
Foto: Aktion Mensch
BERLIN Deutschland feiert aktuell 10‐jähriges Jubiläum des Inkraftretens der menschenrechtlichen Verpflichtungen aus der UN‐Behindertenrechtskonvention. Aus diesem Anlass fand in Berlin eine Veranstaltung zum Thema „Exklusion beenden: Kinder- und Jugendhilfe für alle jungen Menschen und ihre Familien!“ statt.
In diesem Zusammenhang wurde bei der Pressekonferenz ein Appell mit dem Titel „Exklusion beenden:Kinder‐ und Jugendhilfe für alle jungen Menschen und ihre Familien!“ herausgegeben, welcher erläutert, warum die Jugendressorts der Landesregierungen aus Baden-Württemberg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Thüringen den Appell mitgezeichnet haben.
Niedersachsens Sozialministerin Carola Reimann sagte dazu: „Wir haben in Niedersachsen bereits im Rahmen der Reform der Eingliederungshilfe die Weichen für die ,große Lösung‘ gestellt und eine kommunale Zuständigkeit und Verantwortung für Kinder und Jugendliche mit Behinderung geschaffen.“ Es fehle nur noch der bundesgesetzliche Rahmen dazu, so Sozialministerin Carola Reimann: „Unser Ziel muss sein, Barrieren zu beseitigen.“
In diesem Apell heißt es: „Wie viel Grund zu feiern es gibt,variiert nach Lebensbereichen wie auch jeweiliger Perspektive. Mit der Reform durch das Bundesteilhabegesetz in der letzten Legislaturperiode wollte der Gesetzgeber die Rechte von Menschen mit Behinderungen weiter stärken. In diesem Prozess ausdrücklich ausgenommen war die Hilfeperspektive von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen. Die Aufhebung der in Deutschland nach wie vor bestehenden und seit Jahrzehnten kritisierten Aufteilung von Kindern und Jugendlichen in unterschiedliche Zuständigkeiten je nach Behinderungsform sollte einem eigenen Reformprozess vorbehalten bleiben. Dieser blieb aus und ist überfällig…
…Die Ungleichbehandlung von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien ist nach 10 Jahren UNBRK ein nicht mehr zu rechtfertigender Zustand….Es ist an der Zeit, dass sich alle einen Ruck geben! Der fachliche Diskurs ist so weit, dass die offenen Fragen gesetzgeberisch beantwortet werden können. Die organisatorischen Herausforderungen sind nicht banal und benötigen Aufmerksamkeit, sind aber gestaltbar. Die finanziellen Auswirkungen der Umsetzung eines inklusiven SGB VIII für die Länder und Kommunen verdienen Beachtung und entsprechender Unterstützung durch den Bund.“
Je länger ich mich mit dem Thema befasse, desto sicherer bin ich, dass die „Hilfe zur Erziehung“ des SGB VIII und die Eingliederungshilfe nach SGB IX nicht zusammen passen. Das sieht man schon an den Grundlagen. §27 Abs. 1 SGB VIII lautet:
„§ 27 Hilfe zur Erziehung
(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.“
§90 SGB IX wird lauten:
„§ 90 Aufgabe der Eingliederungshilfe
(1) Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, Leistungsberechtigten eine individuelle Lebensführung zu ermöglichen, die der Würde des Menschen entspricht, und die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern. Die Leistung soll sie befähigen, ihre Lebensplanung und -führung möglichst selbstbestimmt und eigenverantwortlich wahrnehmen zu können.“
Da passen doch weder Idee, Ziel noch Zielgruppe zusammen.
Deshalb: lieber §35a SGB VIII streichen, alle Minderjährigen ins SGB IX holen, das SGB IX verbessern und für eine brauchbare Verzahnung beider Leistungen sorgen, statt Menschen mit Beeinträchtiguingen und ihre Familien wieder zum Problem zu erklären, das korrigiert werden muss!