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Die Sommerinterviews

Assistent und Mensch mit Behinderung trinken gemeinsam
Ein Assistent hilft einem Mensch mit Behinderung beim Trinken und trinkt gleichzeitig selbst.
Foto: Andreas Vega

München (kobinet) Wer kennt das nicht, Lieblingssendungen oder wichtige Ansprechpartner sind in der Sommerpause. So plagt einem vor dem Fernseher entweder die Langeweile, oder der richtige Mann zum Reparieren eines Rollstuhls ist in weite Ferne verreist. Kobinet hingegen wird in den nächsten Tagen täglich ein Interview zum Thema „Persönliche Assistenz“ veröffentlichen. Am 19. Juni diesen Jahres veröffentlichten wir einen Bericht über massive Probleme bei der Personalsuche im Arbeitgebermodell bzw. persönlichen Budget. Die Redaktion erreichte viel Resonanz, das Thema der Artikel also getroffen. Täglich erscheint also ein Interview mit einem Menschen mit Behinderung, der „Persönliche Assistenz“ selbst organisiert und so versucht sein Lebensmodell „Selbstbestimmt Leben“ umzusetzen. Unsere Leser*innen bekommen also einen kleinen Einblick in die Probleme, die sich auf diesem Wege ergeben.

Heute sprechen wir mit einer behinderten Arbeitgeber*in vom Niederrhein in NRW.

Kobinet: In welchem Umfang benötigen Sie persönliche Assistenz?

Ich benötige 24 Stunden täglich eine „rund um die Uhr Assistenz“

Kobinet: Wie lange leben Sie schon mit persönlicher Assistenz?

Seit April 2020, erst im Dienstleistermodell, und seit dem 01.11.2021 organisiere ich meine Assistenz im Arbeitgebermodell.

Kobinet: Wie funktioniert bei Ihnen die Suche nach geeigneten persönlichen Assistent*innen?

Schleppend, da die Tätigkeit als „persönliche Assistent*in“ nicht bekannt ist. Es befindet sich alles im Umbruch. Arbeitszeitmodelle und der Arbeitsmarkt als solches (Work Live Balance) ist ein großes Thema. Auch sehr gute Vertragsbedingungen nutzen die meisten nur bedingt, da die Nachfrage einfach zu groß ist.

Kobinet: Welche Medien nutzen sie zur Personalsuche?

Ich nutze persönliche Kontakte, also Mundpropaganda. Aber auch Facebook, Aushänge und die Agentur für Arbeit

Kobinet: Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Es ist nicht leicht Arbeitgeberin zu sein. Ich erlebe oft in dieser Funktion nicht ernst genommen zu werden. Wir haben zwar alle Rechte und Pflichten wie alle anderen Firmen, stehen aber immer wieder vor Fragen die an einem „normalen Betrieb“ nie gestellt würden, z.B. warum benötigen sie ein Sofa, wer benutzt es, Wo steht das Sofa usw.. Ich antworte dann: Ich brauche es nicht, ich bin Rollstuhlfahrerin! Meine Mitarbeiterinnen können es wohl kaum von Raum zu Raum tragen. Es gibt noch mehr Beispiele, wo ich nicht weiß ob ich lachen oder weinen soll. Vor Wut explodieren wäre auch eine Option, ist garantiert kostensparend!

Kobinet: Fürchten Sie Ihre Selbstbestimmung aufgrund der aktuellen Lage zu verlieren?

Nein! Sich immer auf dem Laufenden zu halten, kann helfen.

Kobinet: Wie schätzen Sie die aktuelle Lage bezüglich der persönlichen Assistenz ein?

Es gibt noch viel zu tun, um tatsächlich zum echten selbstbestimmten Leben zu kommen. Solange Arbeitgeber im Persönlichen Budget nicht tatsächlich gleichgestellt sind, führen wir einen ungleichen Wettbewerb. Wir dürfen kein Urlaubs- und Weihnachtsgeld zahlen, es sind freiwillige Leistungen. Diese müssten privat finanziert werden, was ich nicht kann. Außerdem gibt es keine Steuervorteile, da wie keine Gewinne und Verluste haben.

Kobinet: Vielen herzlichen Dank für Ihre Antworten!