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Urteil zum Haushaltsführungsschaden

Goldene Statue Justitia mit Schwert und Waage
Justitia
Foto: Sang Hyun Cho auf Pixabay

Frankfurt (kobinet) Das Oberlandesgericht Frankfurt entschied am 24. März 2020 (Az.: 22 U 82/18), dass die Zeitdauer eines Haushaltsführungsschadens keineswegs auf den Zeitpunkt des Renteneintritts oder beispielsweise dem 75. Geburtstag zu begrenzen sei. Anhand dieses Urteiles wird der Unterschied zwischen dem Zivilrecht auf der einen und dem Sozialrecht auf der anderen Seite deutlich.

So wurde in der vorliegenden Auseinandersetzung den Zeitumfang der Haushalts-Mitarbeit eines Mannes mit 20 Stunden in der Woche akzeptiert. Es ist wohl davon auszugehen, dass die mitarbeitende Gattin ebenfalls Stunden in gleicher Höhe geleistet hat. Somit fallen also in diesem Haushalt in der Summe mindestens 40 Stunden Hausarbeit in der Woche an. In der Sozialhilfe dagegen wird oftmals für die Haushaltstätigkeiten bei der Persönlichen Assistenz ein „gutachterlicher“ Bedarf von etwas über acht Stunden in der Woche (!) anerkannt.

Ein weiterer Unterschied ergibt sich im Alter. Während das Bundesteilhabegesetz einen herben Schnitt jenseits der Regelaltersgrenze vorschreibt, betont das Oberlandesgericht Frankfurt, dass es für eine zeitliche Befristung im Alter keinen Anlass gibt.

Geht man davon aus, dass das Zivilrecht eine tatsächliche Abbildung unserer Gesellschaft darstellt, erkennt man, dass das Sozialrecht haushaltsschonend dazu beiträgt, dass behinderte und alte Menschen durch mangelnde Unterstützung aus der Mitte unserer Gesellschaft an deren Rand gedrängt werden. Das ist diskriminierend, da es zu den persönlichen Beeinträchtigungen, die durch Behinderung und Alter entstehen, gravierende gesellschaftliche Beeinträchtigungen hinzufügt.

Lesermeinungen

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Michael Günter
07.07.2020 19:53

Hmm,
an dieser Stelle sollte man etwas differenzieren, finde zumindest ich. Der Haushaltsführungsschaden bezieht sich als Ausgleich für den Schaden auf den bisherigen Status quo. Wenn sich eine Familie also etwa ein Eigenheim mit 1000qm Garten gegönnt hat und nun ein Partner aufgrund eines Schadens, der über eine Versicherung zu regeln ist ausfällt, ist dies inhaltlich doch etwas anderes, als wenn ein Empfänger von Sozialhilfe – die immer noch nachrangig ist, umzieht in ein Haus mit Grundstück einer solchen Größe oder seinen Haushalt solchermaßen gestaltet, dass dieser erheblichen Fürhungsbedarf erfordert (etwa ein Rollstuhlfahrer entscheidet, dass er 4 Hunde braucht, aber schon vor Anschaffung klar ist, dass er diese und insb. deren Bewegungsdrang nicht alleine versorgen / abdecken kann). Oder?
Auch der Verweis auf „oftmals“ regelhafte 8 Stunden ist hier trügerisch: Faktisch kommt es darauf an, was jemand (noch) kann, weshalb der Fall wenig als Beispiel taugt. Nur „weil“ jemand im Rollstuhl sitzt, heißt dies nicht, dass er deshalb 100% der Zeit, die das Spülen in einem normalen Haushalt einnimmt vom Kostenträger übernommen werden muss/sollte – eine Erschwernis, die zusätzlicher Zeit bedarf wird juristisch auch im Rahmen der Haushaltsschadensführung nicht oder nur sehr begrenzt anerkannt (am Besten ist dann die Kombination mit Behindertenleistungssport oder Parties und Feiern, für die dann Gelder aus dem persönlichen Budget beantragt werden), alles schon gesehen!
Ferner muss man auch sehen, dass die Kostenträger für Haushaltshilfen etwa 18€/Stunde veranschlagen, die Gerichte aber nur 10-12€ – der werden aus vermeintlichen 20 Stunden ganz schnell wesentlich weniger………..
Klarsind irgendwelche Altersobergrenzen unsinnig, andererseits muss man dazu auch sagen: Alte Menschen machen oft weniger im Haushalt, einfach weil sie nicht mehr können – hier geht es um Vergleichbarkeit. Der Garten meiner Mutter war, wie sie 70 war, top gepflegt, mit 75 wurde nichts mehr angebaut und mit 80 war der Garten verlottert (da mag es Schwankungsbreiten geben, aber seid doch mal ehrlich und schaut euch in der Nachbarschaft um….).