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Petition gegen Isolation von Risikogruppen an Claudia Roth übergeben

Petitionsübergabe an Claudia Roth
Petionsübergabe an Claudia Roth
Foto: STEFAN_KAMINSKI

Berlin (kobinet) Bundestagvizepräsidentin Claudia Roth hat gestern, Freitag, den 3. Juli, eine Petition gegen die Isolation von Risikogruppen entgegengenommen. Gerade nach dem Corona-Lockdown fürchten Betroffene, aus dem Sozial- und Arbeitsleben ausgeschlossen zu werden. Anliegen der Petition, die von der Europaparlamentsabgeordneten Katrin Langensiepen initiiert wurde und zu deren Erstunterzeichner:innen die Bundestagsabgeordnete Corinna Rüffer und Raul Krauthausen zählen, ist: Risikogruppen dürfen nicht in die Isolation gezwungen werden.

„Unsere Verfassung und ihre Grundwerte machen unsere Demokratie stark; sie gelten uneingeschränkt für jede und jeden – auch in Pandemiezeiten. Unser Grundgesetz garantiert allen Menschen gleichermaßen das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, es verankert das Gleichheitsgebot und Diskriminierungsverbote ebenso wie staatliche Gewährleistungs- und Schutzpflichten. Wenn diese Werte unter Druck geraten, muss es Alarmzeichen für alle Demokratinnen und Demokraten sein. Auch in Zeiten von COVID-19 dürfen einzelne Personengruppen nicht strukturell benachteiligt oder vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen werden. Eine solche Benachteiligung liefe Gefahr, weitere Diskriminierungen nach der Pandemie nach sich zu ziehen. In unserer vielfältigen Gesellschaft müssen wir die Würde jedes Menschen im Rahmen eines solidarischen Miteinanders schützen – in und außerhalb von Krisenzeiten“, erklärte Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth bei der Petitionsübergabe.

Corinna Rüffer, die Sprecherin für Behindertenpolitik der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen erklärte: „In der Debatte um Corona-Lockerungsstrategien gehen die Probleme und Sorgen von gesundheitlich besonders gefährdeten Menschen unter. Im schlimmsten Fall erwägen Radikal-Utilitaristen sogar, den Tod einiger Menschen zugunsten der unterstellten Interessen einer Mehrheit in Kauf zu nehmen. Wir brauchen dringend Konzepte, die eine Balance finden zwischen Gesundheitsschutz und Schutz der Grundrechte – wie beispielsweise dem Recht auf Selbstbestimmung. Nötig ist zudem eine Klarstellung, dass alle Menschen die gleichen Chancen auf Zugang zu lebensrettender Therapie haben. Zudem hat die Corona-Pandemie bewiesen, dass die Isolation in Heimen keineswegs mehr Schutz bedeutet. Sie sind im Gegenteil hochgefährliche Orte, wenn ein Virus erstmal eingedrungen ist.“

Zur Risikogruppen gehören Millionen Menschen, betonte Katrin Langensiepen: „ältere Menschen, aber auch Menschen mit Vorerkrankungen und Behinderung: der Kollege im Rollstuhl, die Freundin mit Asthma, der Verwandte mit Herzproblemen. Ich selbst gehöre auch dazu. Solange wir keinen Impfstoff haben, sind wir in Gefahr. Szenen wie Massentreffen im Park oder Drängeln an der Supermarktkasse sind für mich nicht nachvollziehbar.“

Damit Risikogruppen nicht in die Isolation gezwungen werden, müsse die Politik weiter auf solidarisches Verhalten in der Öffentlichkeit pochen und auch konsequenter dafür werben. Das gleiche gelte für den Arbeitsplatz. „Was mache ich, wenn ich ErzieherIn mit Asthma bin? Laut Arbeitsrecht muss der Arbeitgeber Sicherheit am Arbeitsplatz garantieren. Risikogruppen müssen hier unterstützt werden, um gemeinsam mit ihren Arbeitgebern Überbrückungslösungen und neue Aufgabenschwerpunkte zu finden. Mit Solidarität, Achtsamkeit und kreativen Lösungen könnten so alle von den Lockerungen profitieren“, so Katrin Langensiepen.

