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Redet MIT uns – und nicht immer nur ÜBER die Werkstatt

Logo Werkstatträte Deutschland e.V.
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Foto: Werkstatträte Deutschland e.V.

Berlin (kobinet) Meine Name ist Jürgen Thewes und ich bin seit Jahren im Vorstand von Werkstatträte Deutschland e.V. aktiv. Über Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) hört und liest man die unterschiedlichsten Dinge. Häufig sind dies Dinge, die uns Werkstattbeschäftigte verunsichern. Es geht um die Abschaffung der Werkstatt, darum, dass sich Werkstätten komplett verändern müssen und, dass sie der Inklusion im Wege stehen…

Bei vielen Beschäftigten in der Werkstatt löst die nun schon Jahre andauernde Debatte rund um die Werkstätten Ängste und Unsicherheiten aus. Wir bedauern es sehr, dass dieses Thema immer wieder genutzt wird, um eigene Interessen in den Vordergrund zu drängen – auf Kosten unserer Kolleginnen und Kollegen.

Wir wünschen uns, dass die Debatte endlich einmal im echten Austausch mit uns geführt wird – es geht hier um unsere Leben und um unsere Zukunft. In den vielen Jahren bei Werkstatträte Deutschland e.V. habe ich es nicht erlebt, dass eine oder einer der „Werkstattkriter*innen“ mit wirklich ernsthaftem Interesse an unserer Meinung auf uns zu kam. Immer nur müssen wir darüber lesen, dass Menschen unseren Arbeitsplatz in Frage stellen – woher kommt eigentlichen dieses Expertenwissen? Es nervt uns!

Viele der Kolleginnen und Kollegen kennen zudem den allgemeinen Arbeitsmarkt und haben dort häufig Mobbing, Ausgrenzung oder große Überlastung erlebt. In der Werkstatt haben viele von uns wieder Halt und Struktur gefunden. Nur allzu verständlich, dass wir dort gerne bleiben möchten. Es gibt viele Beschäftigte, die sagen, die Werkstatt ist genau der richtige Ort für mich.

Und natürlich gibt es auch Beschäftigte, die sich in der Werkstatt nicht wohl fühlen und lieber auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder anderswo arbeiten möchten. Leider klappt der Übergang nur bei wenigen reibungslos. Unsere wechselbereiten Kolleginnen und Kollegen sollten alle mögliche Unterstützung erhalten, um gut in der allgemeinen Arbeitswelt anzukommen. Diesen Beistand sehen wir nicht. Viele Hürden erschweren den Weg.

Wenn sich der Übergang schon in Einzelfällen so schwierig gestaltet, frage ich mich: Wo bitte sollen denn all die Werkstattbeschäftigten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig werden? Vielleicht im Niedriglohnsektor, wo Ausbeutung auf der Tagesordnung steht? Tritt man einen Schritt zurück, dann stellt man schnell fest, dass der Arbeitsmarkt überhaupt nicht aufnahmebereit für Menschen mit Behinderung ist. Wenn man in dieser Debatte allerdings die Werkstätten ins Zentrum des Problems stellt, dann arbeitet man sich definitiv am falschen Gegner ab.

Und natürlich die Werkstätten müssen sich entwickeln und verändern – es gibt vieles, was besser sein könnte, zum Beispiel die Bezahlung von Werkstattbeschäftigten und auch im Bereich Transparenz ist viel zu tun. Aber – falls es noch nicht alle gemerkt haben: Wir befinden uns in einem Änderungsprozess, den WIR Werkstatträte und -beschäftigte aktiv mitgestalten. Hier möchte ich die Stichworte Werkstattratsarbeit, Reform des Entgeltsystems, Entwicklung der Bildungsmöglichkeiten nennen. Auch Werkstatträte Deutschland hat hierzu konkrete Vorschläge entwickelt bzw. arbeitet an diesen Themen.

Wir würden uns künftig über konstruktive Vorschläge freuen, ohne uns und den Werkstätten die Kompetenzen für Entwicklungsprozesse abzusprechen.

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