist die Zahl der armen Menschen bei uns im Land um über 114.000 Personen angestiegen. Diese dramatische Zunahme der Armut muss jetzt gestoppt werden“, erklärt Ulf Hartmann, Vorstand des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Baden-Württemberg.
„Die hohe Inflation trifft Menschen in Armut besonders hart. Hier muss die Landesregierung mehr eigene armutspolitisch wirksame Anstrengungen gegen die Ursachen von Armut unternehmen“, so Hartmann.
Unkompliziert und sehr effektiv im Kampf gegen Armut sei etwa die Einführung einer kostenfreien Gemeinschaftsverpflegung in der Kindertagesbetreuung und an den Schulen sowie die kostenfreie oder zumindest erheblich kostenreduzierte Nutzungsmöglichkeit des ÖPNV für Menschen in der Grundsicherung. „Besonders wichtig ist auch, alle Anstrengungen zu verstärken, um Menschen in Ausbildung und Arbeit zu bringen. Wir haben einen massiven Mangel an Arbeitskräften in der Sozialwirtschaft und in vielen anderen Bereichen. Gleichzeitig sind arbeitslose und niedrig qualifizierte Menschen am stärksten von Armut betroffen“, so der Vorstand weiter. Sollte für langzeitarbeitslose Menschen eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht möglich sein, müssten mehr Beschäftigung und Qualifizierung in einem sozialen Arbeitsmarkt auch vom Land gefördert werden. “Es ist nach meiner Überzeugung für alle immer besser, Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Vor allem im Kampf gegen Armut“.