Greifswald (kobinet) Henry Spradau aus Greifswald hat die kobinet-nachrichten auf eine aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hingewiesen. Das Gericht hat festgestellt, dass die Amtszeit der gewählten Schwerbehindertenvertretung (SBV) nicht vor Ende der Wahlperiode endet, auch wenn die Anzahl der schwerbehinderten Mitarbeiter*innen unter fünf sinkt.
Bericht von Henry Spradau
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einer Entscheidung von Oktober 2022 festgestellt, dass die Amtszeit der gewählten Schwerbehindertenvertretung (SBV) nicht vor Ende der Wahlperiode endet, auch wenn die Anzahl der schwerbehinderten Mitarbeiter*innen unter fünf sinkt. Diese Anzahl ist für die Wahl zu einer SBV maßgeblich (§ 177 SGB IX).
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: In einem Betrieb mit 120 Mitarbeitenden war im November 2019 eine SBV gewählt worden. Im August 2020 hatte sich die Zahl der wahlberechtigten schwerbehinderten Beschäftigten auf vier verringert. Die Arbeitgeberin teilte der Vertretung daraufhin mit, dass deswegen deren Amtsdauer vor Ablauf der regelmäßigen Zeit von vier Jahren beendet sei. Die betroffenen schwerbehinderten Beschäftigen würden von der SBV in einem anderen Betrieb der Arbeitgeberin mit vertreten.
Die SBV beantragte daraufhin beim Arbeitsgericht die Feststellung, dass die Vertretung nicht aufgelöst sei; der Antrag wurde ebenso wie vor dem Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Das BAG stellte dagegen fest, dass das Amt nicht vorzeitig erloschen sei, weil eine entsprechende Rechtsgrundlage dafür nicht vorhanden sei. In § 177 Abs. 7 hat der Gesetzgeber zwar Regelungen getroffen, wann das Amt vorzeitig erlischt, nicht aber für den Fall der Verringerung der Wahlberechtigten. Das BAG erkannte darin auch keine gesetzliche Regelungslücke, die es auszufüllen gelte.
Das Amt der SBV endet also nicht vorzeitig, wenn die Zahl der schwerbehinderten Beschäftigten unter fünf sinkt.
Beschluss BAG vom 19.10.2022 – 7 ABR 27/21
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Köln vom 10.3.2021 – 20 BV 134/20; Landesarbeitsgericht Köln vom 31.8.2021 – 4 Ta BV 19/21