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Entscheidung zum Wegeunfall in der Gesetzlichen Unfallversicherung

Goldene Statue Justitia mit Schwert und Waage
Justitia
Foto: Sang Hyun Cho auf Pixabay

Greifswald (kobinet) Das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg hat in einem Urteil vom Februar 2022 festgestellt, dass eine Versicherte, die auf dem Weg zum Geschäft ihres Hörgeräteakustikers stürzt, nicht unter dem Schutz der Gesetzlichen Unfallversicherung (GUV) steht. Dazu hat Henry Spradau den kobinet-nachrichten folgenden Bericht zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt.

Bericht von Henry Spradau

Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg zum Wegeunfall in der Gesetzlichen Unfallversicherung (GUV)

Das LSG hat in einem Urteil von Februar 2022 festgestellt, dass eine Versicherte, die auf dem Weg zum Geschäft ihres Hörgeräteakustikers stürzt, nicht unter dem Schutz der GUV steht. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Bei der als Fahrdienstleiterin bei der Deutschen Bahn beschäftigten Versicherten liegt eine Einschränkung ihres Hörvermögens vor. Sie hatte deshalb schriftlich mit ihrer Arbeitgeberin vereinbart, bei ihrer Arbeit stets Hörgeräte tragen und hierfür vorsorglich auch immer Ersatzbatterien mitführen zu müssen. Während einer Spätschicht im August 2019 fielen ihre Hörgeräte unerwartet aus und sie musste die Batterien wechseln. Am Vormittag des folgenden Tages machte sie sich auf den Weg zum Geschäft ihres Hörgeräteakustikers, um dort neue Ersatzbatterien zu kaufen. Unmittelbar im Anschluss wollte sie erneut ihre Spätschicht antreten. Vor dem Geschäft stürzte sie und zog sich einen Bruch am Kopf des Oberarmknochens zu.

Das Sozialgericht Potsdam hatte mit Urteil vom 16.9.2020 entschieden, dass der Schutz der GUV auch auf dem Weg bestehe, den die Frau zurücklege, um Ersatzbatterien für ihre Hörgeräte zu besorgen.

Die zuständige Unfallkasse legte gegen das Urteil Berufung ein. Das LSG bestätigte die Rechtsauffassung der Unfallkasse. Es entschied, dass persönliche Gegenstände wie Hörgeräte oder Brillen grundsätzlich nicht zu den Arbeitsgeräten gehören, deren (Ersatz-)Beschaffung versichert ist. Dies gelte jedenfalls dann, wenn sie nicht nahezu ausschließlich beruflich genutzt würden. Die Versicherte sei jedoch nach den ärztlichen Unterlagen und ihren eigenen Angaben auch privat auf die Benutzung der Hörgeräte angewiesen.

Ein Unfallversicherungsschutz lasse sich auch nicht aus der mit der Arbeitgeberin getroffenen Vereinbarung herleiten, wonach die Versicherte bei ihrer Arbeit stets Hörgeräte tragen und Ersatzbatterien mitführen müsse. Durch derartige Nebenpflichten könne der Arbeitgeber den Unfallversicherungsschutz nicht beliebig auf den eigentlich privaten Bereich erweitern. Der Schutz der GUV sei nur dann auf betrieblich veranlasste Vorbereitungshandlungen auszuweiten, wenn diese in einem besonders engen unmittelbaren Zusammenhang mit der Arbeitstätigkeit selbst stünden. Dieser sei hier nicht gegeben, weil es sich bei dem Kauf der Batterien um eine regelmäßig wiederkehrende Instandhaltung eines Hilfsmittels handele, das sowohl beruflich als auch privat genutzt werde.

Eine Revision wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen.

Urteil LSG Berlin-Brandenburg vom 10.2.2022 – L 3 U 148/20

Vorinstanz: Urteil Sozialgericht Potsdam vom 16.9.2020 – S 2 U 10/20