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Ernst Klee und seine Bedeutung in der Behindertenemanzipation

Ernst Klee
Ernst Klee
Foto: Evang. Akademie Ffm.

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Foto: Evang. Akademie Ffm.

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Ernst Klee
Foto: Evang. Akademie Ffm.

UNBEKANNT (KOBINET)

Als Behinderter und Zeitzeuge blickt Georg Gabler zurück auf das Wirken von Ernst Klee auf die Entwicklung der Behindertenbewegung in der BRD der 1970er Jahre und berichtet aus Frankfurt am Main von der Übergabe dessen wissenschaftlichen Nachlasses an die Stiftung Hadamar. Bei der Feierstunde in Frankfurt  waren Menschen anwesend, die die Verbindung mit Ernst Klee personifizierten.

Von Georg Gabler

Frankfurt a.M. (kobinet) Am 15. März, seinem 76.Geburstag überreichte die Witwe von Ernst Klee mit einer Urkunde den wissenschaftlichen Nachlass an die Stiftung Hadamar an den 1. Beigeordneten des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen, Dr. Andreas Jürgens. Andreas Jürgens hat ebenso wie sein Zwillingsbruder Gunther die Glasknochenkrankheit und ist lebenslanger Rollstuhlfahrer. In seiner Dankesrede bekannte er, dass ohne Klee, seine Bücher  und  sein  breites publizistisches  Wirken sein eigenes Leben anders verlaufen wäre. Er  habe sich von ihm ermutigen lassen, seine Behinderung selbstbewusst zu tragen: Behindertsein ist schön!

Die Wirkung von Klee kann man in 2 Abschnitte gliedern:  Zeitlich zuerst: Bewusstsein schaffen  zur aktuellen Situation behinderter Menschen, und dann  ab 1981 die  Aufarbeitung der Euthanasie im Nationalsozialismus. In den 70iger Jahren entwickelte er zusammen mit dem Rollstuhlfahrer Gusti Steiner das Konzept des Frankfurter VHS-Kurses Bewältigung der Umwelt. Ausgangspunkt war immer der unmittelbare Erfahrungshorizont  behinderter Menschen in der Nachbarschaft, der unmittelbaren „Umwelt“.

Nach und nach  erforschte man die Barrieren: die Bordsteine, die Stufen vor den Geschäften, die Unnnahbarkeit des öffentlichen Nahverkehrs usw. Und es wurde gemeckert! Laut und deutlich und das mit bundesweitem Echo.

Darin war Klee unschlagbar: Er beherrschte die Public-Relations-Klaviatur wie kein Zweiter. Die Straßenbahnblockade  durch Gusti Steiner 1974, die Verleihung der „Kurt-Gscheidle-Gedächtnisrampe an die Hauptpost 1976 in Frankfurt fand breites mediales Interesse und konnte dadurch Bewusstsein schaffen!

Dies war  dann  ein „Empowerment“ (Selbstkompetenz) für  die Generation  behinderter Menschen, die dann kurz später die Basis einer neuen, radikaleren Behindertenbewegung bildeten.

Es gab auch andere Bewegungszentren,  z.B. die  Clubs Behinderter und ihrer Freunde, oder später die  norddeutschen „Krüppelgruppen“. Aber  Ernst Klee und Gusti Steiner führten zum ersten Mal provokative und demonstrative Aktionen ein und hatten Erfolg damit.

Bei der Feierstunde in Frankfurt waren Menschen anwesend, die die Verbindung mit Ernst Klee personifizierten.

Christa Schlett lernte ihn 1968  kennen. Er ermutigte sie, ihre Kindheitserinnerungen niederzuschreiben: „Krüppel sein dagegen sehr.“

Gusti Steiner lernte ihn kurze Zeit später kennen. Ernst und Gusti hatten die gleiche Wellenlänge.und so  starteten sie das Kursprojekt. 1975  verließ Steiner  Frankfurt und absolvierte eine Ausbildung in Heidelberg. Danach ging er nach Dortmund. Von dort rief er im Herbst 1979 zu einer Sammlungsbewegung mit dem Namen „Behinderte gegen das UNO-Jahr 1981“ auf. Zusammen mit anderen Weggefährten bildete er in Dortmund damit ein neues Kraftzentrum. Birgit Rothenberg, Gustis Lebensgefährtin, gehörte auch dazu. Sie war am Donnerstag auch zur Feierstunde gekommen.

Ziel der  Dortmunder Aktivitäten war es, die von „Aktion Sorgenkind“ geprägte Bewusstseinsverkrustung des Behindertenimages aufzubrechen und dies 1981 zu demonstrieren.

Ernst Klee legte im Herbst 1980 seine Kursleitung nieder. Er hat uns losgelassen! Er hat dann sein Arbeitsfeld gewechselt: Nicht die Gegenwart, mit denen sich behinderte Menschen auseinandersetzen müssen, sondern die Vergangenheit, nämlich  Ideologie und Faktum der Euthanasie. Sein Empowerment, seine Ermutigung für die betroffenen Behinderten, die Stärkung ihres Selbstbewusstsein war erfolgreich.

Er konnte loslassen, und er hat losgelassen.

Es war ein Ende und gleichzeitig ein Neuanfang!

In seinem letzten Kurs tauchte eine junge Frau auf, die gerade begann, in Frankfurt Jura zu studieren. Sie war ein „Conti“, sie hatte keine Arme:  Ihr Name: Theresia Degener. Ab 1980 arbeiteten Theresia, Ihr  Freund Oliver Tolmein und ich von Frankfurt aus nahtlos aktiv in der von Dortmund gesteuerten Gruppe weiter.

Auch Andreas Jürgens, heute also ein LWV-Mann,  war damals bei der Gestaltung des „Krüppeltribunals“ im Dezember 1981aktiv dabei. Er arbeitete später, Anfang der Jahrtausendwende, am Bundesgleichstellungsgesetz  mit, übrigens zusammen mit Horst Frehe, früher Krüppelgruppe Bremen.

Theresia Degener hat später in verschiedenen Funktionen an der  UN-Behindertenrechtskonvention mitgewirkt. Sie wäre gerne zu der Feierstunde gekommen. Aber zeitgleich findet in Genf die Sitzungsperiode des zuständigen internationalen Ausschusses zur UN-Behindertenrechtskonvention statt, deren Vorsitz sie inzwischen innehat.

Georg Gabler ist Vorstandsmitglied des Clubs Behinderter und ihrer Freunde (CeBeeF Frankfurt e.V.) und Mitbegründer der Frankfurter Behindertenarbeitsgemeinschaft (FBAG).