Lesermeinungen

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2 Lesermeinungen
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Michael Günter
04.07.2020 19:32

2. Teil
„Zudem hat die Corona-Pandemie bewiesen, dass die Isolation in Heimen keineswegs mehr Schutz bedeutet. Sie sind im Gegenteil hochgefährliche Orte, wenn ein Virus erstmal eingedrungen ist.“
Corona hat gar nicht bewiesen, wenn tun dies Erfahrungen, die man wissenschaftlich aufarbeitet. Natürlich bietet Isolation den besten Schutz, den man haben kann – so wie der erste und der zweite Satz aufgebaut sind, wird dies aber in Frage gestellt – also hinsichtlich des gesundheitlichen Schutzes. Das Problem liegt doch nicht in zu guter Isolation, sondern in zu schlechter (wenn wir Ebola, Corona, Pest und sonstwas kreuzen und dies uns in 4 Wochen ausrottet, überleben nur die Astronauten auf der ISS, eben weil sie perfekt isoliert sind)!
Die Gefährlichkeit der Heime entspringt eben daraus, dass man sie nicht isolieren kann, jedem war dies klar – und trotzdem hat ausgerechnet die Regierung in BW den Rahmen des gesetzlich möglichen am weitestgehenden überspannt (dazu lese ich aber bei Kobinet nicht viel, da man hier sehr grün-affin ist…).
Faktisch ist es so: Viren dringen überall ein, je enger der Kontakt innen ist und je löcheriger der nach Außen, umso besser. Jedes Jahr gibt es zehntausende Tote wegen MRSA und jedes Jahr gehen Wellen von Noro- und sonstwas Viren durch die Heime und töten tausende Menschen! Das Problem ist das Heim ansich – und nicht nur virologisch!
Dies alles mal explizit zu benennen, umgeht Fr. Rüffer. M.E. liegt ihr Problem an einem Punkt, den die politische Theorie – damit sollte sie sich auskennen, auch wenn sie keinen Abschluß in ihrem Fach gemacht hat! – politische Differenz nennt. Dort wird die Politik (also das Handeln innerhalb des Systems) von dem Politischen, also dem Diskurs in der Gesellschaft über politische Themen unterschieden. Um es ganz platt zu sagen: Von innerhalb des poltischen Systems kann ich keinen außerparlamentarischen Diskurs führen – jedes Interview, jeder Zeitschriftenbeitrag lehrt dies, wenn man hinschaut. Die einzige Möglichkeit ist, sich selbst mit seinen Aussagen aus dem System zu nehmen – und damit gegen die Parteilinie zu verstoßen (Beispiele dafür findet man eher bei Menschen, deren Karriere in der Politik vorbei ist – Schmidt und Dahrendorf etwa, Siggi Pop versucht dies auch, aber er landet halt keinen Punkt – Obama müht sich…). Zieht man für sich hier keine klare Grenze oder verweigert man das „Aufbegehren“ wie Fr. Rüffer, dann verkommt man halt irgendwann zu dem Grüß-August, der man nie sein wollte…

Michael Günter
04.07.2020 19:30

Hmm,
wie (fast) immer, habe ich Bauchschmerzen mit den Aussagen von Fr. Rüffer:
„In der Debatte um Corona-Lockerungsstrategien gehen die Probleme und Sorgen von gesundheitlich besonders gefährdeten Menschen unter.“
Okay, da kann ich mitgehen.
„Im schlimmsten Fall erwägen Radikal-Utilitaristen sogar, den Tod einiger Menschen zugunsten der unterstellten Interessen einer Mehrheit in Kauf zu nehmen.“
Die Frage ist, ob diese „Opfer“ nicht bereits durch Entscheidungen der Politik einkalkuliert wurden. Warum etwa fährt in BW die Landesregierung zwar den radikalsten Kurs, um „Heiminsassen“ wegzusperren, eröffnet aber im Auto-Ländle als erste wieder die WfbMs – die wesentliche Zulieferarbeiten für diese Branche tätigen? Auch in anderen Bundeskländern eröffneten genau diese WfbMs als erste – komisch, oder?
„Wir brauchen dringend Konzepte, die eine Balance finden zwischen Gesundheitsschutz und Schutz der Grundrechte – wie beispielsweise dem Recht auf Selbstbestimmung.“
Wer ist dieses „Wir“? Wir behinderten Risikogruppen? Wir die Politiker, weil sonst unsere Glaubwürdigkeit flöten geht? Das „Wir“, welches bei Aktion Sorgenkind, ähm sorry Mensch gewinnt? Die Sprechblase holt zumindest mich nicht ab…
„Nötig ist zudem eine Klarstellung, dass alle Menschen die gleichen Chancen auf Zugang zu lebensrettender Therapie haben.“
Diese ´Sache ist rechtlich verankert, die Klarstellung kann sich allenfalls dahigehend richten, dass sie diejenigen, die dran rumbasteln woll(t)en, aufklärt!