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Was in Bayern so alles zeitgemäß ist?

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Foto: kobinet

München (kobinet) Die Ansichten darüber, was in der Behindertenpolitik zeitgemäß ist, gehen in Deutschland anscheinend noch weit auseinander. Während uns die UN-Behindertenrechtskonvention und der UN-Fachausschuss zur Umsetzung dieser Konvention ins Stammbuch schreibt, Plätze in Werkstätten für behinderte Menschen gezielt in Beschäftigungsmöglichkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt umzuwandeln, ist es in Bayern laut einer aktuellen Presseinformation des dortigen Sozialministeriums zeitgemäß, kräftig und weiterhin in Werkstätten zu investieren.

„Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung: Sozialministerin Schreyer: ‚Rund 2,5 Millionen Euro für 105 zeitgemäße Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung in Piding'“. So titelt das bayerische Sozialministerium eine aktuelle Presseinformation und schreibt dazu: „Werkstätten ermöglichen Menschen mit Behinderung eine berufliche Bildung und Beschäftigung, orientiert an ihren individuellen Stärken und Fähigkeiten. Damit sind sie Experten für angepasste Arbeit und Garanten für die Teilhabe vieler Menschen mit Behinderung am Arbeitsleben. Das gilt besonders für die Pidinger Werkstätten, die nun modernisiert und teilweise neu gebaut sind.“ Die bayerische Sozialministerin Kerstin Schreyer führt dann aus: „Die Pidinger Werkstätten GmbH bietet am Hauptstandort in Piding 220 Beschäftigungsplätze für Menschen mit Behinderung, die wegen der Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können. Mit Teilneubau und Modernisierung für 105 Plätze der Werkstatt in Piding stehen nun zeitgemäße, an moderne Standards angepasste Arbeitsplätze für die Beschäftigten zur Verfügung. Es freut mich sehr, dass wir die dringend erforderlichen Modernisierungsmaßnahmen mit etwa 2,5 Millionen Euro fördern können.“

Dann informiert das Ministerium, dass die Staatsregierung für ganz Bayern in diesem Jahr rund 60 Millionen Euro für die Schaffung von inklusiven Wohnungen, Werkstätten und Förderstätten für Menschen mit Behinderung zur Verfügung, wobei unklar wird, wo genau der inklusive Charakter liegt und ob das wirklich etwas mit der Inklusion zu tun hat, die im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention gemeint ist. Fakt ist, dass derzeit es derzeit in Bayern bereits rund 36.000 Arbeitsplätze in Werkstätten für Menschen mit Behinderung gibt, wie das Sozialministerium betont. Weitere Informationen gibt’s dazu unter https://www.stmas.bayern.de/arbeitswelt/werkstaetten/index.php

Blickt man demgegenüber auf die Budgets für Arbeit, die in Bayern bisher bewilligt wurden, so waren dies laut Spiegel-Recherechen knapp eineinhalb Jahre nach Inkrafttreten der gesetzlichen Regelungen für das Budget für Arbeit auf Bundesebene gerade einmal 19 bewilligte Budgets für Arbeit in Bayern. Im Spiegel-Bericht heißt es dazu: Selbst in Bayern, wo es besonders viele freie Stellen gibt, genehmigte man bisher gerade einmal 19 Zuschüsse. Dass behinderten Menschen echte Alternativen zu Werkstätten für behinderte Menschen, also für eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit Tariflohn, bekommen, das scheint in Bayern im Gegensatz zur Arbeit in den Werkstätten noch nicht zeitgemäß zu sein.

Link zum Spiegelbericht über die Budgets für Arbeit